Ein schwerer Gegner zu einem undankbaren Zeitpunkt. Am Sonntag kommt Europapokal-Halbfinalist Leverkusen ins Neckarstadion. Auf dem Papier spricht nicht viel für einen Heimsieg. Oder war Berlin nur ein Ausrutscher?
Gegen Leverkusen und/oder Mainz nen Punkt holen und die anderen beiden Spiele gewinnen. Das war nach dem Heimsieg gegen Mönchengladbach vor zwei Wochen die Rechnung, die uns zum Klassenerhalt führen sollte. Und jetzt, drei Spieltage vor Saisonende? Hat der VfB in Berlin seine Hausaufgaben nicht gemacht und bekam zudem am Freitagabend noch aufgezeigt, dass man Hertha durchaus ein paar Tore einschenken kann, selbst wenn man wie Köln zeitweise selbst ein Scheunentor verfehlt. Ja, ich weiß, Mavropanos und Karazor fehlten, es war auswärts und überhaupt hatte die Mannschaft das Pech, ein Pokalhalbfinale zu bestreiten und das sogar fast erfolgreich. Alles was fehlte, war die richtige Lottozahl im Kölner Keller. Dass der VfB aus Emotionen nicht nur Kraft ziehen kann, sondern sich auch von diesen zu falschen Annahmen verleiten lässt, wissen wir spätestens seit dem letzten Sommer. Statt also die Berliner genauso anzulaufen wie man das gegen Frankfurt, Gladbach und Dortmund tat, erlebten die Brustringträger wie schon gegen Augsburg einen Rückfall in mutlosere Zeiten, konnten sich aber beim Tabellenletzten nicht mal wie in Augsburg einen Punkt retten. Natürlich wären wir dank der anderen Ergebnisse auch bei einem Sieg noch nicht aus dem Gröbsten raus gewesen. Aber jetzt kann die Konkurrenz am heutigen Samstag vorlegen und der VfB kann morgen erst nachziehen. Nächste Woche das gleiche Spiel. Für eine Mannschaft, die sich ihrem Trainer zufolge schon in Berlin von einem Ergebnis der Konkurrenz aus der Ruhe bringen lässt und die, ganz unpolemisch, eh zu viel nachdenkt, keine allzu gute Rahmenbedingung.
Ja, dieses Hertha-Spiel hat einiges in mir erschüttert. Gerade hatte ich der Mannschaft das Schalke-Spiel verziehen, da fängt sie wieder von vorne an und schenkt den Berlinern quasi einen Sieg, von dem sie selber nicht wussten, wie sie ihn errungen hatten. Es heißt zwar, der VfB habe auf dem Relegationsplatz noch alles selber in der Hand, aber gilt das auch noch am Sonntagabend? Und wer hat nicht wie ich mächtig Muffensausen vor zwei K.O.-Spielen gegen Heidenheim, den HSV oder St. Pauli? Mir hat die nervenzerfetzende Anspannung schon 2019 gereicht, ich weiß nicht, ob ich das nochmal durchstehe. Natürlich könnte der VfB auch gegen ersatzgeschwächte, abgelenkte und teilweise überspielte Leverkusener — alles nachzulesen in unserem Gegnerinterview — über sich hinauswachsen und ein bis drei Punkte ziehen. Mir fehlt aktuell noch der Glaube.
Personalsituation
Immerhin sieht die Personalsituation etwas besser aus als beim Gegner. Nur Mavropanos fällt weiter aus, womöglich auch gegen Mainz. Sonst scheinen alle an Bord zu sein. Immerhin.
Mögliche Startaufstellung
Die Abwehr stellt sich quasi von alleine auf, die Außenbahnen auch. Borna Sosa sollte halt schleunigst wieder zu der Form zurückfinden, die ihn in die Nationalmannschaft Kroatiens befördert hat. Josha Vagnoman auf der anderen Seite hat sich die nächste Nationalmannschafts-Nominierung in den letzten Wochen redlich verdient. Die größte Baustelle ist eigentlich der Sturm. Silas würde ich erstmal draußen lassen, eventuell kann er nach einer Einwechslung noch Impulse setzen. Tomás und Millot sind für mich die zielstrebigsten Halbstürmer und kriegen daher den Vorzug vor Führich oder Coulibaly.
Statistik
Leverkusen hat mit 54 die viertmeisten Tore der Liga geschossen, genauso viele Gegentore hat der VfB bereits kassiert. Ansonsten stechen die Leverkusener in keiner Statistik wirklich heraus, haben sich aber seit dem Hinspiel vor der WM in beindruckender Manier in der Tabelle nach vorne gespielt. Den letzten Sieg gegen Leverkusen feierte der VfB im Frühjahr 2018, den letzten Sieg gar im April 2010 durch einen Doppelpack von Cacau.
Fazit
So richtig Lust auf dieses Spiel, auf die vermutlich nächste Enttäuschung habe ich nicht. Hoffen wir mal, dass zumindest die anderen Ergebnisse an den letzten drei Spielen für uns laufen und wir spätestens gegen Mainz und Hoffenheim unsere Stärken wiederfinden. Gerne auch gegen Leverkusen schon. Je weniger aufgeriebene Nerven, desto besser. Auch wenn ich weiß, dass das ein frommer Wunsch bleiben wird.
Titelbild: © Sebastian Widmann/Getty Images