Rund um das Spiel in Osnabrück

Erst zum drit­ten Mal in sei­ner Geschich­te tritt der VfB am Sams­tag an der Bre­mer Brü­cke in Osna­brück an. Um mehr über die Nie­der­sach­sen zu erfah­ren, haben wir uns mit VfL-Fan Mar­vin (@MarvinRek93) unter­hal­ten.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Mar­vin und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Stell Dich doch bit­te erst­mal vor: Wie bist Du Osna­brück-Fan gewor­den?

Mar­vin: Hal­lo und vie­len Dank für die Ein­la­dung. Ich bin Mar­vin, 26 Jah­re alt und kom­me aus dem Land­kreis Osna­brück. Die ers­ten Berüh­rungs­punk­te mit dem VfL gab es wie so oft, durch den

Papa, der mich als klei­ner Jun­ge öfter mal mit an die Bre­mer Brü­cke genom­men hat. So rich­tig los mit dem Fie­ber ging es aber in der Sai­son 2007/2008. Nach dem Auf­stieg in die 2. Bun­des­li­ga bin ich mit einem Freund zu den ers­ten Test­spie­len gefah­ren und ab da an hat es mich gepackt. Seit der Sai­son 2008/2009 bin ich auch stol­zer Besit­zer einer Dau­er­kar­te für die Ost­kur­ve.

Vom VfL Osna­brück haben wir in Stutt­gart natür­lich schon gehört, bis auf zwei Pokal­spie­le in den frü­hen Acht­zi­gern und Begeg­nun­gen unse­rer zwei­ten Mann­schaft mit Euch gab es jedoch bis­lang kaum Berüh­rungs­punk­te zwi­schen VfL und VfB. Wenn ich das rich­tig sehe, ist der VfL seit der Ein­füh­rung der Bun­des­li­ga immer zwi­schen zwei­ter und drit­ter Liga gepen­delt. Jetzt habt Ihr nach acht Jah­ren Dritt­klas­sig­keit den Sprung zurück geschafft. Gib uns doch mal einen Osna­brück-Crash­kurs: Was gibt es über die His­to­rie des VfL zu wis­sen und wie groß war die Freu­de über den Auf­stieg?

Wir waren sehr lan­ge eine soge­nann­te Fahr­stuhl­mann­schaft und sind wie du schon sag­test, zwi­schen der zwei­ten und der drit­ten Liga gepen­delt. Da wir finan­zi­ell noch nie wirk­lich gut auf­ge­stellt waren, gab und gibt es in die­sem Bereich natür­lich immer Pro­ble­me. Es gab Zei­ten unter bestimm­ten Ver­eins­füh­run­gen, in denen jah­re­lang auf Spon­so­ren­gel­der vor­ge­grif­fen wur­de, sodass wir über Jah­re auf Mes­sers Schnei­de gelebt haben und jedes Jahr bei der Lizen­zie­rung durch DFL bzw. DFB hof­fen und ban­gen muss­ten. Abso­lu­ter Tief­punkt war dann wohl die Sai­son 2017/2018 in der wir bei­na­he abge­stie­gen wäre und wohl nur den Klas­sen­er­halt geschafft haben, weil Rot-Weiß Erfurt und der Chem­nit­zer FC durch Insol­venz­ver­fah­ren Punk­te abge­zo­gen bekom­men haben. Die letz­te Sai­son war dann ein­fach nur Wahn­sinn, vom ers­ten Spiel­tag hat­te man das Gefühl, die­ses Jahr geht was und man konn­te spü­ren, dass die­se Mann­schaft etwas ganz Beson­de­res hat. Man kann sagen, dass eine gan­ze Regi­on nach der 2. Liga gelechzt hat und die Eupho­rie in und um Osna­brück war und ist sehr groß.

Siehst Du den Ver­ein in der Lage, sich wie­der im Unter­haus zu eta­blie­ren, wie er das ja von Mit­te der 70er bis Anfang der 90er Jah­re schon ein­mal war?

