Erst zum dritten Mal in seiner Geschichte tritt der VfB am Samstag an der Bremer Brücke in Osnabrück an. Um mehr über die Niedersachsen zu erfahren, haben wir uns mit VfL-Fan Marvin (@MarvinRek93) unterhalten.
Rund um den Brustring: Hallo Marvin und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Stell Dich doch bitte erstmal vor: Wie bist Du Osnabrück-Fan geworden?
Marvin: Hallo und vielen Dank für die Einladung. Ich bin Marvin, 26 Jahre alt und komme aus dem Landkreis Osnabrück. Die ersten Berührungspunkte mit dem VfL gab es wie so oft, durch den
Vom VfL Osnabrück haben wir in Stuttgart natürlich schon gehört, bis auf zwei Pokalspiele in den frühen Achtzigern und Begegnungen unserer zweiten Mannschaft mit Euch gab es jedoch bislang kaum Berührungspunkte zwischen VfL und VfB. Wenn ich das richtig sehe, ist der VfL seit der Einführung der Bundesliga immer zwischen zweiter und dritter Liga gependelt. Jetzt habt Ihr nach acht Jahren Drittklassigkeit den Sprung zurück geschafft. Gib uns doch mal einen Osnabrück-Crashkurs: Was gibt es über die Historie des VfL zu wissen und wie groß war die Freude über den Aufstieg?
Wir waren sehr lange eine sogenannte Fahrstuhlmannschaft und sind wie du schon sagtest, zwischen der zweiten und der dritten Liga gependelt. Da wir finanziell noch nie wirklich gut aufgestellt waren, gab und gibt es in diesem Bereich natürlich immer Probleme. Es gab Zeiten unter bestimmten Vereinsführungen, in denen jahrelang auf Sponsorengelder vorgegriffen wurde, sodass wir über Jahre auf Messers Schneide gelebt haben und jedes Jahr bei der Lizenzierung durch DFL bzw. DFB hoffen und bangen mussten. Absoluter Tiefpunkt war dann wohl die Saison 2017/2018 in der wir beinahe abgestiegen wäre und wohl nur den Klassenerhalt geschafft haben, weil Rot-Weiß Erfurt und der Chemnitzer FC durch Insolvenzverfahren Punkte abgezogen bekommen haben. Die letzte Saison war dann einfach nur Wahnsinn, vom ersten Spieltag hatte man das Gefühl, dieses Jahr geht was und man konnte spüren, dass diese Mannschaft etwas ganz Besonderes hat. Man kann sagen, dass eine ganze Region nach der 2. Liga gelechzt hat und die Euphorie in und um Osnabrück war und ist sehr groß.
Siehst Du den Verein in der Lage, sich wieder im Unterhaus zu etablieren, wie er das ja von Mitte der 70er bis Anfang der 90er Jahre schon einmal war?
Es ist schwer aber es ist möglich. Durch die 8 Jahre 3.Liga hat man natürlich einen Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Zweitliga-Standorten. Gerade Trainingsbedingungen und Nachwuchsleistungszentrum, wenn man es so nennen kann, sind leider nicht zweitligatauglich. Auch wenn die handelnden Personen im Profi- aber auch Nachwuchsbereich sehr gute Arbeit leisten. Hervorzuheben sind hier ganz klar Sportdirektor Benjamin Schmedes, Cheftrainer Daniel Thioune aber auch der Leiter des Nachwuchsleistungszentrum Alexander Ukrow. Außerdem stellt der VfL mit Felix Agu einen aktuellen U‑21 Nationalspieler.
Blicken wir auf die aktuelle Saison. Als Aufsteiger steht ihr mit 13 Punkten aus 12 Spielen auf Platz 15. Wie zufrieden bist Du mit dem ersten Saisondrittel?
Nach dem guten Saisonstart war die Euphorie natürlich riesig, mittlerweile ist man dann schon in der Realität der 2. Liga angekommen. In einigen Spielen, gerade auswärts hat die Mannschaft dann schon Lehrgeld gezahlt. Man kann aber deutlich sagen, dass der VfL in der 2. Liga mithalten kann und sich absolut nicht verstecken muss, was auch unsere mutige Spielweise zeigt.
Wie zufrieden bist Du denn mit den Transfers im Sommer. Wurde die Aufstiegsmannschaft Deiner Meinung nach angemessen verstärkt? War das überhaupt notwendig?
Wenn man sich die Aufstiegsmannschaft ansieht, sieht man auch, dass dort relativ wenig Zweitliga-Erfahrung vorhanden war, da größtenteils vorher Spieler geholt wurden, die in der 3. Liga oder in unteren Ligen gespielt haben. Daher war es schon nötig, dass man auf dem Transfermarkt aktiv wird. Mit Kevin Wolze und dem Österreicher Lukas Gugganig hat man Spieler geholt, die schon reichlich Erfahrung in der 2. Liga haben. Außerdem mit Moritz Heyer einen ehemaligen Jugendspieler zurückgeholt, der auch ohne Zweitliga-Erfahrung eine absolut starke Saison spielt und unserer Abwehrchef ist. Was uns ein wenig fehlt, ist vorne der Stürmer, der für 10–12 Tore gut ist. Mit Kevin Friesenbichler haben wir einen hoffnungsvollen Stürmer verpflichtet, der aber leider die Erwartungen momentan noch nicht erfüllen kann jetzt erstmal verletzt ausfällt. Insgesamt kann man aber mit der Transferpolitik des VfL zufrieden sein.
Euer Trainer, Daniel Thioune, kommt aus der Nähe von Osnabrück und ist nicht nur als Spieler, sondern auch als Trainer im Verein verwurzelt. Wie lässt er seine Mannschaft spielen und wie ist sein Standing bei den Fans?
