Ein Kantersieg, eine Klatsche — die Ausschläge sind beim VfB weiterhin extrem. Folgt gegen Freiburg die Konsolidierung?
Dieses verdammte, lang geöffnete Transferfenster. Zum Zeitpunkt, zu dem ich diesen Artikel verfasse, weiß ich nicht, ob der VfB am Samstag gegen Freiburg mit oder ohne Borna Sosa im Kader aufläuft und ob er für den wenig überraschend nach England gewechselten Dinos Mavropanos einen Ersatz gefunden hat, der diesen Namen verdient oder ob wir uns weiterhin irgendwie durchwurschteln. Das Spiel gegen Freiburg, direkt vor der Länderspielpause und der bereits jetzt ihre Schatten vorauswerfenden Mitgliederversammlung ist für die Stimmung in Bad Cannstatt ganz immens wichtig. Bitte nicht exakt genauso in die Saison starten wie vor zwei Jahren. Bitte nicht mit zwei Niederlage in die Länderspielpause gehen und dann mit Pudding in den Knien nach Mainz fahren, voller Angst vor dem sich immer mehr abzeichnenden Fehlstart. Sosa und Mavropanos hin oder her: Natürlich muss die Mannschaft auf die Saison gesehen wettbewerbsfähig sein, besonders wenn der Trainer es schon nicht-öffentlich und dann auch öffentlich anmahnt. Gegen Freiburg muss es aber zunächst darum gehen, die desaströse zweite Halbzeit in Leipzig vergessen zu machen, in der man sich von einem Fehler verunsichern ließ und dann das Spiel völlig aus der Hand gab. Gegen einen Gegner, der keine Gefangenen macht, sondern solche Geschenke gerne annimmt. Denn die Niederlage in Leipzig war eigentlich zu hoch, die Brustringträger boten den Hausherren zu viel an. Im Neckarstadion darf es diesmal keine Charity-Aktion für bedürftige Freiburger geben. Der VfB muss von Beginn an klar machen, dass er die Punkte will — und zwar nicht nur einen, sondern alle.
Der Blick auf die
Personalsituation
offenbart: Es ist jetzt, Transfers mal ausgenommen, nicht wirklich schlechter geworden als vergangenes Wochenende. Angelo Stiller ist in Stuttgart angekommen, Enzo Millot ist wieder fit, selbst Josha Vagnoman befindet sich anders als vom Kicker berichtet kurz vorm Einstieg ins Mannschaftstraining und auch Deniz Undav arbeitet hart am Comeback. Bleiben nur noch der Langzeitverletzte Nikolas Nartey und Laurin Ulrich, der scheinbar nach seiner Mandel-OP immer noch nicht auf der Höhe ist.
Mit der Verpflichtung von Stiller ergeben sich im Mittelfeld neue Optionen für die
Mögliche Startaufstellung
Die Abwehr stellt sich angesichts der Unsicherheiten des Transfermarkts fast von alleine auf. Vermutlich wird Hoeneß in Abwesenheit von Vagnoman hier auch keine Experimente eingehen und weiterhin auf die Dreierkette verzichten, zumal die Umstellung während des Leipzig-Spiels auch nicht unbedingt von Erfolg gekrönt war. Was nicht heißt, dass eine Einwechslung Sosas nicht auch einen positiveren Effekt haben kann als vor Wochenfrist. Ich gehe davon aus, dass Hoeneß seinen wohlbekannten Neuzugang direkt auf die Doppelsechs stellt um somit dem Spiel eine neue Variante zu geben. Millot dürfte wieder beginnen und den zwar engagierten, aber bislang wenig effizienten Jeong verdrängen. Sonst alles wie gehabt. Führich machte in Leipzig ein gutes Spiel, hoffentlich kann Silas diesmal auch vom anderen Flügel ein paar Impulse setzen.
Statistik
Es ist der zweite Spieltag, da ist die Grundgesamtheit für Statistiken noch relativ gering. Der VfB hat mit sechs doppelt so viel Tore geschossen wie Freiburg, die allerdings in Summe einen höheren xG-Wert haben (5) als der VfB (4,2) — die Brustringträger machen also mehr aus ihren Chancen. Alex Nübel hat sich mit dem Leipzig-Spiel ziemlich die Differenz zwischen kassierten Toren und post-shot xG zerschossen und rangiert mit ‑1,7 in dieser Statistik ligaweit auf dem vorletzten Platz — aber halt nach zwei Spielen. Freiburg hat nach Leverkusen und Leipzig zusammen mit Bayern die meisten Schüsse aufs Tor abgegeben (14), aber nur selten erfolgreich. Defensiv ist Freiburg dabei durchaus stabil, hat mit die meisten geblockten und abgefangenen Pässe und erfolgreiche Tacklings. Der VfB hingegen ist die Mannschaft mit den wenigsten Fouls der ganzen Liga (15). Ein wenig erschreckend auf den ersten Blick: Der VfB hat die geringste Laufdistanz aller Mannschaften und die zweitwenigsten Sprints und intensive Läufer. Immerhin: Freiburg ist in den letztgenannten Kategorien nicht viel besser. Was noch auffällt, vermutlich aber den beiden Freak-Ergebnissen zuzuordnen ist: Der VfB lässt den Gegner in dessen Hälfte die meisten Pässe spielen. Zur Partie selber: Wir warten weiterhin seit 2017 auf einen Heimsieg gegen Freiburg. Es wird allerhöchste Zeit.
Fazit
Und so sollte der VfB das Spiel auch angehen. Freiburg ist ein starker, schwieriger Gegner, keine Frage. Aber nicht so erdrückend schwierig wie Leipzig. Die Mannschaft muss den Mut und die Ernsthaftigkeit wiederfinden, die sie gegen Leipzig verloren hat. Ein weiterer hasenfüßiger Auftritt könnte viel Vertrauen in die Lernfähigkeit der Mannschaft wieder zunichte machen und nach dem Ende des Transferfensters zwei ungemütliche Wochen für die Verantwortlichen einläuten.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images