Zum Rückrundenauftakt muss der VfB nach Leipzig reisen. Über die aktuellen Lage dort haben wir mit Sportjournalist Ulli Kroemer gesprochen.
Rund um den Brustring: Hallo Ulli und vielen Dank, dass Du dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Das 1:1 im Hinspiel war Teil eines durchwachsenen Saisonstarts der Leipziger, zuletzt arbeitete man sich mit vier Siegen am Stück, dem Unentschieden gegen die Bayern und dem 6:1 am Dienstag auf Schalke wieder nach oben. Was hat sich seit dem Spätsommer geändert?
Ulli Kroemer: Der Trainer und mit ihm die Spielweise. RB arbeitet unter Marco Rose wieder viel aktiver und aggressiver gegen den Ball. Thomas Müller sagte neulich, dass Leipzig unter Marco Rose wieder richtig gallig sei. Und das stimmt.
Du sprichst es an: Im Hinspiel stand noch Domenico Tedesco an der Seitenlinie, am Freitag wird das Marco Rose sein. Wie bewertest Du den Trainerwechsel und wie bewertest Du Roses Arbeit bisher?
Dass sich RB nach nur fünf Spieltagen von Domenico Tedesco trennen musste und bereits zuvor nicht mehr 100-prozentig von ihm überzeugt war, zeugt von keiner guten sportlichen Planung. Aber der gebürtige Leipziger Rose und RB – das passt bisher perfekt. Rose trifft vom ersten Moment an den richtigen Ton, zieht die Zügel auch mal an, wenn es nötig ist und lässt locker, um nicht zu verkrampfen. Von der ersten Trainingseinheit an brachte er die Mannschaft zurück zu mehr Aktivität gegen den Ball, ohne dabei das herausragende spielerische Vermögen des Kaders zu beschneiden. Unter Rose hat die Mannschaft eine ausgezeichnete Balance zwischen drückenden Ballbesitzmomenten und Phasen, in denen sich das Team auch mal zurückzieht, den Gegner kommen lässt und dann selbst kontert. Ganzheitlicher Fußball, der alle Leipziger Stärken betont.
Wie lässt er die Mannschaft spielen, wo liegen aktuell die Stärken und Schwächen der Leipziger?
RB spielt aus einer kompakten 4–2‑2–2- oder 4–2‑3–1‑Grundordnung heraus. Häufig guckt sich Rose eine Seite aus, auf die er über Dani Olmo oder Dominik Szoboszlai verlagern lässt. Die Abstände zwischen den Mannschaftsteilen und Linien sind eng, die Leipziger immer eng an Gegner und Ball. Schwäche gegen Bayern im ersten Spiel war die mangelnde Präzision im letzten Drittel, aber das war auch dem ersten Spiel nach zweieinhalb Monaten Pause geschuldet. Gegen Schalke war das schon wieder herausragend.
Schon im Hinspiel traf Nkunku gegen uns. Er fällt verletzt aus, auf wen müssen wir sonst noch aufpassen heute Abend?
Den Toptorjäger der Bundesliga kann RB nicht so ohne weiteres ersetzen, aber dessen Präsenz verteilen. Dreh- und Angelpunkt ist an guten Tagen Dani Olmo, als Vor-Vorbereiter ist Szoboszlai ungeheuer wichtig. Und Timo Werner kommt nach langer Verletzungspause wieder besser in Schwung. Wenn Rechtsverteidiger Mohamed Simakan spielt, hat er immer gefährliche Vorstöße auf dem Flügel dabei und schon einige Torvorlagen gegeben. Hinten sind Willi Orban und Josko Gvardiol eine Bank.
Zum Kader: Wo siehst Du in der aktuellen Transferperiode noch Nachholbedarf und wie läuft es für den mittlerweile einzig verbliebenen Ex-VfBler im Kader, Timo Werner, seit seiner Rückkehr?
Nein, aktuell wird nix mehr passieren. Spannend wird vielmehr, wie RB die bevorstehenden Abgänge von Nkunku und Laimer im Sommer kompensiert. Werner brauchte eine Zeit, um anzukommen, hat dann aber auf der linken Seite als hängender Stürmer oder Flügelstürmer seine Position unter Rose gefunden. Aber dann verletzte er sich Ende Oktober gegen Schachtjor Donezk und verpasste die WM. Ist pünktlich zum Liga-Restart wieder fit gewesen, aber fremdelt spielerisch noch etwas unter den ganzen Künstlern da vorn, verleiht aber dem RB-Sturm Tempo, den es bei Kontern braucht.
Zum Abschluss: Auf welche Startelf und welches Ergebnis tippst Du?
Blaswich – Simakan (Henrichs), Orban, Gvardiol, Halstenberg – Schlager (Haidara), Laimer – Olmo, Szoboszlai – Werner, Silva. 4:1 für Leipzig
Titelbild: © VfB-Bilder.de