Es ist das erste Heimspiel seit März 2020 vor einer vollen Kurve — und dann “ausgerechnet” gegen Union. Vor diesem in mehrfacher Hinsicht (immer noch) besonderen Spiel haben wir mit FCU-Fan Oliver (@Oliver1_1) gesprochen.
Rund um den Brustring: Hallo Oliver und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Erstmal zu Dir: Wie bist Du Union-Fan geworden?
Oliver: Ich bin Unioner in der dritten Generation und gehe seitdem ich laufen kann in die Alte Försterei. Meine ersten bewussten Erinnerungen sind Spiele Mitte der 80er Jahre und mir wird patek philippe replica erzählt, dass ich auf der Waldseite hinter dem Tor auf einem Geländer saß und Dirk Heine freundlich erinnert habe, dass er gewisse Tiere zu hüten hat.
Letztendlich bedanke ich mich nahezu jeden Tag bei den neuen und alten Göttern, dass ich nicht gegen meinen Vater rebelliert habe. Sonst würde ich jetzt bei den Unaussprechlichen in der Bedeutungslosigkeit rumstehen.
Union erreichte in der letzten Saison am Ende einen Platz in der neuen Conference League und das in der erst zweiten Bundesliga-Saison. Zum ersten Mal seit Anfang des Jahrtausends spielt ihr jetzt zusätzlich noch international. Was bedeutet das den Union-Fans? Feiertage oder zusätzliche sportliche Belastung?
Jedes Spiel in der European Conference League ist ein Geschenk und ein Feiertag. Die Heimspiele im roten Olympiastadion fühlen sich erstaunlich echt und „unionig“ an. Der Verein schafft es aus meiner Sicht wirklich gut, dass wir dort sowas wie ein Heimspiel Union erleben können.
Die bisherigen Auswärtsspiele in Helsinki und Prag waren unfassbar schöne Momente mit vielen bekannten Gesichtern auf den Rängen und der organisierten Szene. Ich wünsche mir sehr, dass Rotterdam und Haifa ähnlich gelungene Erlebnisse werden (Anmerkung: Das Gespräch fand vor dem Spiel in Rotterdam statt) . Neben der zusätzlichen sportlichen Belastung für das Team sehe etwas Ähnliches für die Unioner:innen. Wenn wir zum Beispiel Donnerstags in Rotterdam sind, werden viele von uns (inklusive mir) ein Spiel in Stuttgart dann auswärts sausen lassen.
Auch in der Liga läuft es gut, nach acht Spielen habt Ihr erst einmal verloren, zuletzt drei Mal in Folge gewonnen und steht aktuell auf Platz 5. Hättest Du damit gerechnet und warum geht es für Union auch im dritten Jahr nach dem Aufstieg scheinbar immer weiter nach oben? Und wie weit nach oben geht es diese Saison noch?
Ich hätte vor der Saison nicht damit gerechnet, dass wir am 8. Spieltag so gut in der Tabelle stehen. Mein Herz hat noch immer die Sorge, dass die Bundesliga für uns mit einem Mal vorbei sein kann und wir dann wieder gegen den HSV spielen müssen. D.h. emotional werde ich bis zum 40. Punkt nur auf die Abstiegsränge schauen. Objektiv und sachlich muss man jedoch festhalten, dass wir nicht glücklich auf dem 5. Platz stehen. Zumindest unterstützen Metriken wie die xGoals/xPts (die tatsächlich geschossenen/bekommen Tore und die daraus resultierenden Punkte von Union weichen nicht signifikant von der Realität ab) bzw. Performance Modelle wie das von https://twitter.com/Goalimpact diese Einschätzung. Im aktuellen Goalimpact Report wird sogar die Wahrscheinlichkeit, dass wir Meister werden (0,50%) als größer erachtet wie ein direkter Abstieg (0,3%).
Für den restlichen Verlauf der Saison wünsche ich mir ein stabiles Polster auf Platz 16, dass wir als Mannschaft weiter an uns arbeiten und dann gern ab dem 41. Punkt schauen, wohin es noch gehen kann.
Im Sommer fragte man sich zu einem gewissen Zeitpunkt, wen Union eigentlich noch nicht für diese cheap breitling replica Saison verpflichtet hat. 15 Neuzugängen standen aber auch 13 Abgänge gegenüber. War dieser große Umbruch absehbar? Wie bewertest Du den Transfersommer?
