Geht das jetzt so weiter oder gerät der VfB in Köln ins Stolpern? Als VfB-Fan kommt man derzeit aus dem Augenreiben nicht hinaus.
Wir sind ja durch die letzten Jahre echt ein wenig geschädigt. Dass der VfB nach fünf Spielen auf Platz 3 steht und den derzeit besten Torschützen der Liga stellt, erscheint nur vier Monate nach der erfolgreichen Relegation immer noch unwirklich. Man fürchtet ein wenig, minütlich aus diesem schönen Traum gerissen zu werden um im nächsten Moment wieder einen Gegentreffer in der 94. Minute zufangen oder 85 Minuten lang einem so unnötigen wie frühen Gegentor hinterher laufen zu müssen. Aber es passiert einfach nicht — bislang jedenfalls. Die Mannschaft erweist sich als stabil und widerstandsfähig, auch wenn sie sich gegen Leipzig eine Halbzeit lang herspielen ließ und gegen Darmstadt mitunter die Zügel etwas schleifen ließ. Aber das ist vielleicht auch ein gutes Zeichen. Denn der aktuelle Erfolg des VfB basiert nicht auf völlig skurrilem Glück und einem geparkten Bus wie im Frühjahr 2018 und wir überrollen die Liga auch nicht so überraschend, wie wir das im Herbst und Winter 2020 getan haben. Sebastian Hoeneß wird nicht müde zu betonen, dass jedes Bundesliga-Spiel eine Herausforderung ist und in der Tat bekommt die Mannschaft zumindest in den letzten beiden Spielen nichts geschenkt. Zwei Mal trat man gegen eine bis dato sieglose Mannschaft an, zwei Mal verlängerte man deren Erfolglosigkeit, indem man geduldig weiter nach vorne spielte, statt ängstlich die eroberte Führung zu verteidigen. Nun geht es also nach Köln, die mit einem Punkt aus fünf Spielen in die Saison gestartet sind und entsprechend Nachholbedarf haben. Und erneut steht der VfB vor einer großen Aufgabe.
Schauen wir aber zunächst mal auf die
Personalsituation
Beim Pressegespräch am Donnerstag war noch nicht klar, ob Dan-Axel Zagadou (muskuläre Probleme) und Silas (Probleme mit dem Sprunggelenk) am Samstag spielfit sein würden. Für Josha Vagnoman kommt das Spiel laut Hoeneß noch zu früh, ich würde aber nicht ausschließen, dass er überraschend doch im Kader auftaucht. Luca Raimund fällt krank aus, Niko Nartey ist weiterhin verletzt und Jeong Woo-yeong kämpft weiterhin um den Sieg bei den Asienspielen.
Startaufstellung
Mitunter kam ja die Diskussion auf, ob Heoneß, um die Spannung hochzuhalten, seine Mannschaft etwas rotieren sollte. Wenn die Trainingsleistungen nicht gerade eklatant von den Leistungen im Spiel abweichen, halte ich davon nichts. Zumindest die Startelf würde ich unverändert lassen, denn nach den letzten beiden Spielzeiten ist eine eingespielte Mannschaft ein großes Pfund. Sollte Zagadou ausfallen, würde ich Ito nach innen ziehen und durch Mittelstädt ersetzen, dem ich die Rolle des Linksverteidigers in einer Viererkette durchaus zutraue. Vorne sehe ich für den Fall, dass es bei Silas nicht reicht, eher Undav als Leweling, weil er meiner Ansicht nach mehr Zweikampfhärte und Torgefahr mitbringt.
Statistik
Wie schon gegen Darmstadt spricht statistisch wenig für den FC. Sie haben nur drei Tore aus dem Spiel heraus geschossen, der VfB bereits 17. Interessanterweise traf der VfB in dieser Saison noch kein einziges Mal den Pfosten oder die Latte. Dazu passt, dass jeder zweite Schuss des VfB, der aufs Tor geht, auch drin ist, bei Köln nur etwa jeder fünfte. Der VfB hat etwa sieben Tore mehr erzielt als erwartet, die Kölner 1,3 weniger. Interessant auch die Torentstehung: FBref.com misst die goal creating actions, also die beiden Aktionen vor dem erfolgreichen Torschuss. Köln hat deren vier, was bei drei Toren aus dem Spiel heraus nicht für ein geordnetes Offensivspiel spricht, der VfB hingegen 33 — die meisten davon übrigens Pascal Stenzel mit 7. Hinzu kommt, dass nur bei zwei Mannschaften weniger abgegebene Schüsse auch aufs Tor kommen als bei den Kölnern und keine Mannschaft bislang schon so häufig im Abseits stand wie der FC. Die Brustringträger haben mit 87,4 Prozent die drittbeste Passquote, Köln mit 77,9 die drittschlechteste.
Allerdings sollten wir den FC, wie auch Hoeneß schon betonte, nicht unterschätzen. Denn er hat recht: Laut Understat müssten die Kölner nach expected points fünf Zähler mehr auf dem Konto haben, was immerhin für einen Mittelfeldplatz reichen würde. Der VfB wäre nach expected points übrigens auch Dritter. Aber auch wenn man tiefer einsteigt, sieht man, dass die Gastgeber am Samstag eine andere Qualität aufweisen als Mainz und Darmstadt. Sie haben die fünftmeisten Zweikämpfe in der Liga gewonnen, Timo Hübers ist der drittbeste Zweikämpfer der Liga. Immerhin: Der VfB ist bei Kopfballduellen besser, Zagadou hat ligaweit die zweitmeisten Kopfballduelle gewonnen. Sein Ausfall würde auch deshalb schmerzen, weil keine Mannschaft so viele Flanken schlägt wie die Kölner, dabei stechen vor allem Leart Paqarada mit bislang 15 Flanken und Florian Kainz mit 12 heraus. Allerdings kamen laut FBref bislang auch nur neun Flanken wirklich im Strafraum. Auch in den Laufstatistiken, in denen der VfB ja bislang eher auf den hinteren Plätzen landet, ist uns der FC voraus, vor allem Dejan Ljubicic spult ordentlich was ab. Blickt man auf die Historie, ergibt sich ein gemischtes Bild. Früher galt lange: Der VfB gewinnt in Köln, der FC in Stuttgart. Jetzt warten die Brustringträger schon seit zwei Gastspielen in Müngersdorf auf ein Tor, während Köln die einzige Mannschaft war, die in der vergangenen Saison kein Tor gegen uns erzielen konnte.
Fazit
Wenn der FC am Samstag vor ausverkauftem Haus endlich den ersten Dreier der Saison holen will, sind solche Statistiken natürlich größtenteils Makulatur. Die Kölner stehen nicht gut da, haben aber durchaus ihre Waffen, gegen die sich der VfB verteidigen muss — und zwar mal wieder bis zum Limit und darüber hinaus. Könnte man sich also zur Not auch mit einem Punkt zufrieden geben? Für mich gilt das gleiche Credo wie letzte Saison: Nichts liegenlassen! Wer weiß, wie Köln sich in dieser Saison noch entwickelt, aktuell sind sie definitiv schlagbar und das sollten wir auch tun. Wenn wir irgendwann mal die 40 Punkte beisammen haben, sehe ich das vielleicht auch entspannter, aber bis dahin wiederhole ich gerne den Titel meines Berichts zum Darmstadt-Spiel: Weiter, immer weiter!
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass spielt schon mal verschiedene Szenarien durch. Köln-Fan Saskia ist in unserem Gegnerinterview nicht sonderlich optimistisch.
Titelbild: © Christof Koepsel/Getty Images