Mit einem neuen Mittelfeldspieler, einem neuen Vertrag für Chris Führich, aber ohne Dan-Axel Zagadou reist der VfB heute nach Freiburg, um an die guten Leistungen des Leipzig-Spiels anzuknüpfen.
Gedanklich bin ich ja eigentlich schon ein paar Tage weiter. Nicht im Freiburger Stadion, sondern im Leverkusener Stadion, wo der VfB am Dienstagabend um den Einzug ins Pokal-Halbfinale kämpft. Dort hätte er im Erfolgsfalle mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Zweitligisten vor der Brust und damit auch gewisse Chancen aufs Pokalfinale — aber eines nach dem anderen. Der Negativtrend ist gestoppt, die Brustringträger haben Platz 3 gegen die direkte Konkurrenz verteidigt und treffen nun auf die Mannschaft auf die es aktuell den Vorsprung zu halten gilt, will man grundsätzlich nächstes Jahr europäisch spielen — egal in welchem Wettbewerb. Das eindeutige 5:0 aus dem Hinspiel im Neckarstadion ist natürlich längst Makulatur und dennoch hat das 5:2 gegen Red Bull wieder ordentlich Selbstvertrauen zurückgebracht. Natürlich wussten wir auch in der ersten Januar-Hälfte, dass die Mannschaft das Verlieren nicht verlernt hat. Aber wie neulich in der 11Freunde über Union zu lesen war: Niederlagen entfalten eine ungeheure Macht. In Bochum und Mönchengladbach waren es Nach- und Fahrlässigkeit, die uns sechs mögliche Punkte kosteten und die im Heimspiel wie weggeblasen waren. Jetzt also wieder auswärts und wieder darf sich die Mannschaft von der Euphoriewelle eines Premieren-Sieges gegen Leipzig nicht so sehr tragen lassen, dass sie sich darauf verlässt, von ihr sicher an Land gespült zu werden. Aber auch da bin ich guter Dinge, auch in der Hinrunde blieb sie nach Erfolgserlebnissen meist scharf und verlor lediglich nach der Serie von sechs Siegen in Folge sowie nach dem Jahreswechsel etwas den Faden. Ohnehin wird die Mannschaft nach der schweren und bitteren Verletzung von Zweikampfmonster und Führungsspieler Daxo Zagadou nicht unbedingt abheben. Als ein gutes Zeichen für die Stimmung innerhalb des Teams werte ich es übrigens auch, dass Chris Führich sich bereits jetzt zu einem neuen Vertrag beim VfB bekannt hat und nicht erst wartete, welche Möglichkeiten sich nach einer erfolgreichen Europameisterschaft für ihn auftun. Sportlich läuft es also mit der Ausnahme von Zagadous Verletzung, was sich derzeit im Aufsichtsrat tut, sollte an anderer Stelle nochmal näher beleuchtet werden. Aber schauen wir erstmal auf die
Personalsituation
Jeong Woo-yeong steht mit Südkorea am Dienstag im Halbfinale, Hiroki Ito tritt heute Mittag mit Japan gegen den Iran an und gestern Abend warf Silas mit Demokratischen Republik Kongo Serhou Guirassy und Guinea aus dem Afrika-Cup. Hat für die Spiele in Leverkusen und gegen Mainz möglicherweise Relevanz, fürs Freiburg-Spiel aber nicht. Li Egloff trainiert wieder, ist aber wohl noch nicht spielfit, Niko Nartey braucht auch noch, dafür ist Atakan Karazor wieder spielberechtigt. Mahmoud Dahoud dürfte fit sein, hat aber nur wenige Einheiten mit der Mannschaft in den Beinen.