Aus meiner Sicht war „ein“ Umbruch in jedem Fall absehbar. Einige Transfers bzw. Nicht-Transfers haben mich dann doch überrascht. Das allerdings durchweg positiv. Ich freue mich, dass wir Marvin Friedrich noch mindestens ein Jahr bei uns haben, ich bin glücklich, dass Genki Haraguchi und Rani Khedira im Mittelfeld beißen und dass wir einen breiten Kader haben, der uns Routine und Perspektive bietet. Seit Oliver Ruhnert bei uns die Kaderplanung verantwortet, ist es sehr sehr einfach für uns Unioner:Innen, denn: „In Olli we trust.“
Unter den Abgängen war auch unser ehemaliger Kapitän Christian Gentner, der nach zwei Jahren in Berlin nach Luzern wechselt. Hättest Du ihn gerne noch ein Jahr behalten?
Einfach gesagt: „Nein.“ Gente hat sich 2 Jahre bei uns auf und neben dem Platz absolut einwandfrei verhalten. Er war auf menschlicher Seite ein Stützpfeiler und Mentor im Team. Sportlich war seine Routine, Erfahrung und Übersicht oft genau, dass was wir in hektischen Spielen gebraucht haben. Ich glaube, dass sich in einer dritten Saison bei Union der Trend (weniger Einsätze, viel weniger Minuten, mehr Verletzungen) für Christian aus der letzten Saison fortgesetzt hätte. Insofern war der Wechsel nach Luzern für mich vollkommen nachvollziehbar.
Leon Dajaku, in der U19 Pokalsieger mit dem VfB, ist derzeit in die League One nach Sunderland ausgeliehen. Warum reicht es für ihn derzeit nicht für die Bundesliga?
Leider hat Leon bei uns so wenig Einsatzzeit bekommen ‚dass ich diese Frage nur sehr schwer beantworten kann. Ich konnte ihn persönlich nur einmal im Stadion live sehen und das war bei einem Spiel Union gegen Union, was noch weniger Aussagekraft als ein reguläres Freundschaftsspiel hatte. In Sunderland gab es bis jetzt für Leon einen Startelfeinsatz, eine Verletzungspause und 2 Tore als Einwechselspieler. Natürlich wünsche ich Leon alles Gute. Da jedoch Sunderland nach eigener Aussage eine Kaufoption für Leon hat, tue ich mich schwer ihm eine totale Leistungsexplosion zu wünschen.
Unter den Neuzugängen waren auch zwei ehemalige VfBler: Rani Khedira kam aus Augsburg, Timo Baumgartl aus Eindhoven. Wie haben sich die beiden eingefunden und wie geht es Timo nach seiner Gehirnerschütterung? Denkst Du, er steht am Sonntag auf dem Platz?
Ich hatte bei beiden Spielern in den ersten 2–3 Spielen das Gefühl, dass sie sich an die taktischen Abläufe und Automatismen noch gewöhnen müssen. Bei Timo empfand ich dieses „noch nicht ganz dazugehören“ als deutlich sichtbarer. Fit sind beide Spieler jedoch integrale Bestandteile unserer Stammelf.
Timo ist soweit ich es weiß, seit gut einer Woche wieder zurück im Mannschaftstraining, hat alle Untersuchungen mit gutem Ergebnis überstanden und war zu mindestens theoretisch schon eine Option für den Kader im letzten Spiel gegen Wolfsburg. Ich persönlich würde mich jedoch freuen, wenn wir Timo noch nicht auf dem Platz sehen. Mit einer 4.! Gehirnerschütterung bei so einem jungen Spieler sollte aus meiner Sicht der Fokus nicht auf dem nächsten schnellstmöglichen Einsatz liegen. Wenn ich mir dann so durchlese, wie NHL, NFL Spieler bzw. professionelle Wrestler in späteren Jahren körperlich auf viele früher erlittene Gehirnerschütterungen reagiert haben, wird mir Angst und Bange. Im Profifußball wird ja mit dieser Verletzung dramatisch schlecht umgegangen.
Blicken wir kurz noch auf den Kader: Taiwo Awoniyi sticht mit sechs Treffern in acht Spielen heraus. Vor wem müssen wir uns sonst noch in Acht nehmen und welche Schwächen zeigt Union in dieser Saison?
