Nach dem späten Punktverlust gegen Bremen hat der VfB mit Europapokalteilnehmer Freiburg jetzt einen schweren Brocken vor der Brust. Was uns am Samstag erwartet, darüber haben wir mit Patrick und Julian vom Spodcast Freiburg gesprochen.
Rund um den Brustring: 4:0 gegen Augsburg, 1:3 gegen Dortmund — wie bewertet Ihr den Saisonauftakt des SCF?
Spodcast Freiburg: Auch wenn der Eindruck der letzten 20 Minuten frisch ist, so richtig unzufrieden kann niemand mit dem Saisonauftakt sein. In Augsburg gewann man nach einer kontrollierten ersten Halbzeit auch in der Höhe verdient. Gegen Dortmund war man über 75 Minuten ebenbürtig, in Phasen sogar besser. Hätte das Ergebnis im Heimspiel auch noch gepasst, wäre das ein perfekter Start gewesen.
Auffällig war, dass Neuzugang Michael Gregoritsch — den ihr von Augsburg im Tausch gegen Ermedin Demirovic geholt habt — schon zwei Tore gemacht hat. Wie bewertet Ihr den bisherigen Transfersommer mit der Rückholaktion von Matthias Ginter und den Verpflichtungen von unter anderem Doan und Kyereh?
Die Rückholaktion von Matthias Ginter geht in der Wahrnehmung fast etwas unter, sowohl in Freiburg als auch in Deutschland allgemein. Es ist aber außergewöhnlich, dass ein 28-jähriger Nationalspieler in der Höhephase seiner Karriere nach Freiburg wechselt, gemeinsame Vergangenheit hin oder her. Dementsprechend präsent war Ginter in den ersten Pflichtspielen auch. Offensiv konnten Doan und Gregoritsch dem Spiel ihren Stempel aufdrücken. Doan, weil er das normal sehr linkslastige Freiburger Spiel etwas ausbalanciert und sowohl mit als auch gegen den Ball schnell reingefunden hat. Gregoritsch, weil er der lange gesuchte Zielstürmer für Hereingaben in die Box ist. Daniel-Kofi Kyereh geht hier fast noch ein wenig unter, sein Fitnesszustand bei Ankunft in Freiburg war wohl nicht perfekt, hier könnte es noch ein paar Wochen gehen, bis er eine vollwertige Option von Anfang an ist.
Ergeben sich bei Christian Streich durch die Transfers Änderungen in der Taktik oder der Herangehensweise ans Spiel?
Wie schon angesprochen, macht Doan die rechte Seite gefährlicher. Auch, weil sich Roland Sallai bisher zentral hinter der Spitze sichtlich wohl fühlt. Dass man den Gegner nun für einen großen Fokus auf Grifo und Günter auf der anderen Seite bestrafen kann, macht das eigene Spiel unberechenbarer.
In der Defensive fällt der Ausfall von Nico Schlotterbeck vor allem mit Ball noch auf, hier spielt Lienhart nun den linken Innenverteidiger und fühlt sich mit seinem linken Fuß noch nicht so richtig wohl.
Auffällig war in den ersten beiden Spielen, dass man gegen den Ball noch intensiver auftritt, als man es von Freiburg sowieso gewohnt ist. Hier wird spannend sein, ob man hohen Druck und Gegenpressing auch aufrechterhalten kann, wenn der Spielplan ab September eng wird.
Was erwartet den VfB am Samstag, wo liegen aktuell Eure Stärken und Schwächen?
Das stabile Gerüst wurde punktuell verstärkt. Der SC sieht so schon früh wie eine verbesserte Version der Vorjahresmannschaft aus. Wie im Vorjahr ist daher ein gutes Vorwärtsverteidigen der Innenverteidiger, konsequente Arbeit gegen den Ball ab der vordersten Linie und eine große Standardstärke als klar positiv herauszuheben.
In der ersten Pokalrunde konnte man sehen, dass der eigene Anspruch mehr mit Ball zu lösen als in den Vorjahren, zu komplizierten Momenten im defensiven Umschalten führen kann. Gerade gegen die sehr schnelle Stuttgarter Offensive wird es spannend sein, ob man hier eine Balance findet. Ansonsten fällt es schwer klare Schwächen zu benennen, da eine der größten Stärken des Teams wohl ist, kaum Schwächen zu haben.
Apropos Streich: Der ist Trainer des Jahres. Verdiente Auszeichung?
Absolut. Ehrlich gesagt war ich recht überrascht, dass er die Auszeichnung noch nie gewonnen hatte. Als Auszeichnung für‘s Lebenswerk war so ein Award ohnehin überfällig, aber letzte Saison war auch einfach sportlich eine verdammt gute Trainerleistung. Zwischen Abkulten seiner alemannischen Weisheiten oder Aufregung über sein, ähm, explosives Gemüt an der Seitenlinie geht ohnehin zu oft unter, dass kaum ein Trainerteam in der Bundesliga seine Mannschaft so gut und variabel an die eigenen und die gegnerischen Möglichkeiten anpassen kann wie Streich und seine Kollegen. Das ganze Auftreten der Mannschaft auf dem Platz trägt sehr deutlich die Handschrift von Christian Streich, und auch nach bald zwölf Jahren gibt es da bisher keine Abnutzungserscheinungen.
Nach der sehr guten Vorsaison spielt der SC erstmals seit fünf Jahren wieder international. Glaubt, Ihr könnt an die letzte Saison anknüpfen, oder seht Ihr eher die Gefahr eines Absturzes, auch angesichts von drei Wettbewerben?
Da gehen ja die Meinungen bei uns im Podcast etwas auseinander, aber selbst bei den Pessimisten ist der Saisontipp nicht schlechter als ein gesicherter Mittelfeldplatz. Von daher, einen richtigen Absturz sehen wir einfach nicht. Der SC hat die meisten Positionen gut besetzt, hat gerade im offensiven Bereich eine sehr tiefe Rotation und bekommt dazu immer wieder wertvolle Minuten von Nachwuchsspielern, die sich in die Mannschaft drängen.
Der Herbst wird allerdings tatsächlich brutal: Von Anfang Oktober bis zur lächerlichen WM-Pause Mitte November wird der SC durchgehend englische Wochen spielen. Wenn man dort Verletzungspech à la VfB letzte Saison erleidet, wird es bei dem Spielplan tatsächlich schwer, verlässlich seine Punkte zu sammeln und in Europa zu überwintern.
Aber das beschwören wir mal nicht, von daher: wird eine gute Saison.
Unser Ex-Ersatzkeeper Benni Uphoff trägt auch weiterhin die 1 bei Euch, kommt aber eher nicht an Mark Flekken vorbei, trotz dessen Fauxpas gegen Dortmund, oder?
Nein, keine Chance. Mark Flekken hat in der vergangenen Saison herausragend gehalten, da ändert eine bittere Szene natürlich nichts an seinem Stand in der Mannschaft. Bei Benni Uphoff ist ehrlich gesagt trotz der 1 auf dem Rücken selbst die Backup-Rolle nicht sicher. Als Flekken-Vertretung gab er letztes Jahr eine insgesamt unglückliche Figur ab, während hinter ihm U21-Nationalkeeper Noah Atubolu schon mit den Hufen scharrt. Keine einfache Situation für Uppi.
Abschließend: Euer Tipp fürs Spiel?
Wenn man die letzten Spiele in Stuttgart so betrachtet: Frühe Führung, Sturmlauf Stuttgart und am Ende rettet man das Ergebnis etwas glücklich über die Zeit. 1:2 Auswärtssieg.
Titelbild: © VfB-Bilder.de