Mögliche Startaufstellung
Ich gehe davon aus, dass Rouault, der gegen Leipzig eine gute Partie zeigte, wenn man die Szene gegen Openda außen vor lässt, Zagadou ersetzen wird, Anton rückt dafür nach links. Ohne Ito und Zagadou hat der VfB aktuell keine Linksfüße in der Innenverteidigung, allein Mittelstädt ist in der Kette kein Rechtsfuß, wird aber links gebraucht. Auf rechts würde ich Vagnoman gegen Grifo stellen, Stergiou oder Stenzel wären mir da zu riskant. Leweling wird Silas wohl noch länger vertreten, abhängig aber davon, wie und wann Hoeneß Guirassy wieder vorne einsortiert. Also fast alles wie gehabt.
Statistik
Ich möchte nochmal festhalten, dass der VfB noch nie in seiner langen und glorreichen Bundesliga-Geschichte 12 der ersten 19 Spiele gewonnen hat, nur drei Mal in so vielen Partien mehr Tore als die aktuell 43 erzielte. Den Rekord hält übrigens die Mannschaft der Oberliga Süd 1945/1946, die zu diesem Zeitpunkt bereits 62 Mal getroffen hatte. Die hatte aber auch einen der, wenn niht den Größten in ihrern Reihen, der je das Brustringtrikot trug und heute 100 Jahre alt geworden wäre. Robert Schlienz hatte am Ende der Saison in 30 Spielen 46 Mal getroffen. Achja, und nur zwei Mal holte der VfB mehr Punkte: 1983/1984 und 2003/2004. Ich erkenne da ein Muster. Aber zurück zu dieser Partie. Von 43 Bundesliga-Spielen konnte der VfB 22 für sich entscheiden, in Freiburg sah man allerdings die letzten Jahre wenig Land. Für den letzten Sieg muss man, wie so häufig, in die Korkut-Rückrunde zurückgehen, als Gomez doppelt traf. Aktuell steht der SC auf Platz 7 und macht mal wieder Jagd auf die Europapokalplätze. Auffallend sind die lediglich 25 Tore, der niedrigste Wert in der oberen Tabellenhälfte. In Relation gesetzt wird das durch die Tatsache, dass Freiburg bereits sieben Mal zu Null, ein Wert, der nur von Bayern und Bayer übertroffen wird. Interessanterweise hat Torwart-Talent Noah Atubolu mit um die 60 Prozent eine relativ geringe Fangquote und mit ‑4,1 einen relativ schlechten post shot-xG-Wert. Offensiv kommt es neben Lucas Höler (sechs Tore) natürlich auf Vincenzo Grifo an, der sechs Tore vorbereitete und fünf schoss, von denen allerdings vier Elfmeter waren. Rechnen sollten wir mit vielen Flanken, keine Mannschaft schlägt mehr in den gegnerischen Strafraum als Freiburg. Noah Weißhaupt, der es mit Maxi Mittelstädt zu tun bekommen wird, liegt in dieser Statistik auf Platz 4.
Fazit
Es gibt nur wenige Mannschaften in dieser Spielzeit, gegen die ich einen VfB-Sieg für schwer vorstellbar halte. Freiburg gehört nicht dazu, was nicht heißt, dass der VfB automatisch so weitermacht wie gegen Leipzig, auch wenn sich das alle vornehmen. Auch der SCF ist sich nicht zu fein dafür, eine wie auch immer entstandene Führung mit Zähnen und Klauen zu verteidigen und wird gleichzeitig vor eigenem Publikum, das zudem dieses Spiel zumindest in Teilen aus unerfindlichen Gründen für ein Derby hält, versuchen, den VfB möglichst zu überrumpeln. Für uns geht es darum, nicht wie ich schon mit den Gedanken in Leverkusen zu sein, sondern wach in dieses Spiel reinzugehen und es nach und nach zu kontrollieren. Eventuell kann dann ein Mo Dahoud von der Bank im Laufe der Partie den Unterschied machen, damit wir den 40 Punkten noch näher kommen. Gegen Leverkusen sehe ich ihn sogar in der Startelf und Guirassy möglicherweise auf der Bank. Aber das ist wirklich etwas für die nächste Spielvorschau.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass würdigt Robert Schlienz.
Titelbild: © Arnd Wiegmann/Getty Images