Es ist schwer aber es ist mög­lich. Durch die 8 Jah­re 3.Liga hat man natür­lich einen Wett­be­werbs­nach­teil gegen­über den ande­ren Zweit­li­ga-Stand­or­ten. Gera­de Trai­nings­be­din­gun­gen und Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum, wenn man es so nen­nen kann, sind lei­der nicht zweit­li­ga­taug­lich. Auch wenn die han­deln­den Per­so­nen im Pro­fi- aber auch Nach­wuchs­be­reich sehr gute Arbeit leis­ten. Her­vor­zu­he­ben sind hier ganz klar Sport­di­rek­tor Ben­ja­min Schme­des, Chef­trai­ner Dani­el Thioune aber auch der Lei­ter des Nach­wuchs­leis­tungs­zen­trum Alex­an­der Ukrow. Außer­dem stellt der VfL mit Felix Agu einen aktu­el­len U‑21 Natio­nal­spie­ler.

Bli­cken wir auf die aktu­el­le Sai­son. Als Auf­stei­ger steht ihr mit 13 Punk­ten aus 12 Spie­len auf Platz 15. Wie zufrie­den bist Du mit dem ers­ten Sai­son­drit­tel?

Nach dem guten Sai­son­start war die Eupho­rie natür­lich rie­sig, mitt­ler­wei­le ist man dann schon in der Rea­li­tät der 2. Liga ange­kom­men. In eini­gen Spie­len, gera­de aus­wärts hat die Mann­schaft dann schon Lehr­geld gezahlt. Man kann aber deut­lich sagen, dass der VfL in der 2. Liga mit­hal­ten kann und sich abso­lut nicht ver­ste­cken muss, was auch unse­re muti­ge Spiel­wei­se zeigt.

Wie zufrie­den bist Du denn mit den Trans­fers im Som­mer. Wur­de die Auf­stiegs­mann­schaft Dei­ner Mei­nung nach ange­mes­sen ver­stärkt? War das über­haupt not­wen­dig?

In Osnabrück verwurzelt: Daniel Thioune. © Getty/Bongarts
In Osna­brück ver­wur­zelt: Dani­el Thioune. © Getty/Bongarts

Wenn man sich die Auf­stiegs­mann­schaft ansieht, sieht man auch, dass dort rela­tiv wenig Zweit­li­ga-Erfah­rung vor­han­den war, da größ­ten­teils vor­her Spie­ler geholt wur­den, die in der 3. Liga oder in unte­ren Ligen gespielt haben. Daher war es schon nötig, dass man auf dem Trans­fer­markt aktiv wird. Mit Kevin Wol­ze und dem Öster­rei­cher Lukas Gug­ga­nig hat man Spie­ler geholt, die schon reich­lich Erfah­rung in der 2. Liga haben. Außer­dem mit Moritz Heyer einen ehe­ma­li­gen Jugend­spie­ler zurück­ge­holt, der auch ohne Zweit­li­ga-Erfah­rung eine abso­lut star­ke Sai­son spielt und unse­rer Abwehr­chef ist. Was uns ein wenig fehlt, ist vor­ne der Stür­mer, der für 10–12 Tore gut ist. Mit Kevin Frie­sen­bich­ler haben wir einen hoff­nungs­vol­len Stür­mer ver­pflich­tet, der aber lei­der die Erwar­tun­gen momen­tan noch nicht erfül­len kann jetzt erst­mal ver­letzt aus­fällt. Ins­ge­samt kann man aber mit der Trans­fer­po­li­tik des VfL zufrie­den sein.

Euer Trai­ner, Dani­el Thioune, kommt aus der Nähe von Osna­brück und ist nicht nur als Spie­ler, son­dern auch als Trai­ner im Ver­ein ver­wur­zelt. Wie lässt er sei­ne Mann­schaft spie­len und wie ist sein Stan­ding bei den Fans?

