Rund um das Spiel in Leverkusen

Zwei­tes Aus­wärts­spiel in Fol­ge — kommt in Lever­ku­sen auch der zwei­te Aus­wärts­sieg? Über die Par­tie am Rhein und die Lage bei Bay­er spra­chen wir mit Sebas­ti­an Berg­mann (@Rarename2k14) von der Rhei­ni­schen Post.

© Sebastian Bergmann
© Sebas­ti­an Berg­mann

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Sebas­ti­an, vie­len Dank dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Stell Dich doch bit­te kurz vor: Seit wann berich­test Du schon für die RP über Bay­er Lever­ku­sen? Und bist Du pri­vat auch Bay­er-Fan?

Sebas­ti­an: Fuß­ball- und Bun­des­li­gafan bin ich schon seit frü­hes­ter Kind­heit, Bay­er-Fan bin ich aller­dings nicht. Seit Janu­ar 2017 arbei­te ich im Lever­ku­se­ner Lokal­sport und berich­te dort täg­lich über den Werks­klub. Für die RP schrei­be ich inklu­si­ve der Zeit als frei­er Mit­ar­bei­ter seit 2004.

Letz­te Sai­son wur­de Bay­er in Hei­ko Herr­lichs ers­ter Sai­son am Ende Fünf­ter und qua­li­fi­zier­te sich für die Euro­pa League, nach­dem die Vor­sai­son, unter ande­rem mit Ex-VfB-Trai­ner Tay­fun Korkut, auf Platz 12 ende­te. Was hat Hei­ko Herr­lich letz­te Sai­son anders und bes­ser gemacht als Korkut und des­sen Vor­gän­ger Roger Schmidt?

Hei­ko Herr­lich hat es geschafft, aus der Mann­schaft wie­der eine Ein­heit zu for­men. Das Team war in der Schmid­t/­Korkut-Sai­son, in der erst am vor­letz­ten Spiel­tag der Klas­sen­er­halt gesi­chert wur­de, ein Scher­ben­hau­fen, wobei Korkut dafür wohl am wenigs­ten konn­te. Herr­lich ist es gelun­gen – auch dank eini­ger Neu­ver­pflich­tun­gen wie der von Sven Ben­der – der Mann­schaft eine neue Iden­ti­tät zu geben. In der Rück­run­de ging Bay­er am Ende aber ein wenig die Luft aus, wes­halb es letzt­lich „nur“ für einen Platz in der Euro­pa League reich­te.

Wie bewer­test Du die Neu­zu­gän­ge im Som­mer? Lukas Hra­de­cky kam aus Frank­furt, dazu der Ex-VfB-Tor­hü­ter Thors­ten Kirsch­baum. Außer­dem Paulin­ho von Vas­co da Gama und Mit­chell Wei­ser aus Ber­lin.

Mittlerweile in Leverkusen gelandet: Ex-VfB-Torhüter Thorsten Kirschbaum. © Wikipedia/Fuguito unter CC BY-SA 3.0
Mitt­ler­wei­le in Lever­ku­sen gelan­det: Ex-VfB-Tor­hü­ter Thors­ten Kirsch­baum. © Wikipedia/Fuguito unter CC BY-SA 3.0

Lukas Hra­de­cky ist als kla­re Num­mer eins ver­pflich­tet wor­den und macht bis­lang einen guten Job. Er ist auf­grund sei­ner auf­ge­schlos­se­nen und fröh­li­chen Art ein Fan­fa­vo­rit und Sym­pa­thie­trä­ger, soll dem Team zudem als Pokal­sie­ger eine Sie­ger­men­ta­li­tät ver­mit­teln. Thors­ten Kirsch­baum wur­de in sei­ner Haupt­funk­ti­on als drit­ter Tor­wart hin­ter Hra­de­cky und Rama­zan Özcan bis­lang noch nicht gebraucht. Paulin­ho kommt in die­ser Bun­des­li­ga-Spiel­zeit ins­ge­samt auf ins­ge­samt weni­ger als 90 Minu­ten Ein­satz­zeit. Gleich­wohl er kör­per­lich trotz sei­ner erst 18 Jah­re einen guten Ein­druck macht, scheint es in den Augen Herr­lichs noch nicht für mehr als ein paar Kurz­ein­sät­ze zu rei­chen. In der Euro­pa League durf­te er ein­mal von Beginn an ran, blieb aber unauf­fäl­lig. Mit­chell Wei­ser ist nach dem Wech­sel von Ben­ni Hen­richs nach Mona­co als Rechts­ver­tei­di­ger gesetzt, zeig­te bis­lang aber mehr Schat­ten als Licht.

Und wel­che Aus­wir­kung hat der Abgang von Bernd Leno abge­se­hen von sei­nem sport­li­chen Wert? Er war ja nach sei­nem Wech­sel vom VfB sie­ben Jah­re in Lever­ku­sen.

Er war sicher­lich bei Fans und Team­kol­le­gen glei­cher­ma­ßen aner­kannt. Leno hat sich auch nach Nie­der­la­gen der Kri­tik gestellt und offen Pro­ble­me ange­spro­chen. Die Ver­pflich­tung von Hra­de­cky macht sei­nen Wech­sel nach Lon­don aber ver­kraft­bar. In Lever­ku­sen wün­schen ihm die Fans alles Gute für sei­ne Zeit auf der Insel.

