Setzt der VfB seine Erfolgsserie auch gegen den VfL Wolfsburg fort? Wir sprachen vor dem Heimspiel am Samstag mit Wolfsburg-Experte Leonard Hartmann von der Braunschweiger Zeitung.
Rund um den Brustring: Hallo Leonard und Danke, dass Du Dir wieder Zeit für unsere Fragen nimmst. Die letzten beiden Saisons beendete der VfL im Mittelfeld der Tabelle. Was ist die Zielsetzung für diese Saison und wie bewertest Du den Saisonstart mit vier Siegen aus sechs Spielen?
Leonard: Die beiden abgelaufenen Spielzeiten waren enttäuschend für die Wolfsburger. 2022 war’s fast bis zum Ende knapp mit dem Klassenerhalt, 2023 verspielten sie dann am letzten Spieltag mit einer Heimniederlage gegen die schon abgestiegene Hertha einen Platz im internationalen Geschäft. Das ist hier nicht der Anspruch des Klubs und erst recht nicht der Mutter Volkswagen. Von daher soll’s in dieser Saison wieder in die internationalen Ränge gehen — der Saisonstart war dahingehend vielversprechend. Zumal die Ergebnisse überwiegend stimmen, aber in den Leistungen noch Luft nach oben ist.
Der bemerkenswerteste Neuzugang ist sicher Jonas Wind vom FC Kopenhagen, der bereits sieben von neun Saisontreffern der Wolfsburger erzielt hat. Was zeichnet ihn aus und wie ist dein Blick auf den Transfersommer?
Jonas Wind war schon im Januar des vergangenen Jahres gekommen, aber es ist kein Zufall, dass er erst jetzt überregionale Aufmerksamkeit erhält. Doch rund um die VW-Stadt war schon von Beginn an klar, dass der Däne ein besonderer Fußballer ist. Er kann super mit dem Ball umgehen, hat ein gutes Gespür für den Raum und zeigt nun auch seine Vollstreckerqualitäten. Darüber hinaus ist er ein spitzen Typ.
Der Transfersommer war für Wolfsburg stark. Mit Micky van de Ven und Felix Nmecha wurden zwar wichtige Spieler verkauft, aber für ordentlich Cash. Und das wurde sinnhaft eingesetzt. Ein Wechsel in der Einkaufsstrategie hat stattgefunden. Statt wie in den Jahren zuvor überwiegend sehr junge Spieler zu holen, haben sich die Verantwortlichen um Marcel Schäfer nun auf gestandene, aber noch entwicklungsfähige Spieler konzentriert: Lovro Majer, Joakim Maehle, Moritz Jenz, Rogerio und so weiter. Die stammen alle nicht aus dem allerhöchsten internationalen Regal, aber sind doch deutlich bekannter als die meisten Neuen der vergangenen drei, vier Transferperioden. Hier wird klar: Jetzt geht’s nicht mehr vornehmlich um Spielerentwicklung und ‑verkäufe, sondern auch um kurz- bis mittelfristigen Erfolg.
Einer von zwei anderen Torschützen ist Tiago Tomás, der bis Sommer noch an den VfB ausgeliehen war. Wie ist Dein Eindruck von ihm bisher?
Er pendelt zwischen Startelf und Bank, hat aber einen festen Platz in der Rotation. Wenn er sich ans VfL-Spiel gewöhnt hat, dürfte er noch wichtiger werden, weil er mit seiner Schnelligkeit und Technik einen speziellen Mix vereint.
Wie blickst Du auf Niko Kovac, der in seine zweite Saison als Trainer in Wolfsburg geht und wie lässt er die Mannschaft aktuell spielen?
Niko Kovac ist ein stabiles Zentrum wichtig. Um Maximilian Arnold herum positioniert er oft laufstarke Spieler wie Yannick Gerhardt oder Mattias Svanberg, die aber auch offensive Stärken haben. Lovro Majer, der eigentlich für die Achterposition infrage kommen müsste, startete zuletzt auf dem offensiven Flügel. Womöglich, weil er etwas zu diskret nach hinten arbeitet. Stabilität ist also ein wichtiger Faktor. Auf dem Weg nach vorne werden dann gern die Flügel eingesetzt, die Außenverteidiger schaffen dann meist Räume für die Angreifer, die oftmals auch invers eingesetzt werden. Linksfuß Cerny auf Rechts, Rechtsfuß Tomas auf Links. Einen total überzeugenden Auftritten hatte der VfL aber in dieser Spielzeit noch nicht dabei. Dennoch: Die Ergebnisse stimmen. Was dem machmal etwas ungeduldig wirkendenden Trainer gefallen dürfte. Besser als andersrum.
Was sind die Stärken und Schwächen des VfL?
Etwas platt ausgedrückt: Die Tabelle zeigt das schon. Sechs Gegentore sind stark, nur Frankfurt hat weniger. Das liegt an der eingangs beschriebenen Stabilität, die Kovac einfordert und überwiegend bekommt. Die Schwäche ist noch die Offensive. Da sind sie alle noch etwas auf der Suche nach dem richtigen Personal und den passenden Abläufen.
Reicht es für den VfB, Jonas Wind auszuschalten oder müssen wir noch auf jemand anderen aufpassen?
Nee, da sind schon noch Spieler dabei, die alle für ein Tor gut sind. Die sind überwiegend noch nicht in der Frühform wie der Wirbelwind, aber es dürfte nur eine der Frage der Zeit sein, bis auch die anderen Offensiven zünden. Ich habe den VfL auf der Liste für einen Champions-League-Platz.
Wer fällt denn beim VfL aus?
Sicher fehlen Kilian Fischer und Lukas Nmecha, ein Fragezeichen steht noch hinter dem Einsatz von Rogerio. Fällt der Linksverteidiger aus, startet dort Mahle und auf rechts dann Baku.
Dein Tipp für Aufstellung und Ergebnis?
Aufstellung: Casteels — Maehle, Lacroix, Zesiger, Rogerio — Svanberg, Arnold, Gerhardt — Majer, Wind, Tomas.
Ich tippe auf ein 2:0 für Wolfsburg.
Titelbild: © Alexander Hassenstein/Getty Images