Dani­el Thioune hat ein rie­sen Stan­ding bei den Fans in Osna­brück. Man sieht bei jedem Spiel wie er die­sen Ver­ein lebt und was es für ihn bedeu­tet für den VfL an der Sei­ten­li­nie zu ste­hen. Er stand damals als Kind schon in der Kur­ve und ist für Osna­brück und den VfL ein abso­lu­ter Glücks­fall.

Wenn man sich das Tor­ver­hält­nis letz­te und die­se Sai­son ansieht, dann sieht man das sehr viel Wert auf die Arbeit gegen den Ball gelegt wird. Die meis­ten Spie­le haben wir bis­lang im 3–4‑3 oder 3–5‑2 als Grund­ord­nung absol­viert. Wir spie­len ein gutes Mit­tel­feld­pres­sing und haben gera­de in den Umschalt­mo­men­ten unse­re Stär­ken. Letz­tes Jahr in der 3. Liga haben uns die Geg­ner oft den Ball über­las­sen, was die­se Sai­son natür­lich anders ist. Daher wird viel Wert auf Gegen­pres­sing und schnel­les Spiel in die Spit­ze gelegt. Man darf aber nicht ver­ges­sen, dass auch Co-Trai­ner Mer­lin Polz­in, mit dem sich Dani­el Thioune blind ver­steht, einen über­ra­gen­den Job macht. Gera­de im Bereich der Video­ana­ly­se ist Mer­lin Polz­in sehr wich­tig für die Mann­schaft und das Trai­ner­team. Dazu kommt mit Legen­de Rolf Mey­er ein Tor­wart­trai­ner, der bis­her jeden Tor­wart in Osna­brück bes­ser gemacht hat.

In Osnabrück leider außen vot: Ex-VfB II-Spieler Alexander Riemann. © Getty/Bongarts
In Osna­brück lei­der außen vot: Ex-VfB II-Spie­ler Alex­an­der Rie­mann. © Getty/Bongarts

Nach eini­ger Suche habe ich in Eurem Kader einen ehe­ma­li­gen VfB-Spie­ler ent­deckt: Stür­mer Alex­an­der Rie­mann bestritt von 2010 bis 2014 82 Spie­le für unse­re zwei­te Mann­schaft. Letz­tes Jahr wech­sel­te er aus Linz nach Osna­brück. Wie läuft es für Ihn bei Euch?

Lei­der läuft es für Alex­an­der Rie­mann nicht so rich­tig rund beim VfL. Er kam letz­te Sai­son am letz­ten Tag der Trans­fer­pe­ri­ode zum VfL und hat­te noch eini­gen Rück­stand auf­zu­ho­len. Nach drei Kurz­ein­sät­zen und meh­re­ren Ver­let­zun­gen kam er lei­der nie wirk­lich in die Mann­schaft. Vor der aktu­el­len Sai­son wur­de ihm dann durch die sport­li­che Lei­tung mit­ge­teilt, dass er sich einen neu­en Ver­ein suchen kann. Er woll­te aber blei­ben und sei­ne Chan­ce suchen. Momen­tan lei­det er wie­der an einer Knie­ver­let­zung.

Als ein­zi­ge Mann­schaft im unte­ren Tabel­len­drit­tel habt Ihr eine posi­ti­ve Tor­dif­fe­renz auf­zu­wei­sen. Außer­dem haben neben Eurem Top­tor­jä­ger Alva­rez Mar­cos, der fünf Mal traf, Eure Ver­tei­di­ger auch schon recht häu­fig Was sagt das über die Spie­le des VfL aus?

