Rund um das Spiel gegen Frankfurt

In Ein­tracht Frank­furt war­tet am Frei­tag­abend der nächs­te schwe­re Geg­ner auf den VfB. SGE-Fan Ali­ce (@SportslandAlice) sprach mit uns über das Spiel und die bis­he­ri­ge Sai­son der Ein­tracht.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Ali­ce und vie­len Dank, dass Du Dir die Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Stell Dich doch zunächst bit­te ein­mal kurz vor: Wie bist Du Ein­tracht-Fan gewor­den? Und für die­je­ni­gen, die Sportdeutschland.tv nicht ken­nen: Was ist das und was machst Du da?

© Alice Tietje
© Ali­ce Tiet­je

Ali­ce: Ich bin tat­säch­lich erst rela­tiv spät zur Ein­tracht gekom­men. In der Sai­son 2005/06 hat mich ein Kum­pel mit in den Block zum DFB-Pokal-Spiel gegen Schal­ke 04 genom­men. Die Ein­tracht gewann das Spiel mit 6:0 und mich als Fan dazu. Ich war begeis­tert von der Mann­schaft, der Stim­mung und dem Zusam­men­halt. Für die drauf­fol­gen­de Sai­son hol­te ich mir dann allei­ne eine Dau­er­kar­te und das bis heu­te. Seit­dem lei­de und freue ich mich mit der lau­ni­schen Diva vom Main. 

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Die Ein­tracht rutsch­te im End­spurt der ver­gan­ge­nen Sai­son durch den absur­den Lauf des VfB noch aus den Euro­pa­po­kal­rän­gen, qua­li­fi­zier­te sich aber durch den Sieg im DFB-Pokal doch noch für die Euro­pa League — zum ers­ten Mal seit fünf Jah­ren. Hät­test Du damit gerech­net, dass der Weg nach Euro­pa noch so umständ­lich wird?

Um ehr­lich zu sein, ja! Die Ein­tracht ist nicht unbe­dingt für eine gran­dio­se Rück­run­de bekannt. Zudem gab es immer wie­der Ver­let­zungs­pech und die Pos­se um Niko Kovac und den FC Bay­ern hat sicht­lich ihr Übri­ges getan. Ich behaup­te mal, dass wir ohne die­se Art und den Zeit­punkt der Ver­kün­dung direkt auf einem Euro­pa-Platz gelan­det wären. Zum Glück hat es am Ende für Titel und Euro­pa gereicht!

Der Pokal­sieg ist der ers­te Titel der Ein­tracht seit dem Jahr 1988, also seit 30 Jah­ren, als man gegen Bochum eben­falls den DFB-Pokal gewann. Gewäh­re uns einen Ein­blick in die Gefühls­welt der Ein­tracht-Fans: Was bedeu­tet Euch die­ser Titel und wie hast Du das Spiel erlebt?

So ziem­lich alles. Wie hieß es so schön auf Twit­ter: “Kin­der, die jetzt gebo­ren wer­den, ken­nen bis­her nur Ein­tracht Frank­furt als Pokals­sie­ger”. Und ich den­ke, so ähn­lich gilt das für vie­le der Anhän­ger. Die Jün­ge­ren unter uns haben noch nie einen Titel der SGE mit­er­lebt und wer­den das wahr­schein­lich, ohne vie­len die Hoff­nung neh­men zu wol­len, so schnell auch nicht mehr erle­ben. Die­ser Titel, die­se Mann­schaft – das war ein­fach per­fekt und zeigt auch die Sehn­sucht Frank­furts nach Grö­ße­rem. Die­ses Spiel war unbe­schreib­lich.

Wenn ich an den Lauf von Mijat Gaci­n­o­vic zum 3:1 den­ke, krie­ge ich sofort wie­der Gän­se­haut. Nie­mand, wirk­lich nie­mand hat geglaubt, dass wir den Bay­ern die­sen Titel weg­neh­men kön­nen. Doch wir haben es geschafft und ich den­ke die Bil­der von der Par­ty und der Stadt Frank­furt danach zei­gen alle Emo­tio­nen, die mit die­sem Pokal­sieg frei­ge­setzt wur­den.

2016 steck­ten sowohl der VfB, als auch die SGE noch im Abstiegs­kampf, am Ende konn­tet Ihr Euch in der Rele­ga­ti­on gegen Nürn­berg durch­set­zen. Wie erklärst Du Dir die posi­ti­ve Ent­wick­lung der letz­ten bei­den Spiel­zei­ten? Wel­chen Anteil hat Niko Kovac dar­an gehabt?