In Acht nehmen solltet ihr euch in jedem Fall vor einem gewissen Max Kruse. Es ist noch immer schwer zu glauben, dass so ein Fußballer bei uns spielt. Mir ist es jedoch vollkommen egal, ob Max noch ein Zuckertor vorbereitet oder Marvin Friedrich eine Ecke souverän reinköpft. Wir sind mannschaftlich sehr geschlossen und in der Lage durch den breiten Kader im Spiel gut auf den VfB zu reagieren.
In Bezug auf Schwächen finde ich es auffallend, dass wir
a) in vielen Spielen erst zur 2. Halbzeit wirklich ins Laufen gekommen sind
b) in der aktuellen Bundesligasaison erst ein Tor nach Standards erzielt haben und
c) uns darauf verlassen, dass wir die Chancen, die wir bekommen, auch fast ohne Ausnahme nutzen müssen
Urs Fischer ist seit mittlerweile über drei Jahren Trainer in Köpenick und hat aus Union eine schwer zu bespielende und zu schlagende Mannschaft gemacht. Hat sich das geändert? Wie lässt er den FCU in dieser Saison spielen?
Im Prinzip arbeiten und entwickeln wir dank Urs seit der Mitte der 1. Bundesligasaison kontinuierlich unsere Spielidee immer weiter. Es hat sich an den Grundparametern im Vergleich zum letzten Jahr also sehr wenig geändert. Wir werden fast immer mehr laufen als der Gegner. Wir werden es dem Gegner eklig machen und haben kein Problem damit, wenig Ballbesitz zu haben, denn wir werden uns auf ein schnelles Umschaltspiel verlassen. Die langen Bälle aus dem ersten Jahr gehören jetzt fast vollständig der Vergangenheit an. Es gibt jedoch deutlich mehr Flankenwechsel im vorderen Drittel durch einen Außenverteidiger, der mit nach vorn geht.
Neben der Konstanz im System ist jedoch der wichtigste Punkt für mich die menschliche Seite. Wir haben seit Jahren ein Team, dass als Team funktioniert. Ein Team, dass erlebt, wie viel Erfolg wir mit unseren Mitteln haben können.
Kommen wir, das kann ich Dir leider nicht ersparen, noch zu einem unschönen Thema: Der VfB wird am Sonntag zum ersten Mal im Neckarstadion 2G anwenden und erwartet deshalb auch eine volle, aktive Heimkurve. Unions Präsident Dirk Zingler überraschte am Wochenende in der Diskussion mit dem Hinweis auf Minderheitenschutz und der Haltung, niemanden ausschließen zu wollen. Wie bewertest Du diese Haltung?
Als Unioner habe ich Dirk unfassbar viele schöne Momente in meinem Leben zu verdanken. Ich bin daher zunächst immer versucht, in seinem Handeln und seinen Worten Sinn, Logik und irgendwie eine vernünftige Erklärung zu finden.
Die aktuelle Situation in den deutschen Profiligen zeigt eine heterogene Situation, in der viele Vereine die 2G vs. 3G Frage aus unterschiedlichen Gründen/Motiven unterschiedlich beantworten. Pragmatisch, Juristisch, Organisatorisch kann ich da fast alle Punkte pro oder kontra irgendwie kausal nachvollziehen. Auch wenn ich persönlich ganz klar für 2G bin.
Mein Präsident hat mich menschlich in diesem Thema jedoch leider verloren. Ich verstehe nicht, dass wir diejenigen bewusst ausschließen, die sich solidarisch verhalten haben (Union könnte mit 2G Vollauslastung haben) und noch weniger sehe ich diejenigen, die sich nicht impfen lassen als schützenswerte Minderheit an. Dies sind für mich Menschen, die eben keine Wahl haben, was sie z.B. für eine Hautfarbe, Religion oder sexuelle Orientierung haben. Dieser Teil der aktuellen Unionrealität lässt mich aktuell konsterniert zurück.
Zum Abschluss zurück zum Sportlichen: Dein Tipp fürs Spiel?
Ich glaube, dass wir nach anfänglichem Rückstand verdient einen Punkt durch ein 1:1 mitnehmen werden.
Titelfoto: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images