Die­se Sai­son läuft noch nicht so gut. Lever­ku­sen steht mit elf Punk­ten — nur drei mehr als der Tabel­len­letz­te VfB — auf Platz 13. Anders als bei uns sind die Ergeb­nis­se jedoch sehr wech­sel­haft: In der Euro­pa League führt Bay­er sei­ne Grup­pe an, im Pokal gelang zuletzt ein 5:0 gegen Mön­chen­glad­bach, auch in der Liga über­rasch­te man mit einem 6:2 gegen Bre­men. Auf der ande­ren Sei­te ste­hen 24 Gegen­to­re, genau so vie­le wie der VfB. Kannst Du Dir die­se Wech­sel­haf­tig­keit erklä­ren?

Die Leis­tungs­explo­sio­nen in Bre­men und Glad­bach hat­ten sich nicht ange­kün­digt und waren für mich eben­so über­ra­schend wie für vie­le ande­re. Lever­ku­sen ist eine aus­ge­zeich­ne­te Kon­ter­mann­schaft mit schnel­len Flü­gel­stür­mern – sowohl Bre­men als auch Glad­bach haben Bay­er den Gefal­len getan und sie kon­tern las­sen. Hof­fen­heim (1:4) und Leip­zig (0:3) haben sich in den dar­auf­fol­gen­den Spie­len schon wesent­lich cle­ve­rer ange­stellt und der Werks­elf ihrer wohl größ­ten Stär­ke beraubt. Die Balan­ce zwi­schen Abwehr und Angriff stimmt unter dem Bay­er-Kreuz aktu­ell nicht mehr, zudem feh­len die Ideen, wenn Lever­ku­sen das Spiel machen muss.

Traust Du Dir zu, für die Wun­der­tü­te Bay­er Lever­ku­sen eine Abschluss­plat­zie­rung zu pro­gnos­ti­zie­ren? Ste­cken sie wei­ter im Abstiegs­kampf oder kom­men sie da wie­der raus?

Bay­er ist sicher in der Lage – ähn­lich wie in der vor­an­ge­gan­ge­nen Sai­son – eine Serie zu star­ten. Die Mann­schaft ist qua­li­ta­tiv stark genug besetzt, auch wenn eini­ge Spie­ler wie Leon Bai­ley oder Lucas Ala­rio der­zeit im Form­tief ste­cken. Für den ange­peil­ten Cham­pi­ons-League-Platz wird es bei der schwa­chen Punk­te­aus­beu­te zu die­sem Zeit­punkt wohl nicht mehr rei­chen. Ich den­ke, dass Bay­er in der End­ab­rech­nung einen ein­stel­li­gen Tabel­len­platz errei­chen wird.

 

Das wohl denk­wür­digs­te Aus­wärts­spiel in Lever­ku­sen: 16. Mai 1992. Mehr Vide­os von VfB-Spie­len fin­det Ihr in unse­rem Video­ar­chiv und auf unse­rem You­Tube-Kanal.

Was meinst Du, wie sehr wackelt der Stuhl von Hei­ko Herr­lich schon? Ich hat­te ja befürch­tet, dass Lever­ku­sen die Län­der­spiel­pau­se für einen Trai­ner­wech­sel nutzt und es für den VfB am Frei­tag­abend noch schwe­rer wird.

Die Kri­tik an Herr­lich war sicher­lich berech­tigt, das hat er nicht zuletzt selbst mehr­fach betont. Aus der in der letz­ten Sai­son noch gefei­er­ten tak­ti­schen Varia­bi­li­tät der Werks­elf wur­de in die­ser bis­wei­len tak­ti­sche Kon­fu­si­on. Zudem waren sei­ne Wech­sel nicht immer beson­ders glück­lich. Sport­ge­schäfts­füh­rer Rudi Völ­ler hat sich zuletzt aus­drück­lich hin­ter sei­nen Coach gestellt und betont, dass die­ser noch das vol­le Ver­trau­en genie­ße. Soll­te die Tal­fahrt des Werks­klubs aber bis Jah­res­en­de wei­ter gehen, sind die Ver­ant­wort­li­chen in Lever­ku­sen wohl gezwun­gen, etwas zu unter­neh­men. Die hohen Sie­ge zuletzt sowie das Über­win­tern in Euro­pa League und DFB-Pokal haben Herr­lich etwas Luft ver­schafft, auch wenn die Dis­kus­sio­nen um den Trai­ner wei­ter schwe­len wer­den.

Vor wem muss sich der VfB in die­sem Spiel beson­ders in Acht neh­men und wo lie­gen die Schwä­chen der Bay­er-Elf?

Soll­te Karim Bel­lar­a­bi nach sei­nen Ober­schen­kel­pro­ble­men recht­zei­tig fit wer­den, wonach es aktu­ell aus­sieht, ist er sicher­lich der Spie­ler, auf den der VfB am ehes­ten acht­ge­ben soll­te. In sei­nen letz­ten fünf Pflicht­spie­len hat Bel­lar­a­bi sie­ben Tore und drei Vor­la­gen erzielt und spielt damit schon jetzt sei­ne bes­te Sai­son seit Jah­ren. Auch Kai Havertz dürf­te nach sei­ner Star­t­elf­pre­mie­re bei der Natio­nal­mann­schaft zusätz­lich Selbst­ver­trau­en getankt haben und kann ein Spiel ent­schei­den.

Abschlie­ßend: Dein Tipp fürs Spiel?

3:1 für Lever­ku­sen.

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