Daniel Thioune hat ein riesen Standing bei den Fans in Osnabrück. Man sieht bei jedem Spiel wie er diesen Verein lebt und was es für ihn bedeutet für den VfL an der Seitenlinie zu stehen. Er stand damals als Kind schon in der Kurve und ist für Osnabrück und den VfL ein absoluter Glücksfall.
Wenn man sich das Torverhältnis letzte und diese Saison ansieht, dann sieht man das sehr viel Wert auf die Arbeit gegen den Ball gelegt wird. Die meisten Spiele haben wir bislang im 3–4‑3 oder 3–5‑2 als Grundordnung absolviert. Wir spielen ein gutes Mittelfeldpressing und haben gerade in den Umschaltmomenten unsere Stärken. Letztes Jahr in der 3. Liga haben uns die Gegner oft den Ball überlassen, was diese Saison natürlich anders ist. Daher wird viel Wert auf Gegenpressing und schnelles Spiel in die Spitze gelegt. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Co-Trainer Merlin Polzin, mit dem sich Daniel Thioune blind versteht, einen überragenden Job macht. Gerade im Bereich der Videoanalyse ist Merlin Polzin sehr wichtig für die Mannschaft und das Trainerteam. Dazu kommt mit Legende Rolf Meyer ein Torwarttrainer, der bisher jeden Torwart in Osnabrück besser gemacht hat.
Nach einiger Suche habe ich in Eurem Kader einen ehemaligen VfB-Spieler entdeckt: Stürmer Alexander Riemann bestritt von 2010 bis 2014 82 Spiele für unsere zweite Mannschaft. Letztes Jahr wechselte er aus Linz nach Osnabrück. Wie läuft es für Ihn bei Euch?
Leider läuft es für Alexander Riemann nicht so richtig rund beim VfL. Er kam letzte Saison am letzten Tag der Transferperiode zum VfL und hatte noch einigen Rückstand aufzuholen. Nach drei Kurzeinsätzen und mehreren Verletzungen kam er leider nie wirklich in die Mannschaft. Vor der aktuellen Saison wurde ihm dann durch die sportliche Leitung mitgeteilt, dass er sich einen neuen Verein suchen kann. Er wollte aber bleiben und seine Chance suchen. Momentan leidet er wieder an einer Knieverletzung.
Als einzige Mannschaft im unteren Tabellendrittel habt Ihr eine positive Tordifferenz aufzuweisen. Außerdem haben neben Eurem Toptorjäger Alvarez Marcos, der fünf Mal traf, Eure Verteidiger auch schon recht häufig Was sagt das über die Spiele des VfL aus?
Wie schon gesagt, legt Daniel Thioune sehr viel Wert auf eine stabile Defensive und die Arbeit gegen den Ball. Das sieht man deutlich an den wenigen Gegentoren. Aber man sieht auch dass wir zu wenig Tore schießen. Das liegt gar nicht unbedingt daran, dass man sich zu wenig Chancen herausspielt, wir kriegen in jedem Spiel unsere Chancen aber leider fehlt diese Saison ein wenig die Kaltschnäuzigkeit. Dadurch das Linksverteidiger Kevin Wolze ein Standardspezialist ist und Moritz Heyer letzten Freitag in Regensburg doppelt traf, haben unsere Verteidiger natürlich schon einige Tore auf dem Konto.
Vor wem müssen wir uns denn am Samstag besonders in Acht nehmen und wo liegen die Schwächen von Osnabrück?
Vor Marcos Alvarez und seinen Freistößen muss man sich natürlich immer in Acht nehmen. Der 28 Jährige ist schon ein Unterschiedsspieler aber sicherlich auch nicht der einfachste Spieler im täglichen Umgang. Auch Anas Ouahim oder Etienne Amenyido sind sehr dribbelstarke Spieler. Herzstück der Mannschaft ist sicherlich das defensive Mittelfeld mit David Blacha und Ulrich Taffertshofer. Die Schwächen sind schon die Chancenverwertung und die mangelnde Erfahrung in der 2.Liga von einigen Spielern.
Vom Rasen auf die Ränge: Welche Themen beschäftigen die VfL-Fans derzeit abgesehen vom Sportlichen?
Das Stadion an der Bremer Brücke ist wirklich ein Schmuckkästchen und jeder sollte dieses Stadion mal besucht haben. Leider sieht die DFL das Stadion nur bedingt zweitligatauglich. Momentan ist eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die überprüfen soll, inwiefern die 2. Liga auf Dauer an der Bremer Brücke machbar ist. Ein Osnabrücker Politiker hat auch schon einen Neubau ins Spiel gebracht. Dieser ist aber für mich und auch viele Fans unvorstellbar. Daher haben einige Fans die Initiative „Mythos Bremer Brücke“ gegründet, die sich für den Standort Bremer Brücke einsetzt.
Für viele von uns ist das Spiel der erste Ausflug an die Bremer Brücke, deren Namen ja einen gewissen Klang hat. Was ist das Besondere an Eurem Stadion, worauf können wir uns freuen?
Es ist einfach ein besonderes Stadion. Es liegt in der Stadt, ist sehr eng, die Zuschauer sind sehr nah dran am Spielfeld, es riecht noch nach Bratwurst und Bier und wenn das Flutlicht angeht, ist es ganz schwer als Auswärtsmannschaft hier was zu holen.
Und für diejenigen, die nicht nur zum Spiel hochfahren: Was gibt es in und um Osnabrück zu besichtigen oder zu tun? Hast Du eine Empfehlung für uns?
Osnabrück hat eine sehr historische und schöne Altstadt, in der man sich sicherlich einen schönen Nachmittag machen sowie das ein oder andere Kaltgetränk genießen kann.
Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?
2–2 😉
Titelbild: © Getty/Bongarts