Wie schon gesagt, legt Dani­el Thioune sehr viel Wert auf eine sta­bi­le Defen­si­ve und die Arbeit gegen den Ball. Das sieht man deut­lich an den weni­gen Gegen­to­ren. Aber man sieht auch dass wir zu wenig Tore schie­ßen. Das liegt gar nicht unbe­dingt dar­an, dass man sich zu wenig Chan­cen her­aus­spielt, wir krie­gen in jedem Spiel unse­re Chan­cen aber lei­der fehlt die­se Sai­son ein wenig die Kalt­schnäu­zig­keit. Dadurch das Links­ver­tei­di­ger Kevin Wol­ze ein Stan­dard­spe­zia­list ist und Moritz Heyer letz­ten Frei­tag in Regens­burg dop­pelt traf, haben unse­re Ver­tei­di­ger natür­lich schon eini­ge Tore auf dem Kon­to.

Vor wem müs­sen wir uns denn am Sams­tag beson­ders in Acht neh­men und wo lie­gen die Schwä­chen von Osna­brück?

Vor Mar­cos Alva­rez und sei­nen Frei­stö­ßen muss man sich natür­lich immer in Acht neh­men. Der 28 Jäh­ri­ge ist schon ein Unter­schieds­spie­ler aber sicher­lich auch nicht der ein­fachs­te Spie­ler im täg­li­chen Umgang. Auch Anas Oua­him oder Eti­en­ne Ameny­ido sind sehr drib­bel­star­ke Spie­ler. Herz­stück der Mann­schaft ist sicher­lich das defen­si­ve Mit­tel­feld mit David Blacha und Ulrich Taf­ferts­ho­fer. Die Schwä­chen sind schon die Chan­cen­ver­wer­tung und die man­geln­de Erfah­rung in der 2.Liga von eini­gen Spie­lern.

Vom Rasen auf die Rän­ge: Wel­che The­men beschäf­ti­gen die VfL-Fans der­zeit abge­se­hen vom Sport­li­chen?

Schmuckkästen mit Bratwurstgeruch: Die Bremer Brücke. © Getty/Bongarts
Schmuck­käs­ten mit Brat­wurst­ge­ruch: Die Bre­mer Brü­cke. © Getty/Bongarts

Das Sta­di­on an der Bre­mer Brü­cke ist wirk­lich ein Schmuck­käst­chen und jeder soll­te die­ses Sta­di­on mal besucht haben. Lei­der sieht die DFL das Sta­di­on nur bedingt zweit­li­ga­taug­lich. Momen­tan ist eine Mach­bar­keits­stu­die in Auf­trag gege­ben, die über­prü­fen soll, inwie­fern die 2. Liga auf Dau­er an der Bre­mer Brü­cke mach­bar ist. Ein Osna­brü­cker Poli­ti­ker hat auch schon einen Neu­bau ins Spiel gebracht. Die­ser ist aber für mich und auch vie­le Fans unvor­stell­bar. Daher haben eini­ge Fans die Initia­ti­ve „Mythos Bre­mer Brü­cke“ gegrün­det, die sich für den Stand­ort Bre­mer Brü­cke ein­setzt.

Für vie­le von uns ist das Spiel der ers­te Aus­flug an die Bre­mer Brü­cke, deren Namen ja einen gewis­sen Klang hat. Was ist das Beson­de­re an Eurem Sta­di­on, wor­auf kön­nen wir uns freu­en?

Es ist ein­fach ein beson­de­res Sta­di­on. Es liegt in der Stadt, ist sehr eng, die Zuschau­er sind sehr nah dran am Spiel­feld, es riecht noch nach Brat­wurst und Bier und wenn das Flut­licht angeht, ist es ganz schwer als Aus­wärts­mann­schaft hier was zu holen.

Und für die­je­ni­gen, die nicht nur zum Spiel hoch­fah­ren: Was gibt es in und um Osna­brück zu besich­ti­gen oder zu tun? Hast Du eine Emp­feh­lung für uns?

Osna­brück hat eine sehr his­to­ri­sche und schö­ne Alt­stadt, in der man sich sicher­lich einen schö­nen Nach­mit­tag machen sowie das ein oder ande­re Kalt­ge­tränk genie­ßen kann.

Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?

2–2 😉

Titel­bild: © Getty/Bongarts

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