Rund um Fußball und Corona in Osnabrück

Gegen Osna­brück will der VfB im fünf­ten Geis­ter­spiel die Nie­der­la­ge im Hin­spiel ver­ges­sen machen. Über die Lage in Osna­brück spra­chen wir mit VfL-Fan Bri­an (@briano1899).

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Bri­an und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Zunächst die wich­tigs­te Fra­ge: Wie geht es Dir in die­ser Zeit?

Bri­an: Hal­lo Lenn­art, die Zeit ist für alle von Unsi­cher­hei­ten und Ängs­ten geprägt, da nie­mand genau weiß wie lan­ge wir tat­säch­lich benö­ti­gen, um wie­der sor­gen­frei leben zu kön­nen. Mei­ne Fami­lie und Freun­de sind bis jetzt alle gesund geblie­ben und das ist in die­sen Zei­ten auch das Wich­tigs­te.

Kurz zum Sport­li­chen: Der VfL hat aus den vier Spie­len nach der Pau­se fünf Punk­te geholt, den letz­ten beim 2:2 gegen Regens­burg am ver­gan­ge­nen Wochen­en­de. Wie zufrie­den bist Du mit der Bilanz und was erwar­test Du Dir vom Spiel in Stutt­gart am Sonn­tag?

Da die Rück­run­de bis zur Zwang­pau­se sehr erfolg­los war und den Höhe­punkt bei der 2:6 Nie­der­la­ge gegen Wehen Wies­ba­den, am 06.03.2020 fand, kam die Unter­bre­chung tat­säch­lich zur rich­ti­gen Zeit. Es ist rei­ne Spe­ku­la­ti­on, aber durch die zeit­lich lan­ge Unter­bre­chung war es mög­lich den Fokus voll auf die kom­men­den Auf­ga­ben zu rich­ten. Die unter­ir­di­schen Auf­trit­te auf St. Pau­li und gegen Wies­ba­den hät­ten die Leis­tung nach­hal­tig nega­tiv beein­flusst.
Bis auf das Ergeb­nis gegen Han­no­ver 96 bin ich mit der Leis­tung und der Punkt­aus­beu­te zufrie­den. Das Spiel bei euch in Stutt­gart wird sehr schwer. Im Hin­spiel sind wir mit 1:0 als durch­aus glück­li­cher Sie­ger vom Platz gegan­gen, daher kann ich es mir schwer vor­stel­len, dass sich dies im Länd­le unter den Umstän­den, noch­mal annä­hernd errei­chen lässt.
In der Hin­run­de hat sich unser Team durch eine sehr star­ke Ver­tei­di­gung aus­ge­zeich­net, was es dem VfB und dem HSV defin­tiv nicht ein­fach gemacht hat. Ich den­ke ihr könnt euch auf einen ekel­haft spie­len­den Geg­ner ein­stel­len, der sich in jeden Zwei­kampf haut und den man mit Tem­po und indi­vi­du­el­ler Klas­se schla­gen muss.
Ich las­se mich ger­ne von unse­rer Mann­schaft über­ra­schen und jeder Punkt gegen die ganz gro­ßen Ver­ei­ne ist ein Bonus­punkt, auf dem Weg zum Klas­sen­er­halt.

Aktu­ell steht Ihr nur vier Punk­te vorm Rele­ga­ti­ons­platz. Kriegt der VfL die Kur­ve noch und falls nicht, wel­che Aus­wir­kun­gen hät­te ein Wie­der­ab­stieg?

Natür­lich rich­tet sich der Blick aktu­ell immer wie­der nach unten und die aku­te Abstiegs­ge­fahr ist natür­lich vor­han­den.
Wir sind dies aus der Ver­gan­gen­heit aller­dings gewohnt und vor der Sai­son ist hier in der Regi­on nie­mand davon aus­ge­gan­gen, dass man sich als Ver­ein mit dem kleins­ten Etat so beacht­lich prä­sen­tie­ren wird.
Nach der gran­dio­sen Hin­run­de und der aktu­ell doch leicht stei­ge­nen Form, traue ich dem VfL den direk­ten Klas­sen­er­halt zu. Die finan­zi­el­len und sport­li­chen Aus­wir­kun­gen wären im Fal­le eines Abstiegs enorm, da die finan­zi­el­le Lücke zwi­schen Liga 2 und 3 ein­fach viel zu groß ist. Vor der Coro­na Kri­se hät­te ich einen Abstieg, auf­grund der Ent­schul­dung durch die Stadt Osna­brück, nicht mit einer Insol­venz gleich­ge­setzt.
Heu­te sehe ich dies anders und den­ke ein Abstieg könn­te exis­tenz­ge­fähr­dend sein. Durch die Geis­ter­spie­le feh­len dem VfL schät­zungs­wei­se 1 — 2 mio € im lau­fen­den Geschäfts­jahr.

Ganz egal wie es kommt, wir ste­hen auch im Fal­le eines Abstiegs wie­der auf. Nach einem Tief folgt irgend­wann wie­der ein Hoch!

Wie ist denn Dei­ne Mei­nung zur Fort­set­zung der Sai­son mit Geis­ter­spie­len und zur Kri­tik am Pro­fi­fuß­ball des­we­gen?

Die Kri­tik am Pro­fi­fuss­ball ist abso­lut berech­tigt und zeigt, dass sich der Pro­fi­fuss­ball wich­ti­ger nimmt als er für unse­re Gesell­schaft ist. Für den Fuss­ball wer­den mas­si­ve Test­ka­paizä­ten ver­wen­det, wel­che in ers­ter Linie für Men­schen in sys­tem­re­le­van­ten Beru­fen vor­be­hal­ten sein soll­ten. Seit letz­ter Woche erst gibt es Rei­hen­tests auf Covid-19 in Pfle­ge­hei­men in der Regi­on Osna­brück. Es wird durch die Kri­se noch deut­li­cher, dass es sich im Pro­fi­fuss­ball nur noch ums Geld dreht und der Fuss­ball nicht mehr für die Wer­te steht, die er nach außen so ger­ne pro­pa­giert.
Das erst am zwei­ten Spiel­tag, auf Druck von außen, eine Schwei­ge­mi­nu­te in Geden­ken an die Opfer der Pan­de­mie abge­hal­ten wur­de, zeigt dies auch sehr noch­mal sehr deut­lich. Es geht den “Ver­ei­nen” nur noch dar­um ein Pro­dukt zu pro­du­zie­ren und wenn dies für ein paar Wochen nicht mehr mög­lich ist, dann wird auch bei den treu­en Anhän­gern wie­der ver­mehrt die Hand auf­ge­hal­ten, wel­che im Hin­blck auf stei­gen­de Arbeits­lo­sen­zah­len und über 7 Mil­lio­nen Kurz­ar­bei­tern, auch wirt­schaft­lich sehr gebeu­telt sind.

Ich fin­de die Fort­set­zung nicht rich­tig und die Kri­tik ist berech­tigt, aller­dings ver­fol­ge ich auf­grund der star­ken Ver­bun­den­heit zum VfL und zum Fuss­ball auch die Geis­ter­spie­le. Die Gefüh­le dabei sind sehr gemischt und die Freu­de über Erfol­ge sind abso­lut gedämpft.

Wie zufrie­den bist Du mit dem Ver­hal­ten des VfL in der Kri­se?

Hier hät­te der VfL mei­ner Mei­nung nach mehr Enga­ge­ment zei­gen kön­nen. Es gab eine T Shirt Akti­on, wo der VfL 5€ in einen Fonds ein­ge­zahlt hat, der für Fuss­ball­ver­ei­ne in der Regi­on gedacht ist, wel­che durch die Kri­se in finan­zi­el­le Schwie­rig­kei­ten gera­ten sind.

Gab es in Osna­brück auch Aktio­nen der Fans für Men­schen in Risi­ko­grup­pen und gefähr­de­ten Beru­fen, wie in ande­ren Städ­ten?

Mög­li­cher­wei­se war die akti­ve Fan­sze­ne in Osna­brück sogar eine der ers­ten, wel­che sich am 20. März bei den Ärz­ten und Pfle­ge­kräf­ten für ihren Ein­satz in Form von Spruch­bän­dern vor den Kran­ken­häu­sern bedankt hat. 😉

Des­wei­te­ren wur­de anläss­lich der Wie­der­auf­nah­me des Spiel­be­triebs an sel­ber Stel­le Kri­tik geäu­ßert.
Über wei­te­re öffent­li­che Aktio­nen ist mir so aktu­ell nichts bekannt, jedoch wer­den auch in Osna­brück vie­le jün­ge­re Men­schen unter­stüt­zend aktiv gewe­sen sein.

Hat die Coro­na-Kri­se dein Ver­hält­nis zum Pro­fi­fuß­ball all­ge­mein und zu dei­nem Ver­ein im Spe­zi­el­len ver­än­dert? 

Eine grund­le­gen­de Ver­än­de­rung des Ver­hält­nis­ses zum Pro­fi­fuss­ball kann ich bei mir nicht erken­nen, jedoch gibt es für die Zukunft For­de­run­gen und Maß­nah­men, damit der Fuss­ball nach­hal­tig gesund wer­den kann.
Wenn es ein paar Regeln und Gren­zen gibt, kommt der Fuss­ball auf ein Niveau zurück, wo er gesund wirt­schaf­ten kann und sich wie­der etwas dem gemei­nen Fuss­volk annä­hert, ohne an Qua­li­tät und Strahl­kraft ein­zu­bü­ßen.
Die Hoff­nung habe ich, auch wenn vie­le Ver­ei­ne nach der Kri­se sehr wahr­schein­lich ger­ne wei­ter­ma­chen wür­den wie vor­her.

Titel­bild: © Pres­se­fo­to Bau­mann / Hans­jür­gen Brit­sch / Pool 

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