Niko Kovac gehört sicher­lich ein gro­ßer Anteil an die­ser Sta­bi­li­tät. Sei­ne Fähig­keit, Spie­ler ein gutes Gefühl zu ver­mit­teln – auch auf der Bank. Das ist schon sehr groß gewe­sen. Man muss sich dafür nur die Ent­wick­lung von Ante Rebic anschau­en, der es mitt­ler­wei­le zu einem Top-Spie­ler geschafft hat und unge­mein wich­tig für die Ein­tracht ist. Zudem wur­de die Mann­schaft suk­zes­si­ve gut ver­stärkt (klar Fehl­ein­käu­fe gibt es auch hier). Und was man nicht unter­schät­zen darf, aber oft belä­chelt wur­de: Niko Kovac hat es geschafft ein Team zu for­men. Es geht bei der Ein­tracht nicht um den Ein­zel­spie­ler, son­dern jeder steht für den ande­ren ein und das hat man gemerkt. Zwi­schen­zeit­lich waren es 17 ver­schie­de­ne Natio­nen bei uns im Team – doch auf dem Platz haben alle eine Spra­che gespro­chen und ich den­ke, dass sieht man auch heu­te noch.

1983/84 war trotz des 2:2 gegen die Ein­tracht am 22. Spiel­tag auf dem bes­ten Weg zur Meis­ter­schaft. Mehr Vide­os von VfB-Spie­len fin­det Ihr in unse­rem Video­ar­chiv und auf unse­rem You­Tube-Kanal.

Kom­men wir zur Gegen­wart: Wie bewer­test Du nach der Hälf­te der Hin­run­de Eure Som­mer­trans­fers? Ins­ge­samt habt ihr ja zehn Spie­ler geholt, dar­un­ter gleich drei Tor­hü­ter. Wie kam es dazu? Und gibt es Spie­ler, die Du in die­ser Sai­son ver­misst?

Bis­her ist es noch sehr schwie­rig, sich über eini­ge der Som­mer­trans­fers eine Mei­nung zu bil­den. Weil sie schlicht noch nie oder kaum gespielt haben. Doch die bis­her spie­len, machen einen guten Ein­druck. Da muss man vor allem Evan N’Di­cka her­vor­he­ben, der als jun­ger Innen­ver­tei­di­ger für nicht wenig Geld geholt wur­de, aber eher eine Inves­ti­ti­on in die Zukunft sein soll­te. Auf­grund von Ver­let­zun­gen in der Ver­tei­di­gung wur­de der 18-Jöh­ri­ge aller­dings rela­tiv schnell ins kal­te Was­ser gewor­fen und macht sei­ne Sache bis­her her­vor­ra­gend. Auch Filip Kostic und Lucas Tor­ro spie­len bis­her eine gute Hin­run­de. Nico­lai Mül­ler hat gut begon­nen, ist zur­zeit aller­dings noch etwas auf der Suche nach sei­ner Form und auch Allan (von Liver­pool aus­ge­lie­hen) hat mich bis­her noch nicht über­zeugt. Mir fehlt noch ein Kevin-Prin­ce Boat­eng, der so viel für das Mann­schafts­ge­fü­ge getan hat und ein­fach ein Typ war, der zur Ein­tracht, zu Frank­furt und zu den Fans gepasst hat, wie kaum ein ande­rer.

Über die Tor­hü­ter-Trans­fers kann man sich strei­ten. Ich ver­tre­te die Posi­ti­on, dass ich auch ohne Kevin Trapp hät­te leben kön­nen und das Geld viel­leicht lie­ber in einen Sech­ser inves­tiert hät­te. Mit Felix Wied­wald hat die Ein­tracht sich eigent­lich einen Kee­per zurück­ge­holt, der Fre­de­rick Rön­now hät­te ersetz­ten kön­nen, nach­dem die­ser sich am Knie ver­letzt hat­te. Aber ich ver­ste­he auch das Argu­ment, dass Wied­wald viel­leicht nicht unbe­dingt ein Tor­hü­ter ist, mit dem man inter­na­tio­nal spie­len will. Alles in allem macht Trapp nach anfäng­li­chen Schwie­rig­kei­ten sei­ne Sache gut, er bleibt nur bis­her nie ohne Gegen­tor.

Zweimal abgestiegen, jetzt in Frankfurt: Filip Kostic. Bild: © VfB-exklusiv
Zwei­mal abge­stie­gen, jetzt in Frank­furt: Filip Kostic. Bild: © VfB-exklu­siv

Filip Kostic hat jeweils zwei Jah­re beim VfB und beim HSV gespielt und ist mit bei­den Ver­ei­nen abge­stie­gen. Jetzt habt Ihr ihn gelie­hen. Wie macht er sich im Ein­tracht-Tri­kot?

VfB-Legende am Main: Fredi Bobic. Bild: © Wikipedia/Xuka unter CC BY-SA 3.0
VfB-Legen­de am Main: Fre­di Bobic. Bild: © Wikipedia/Xuka unter CC BY-SA 3.0

Sehr gut. Bei uns spielt er, zu Beginn auf­grund von Ver­let­zun­gen, in einer etwas unge­wöhn­li­chen Rol­le: er ist der Links­ver­tei­di­ger in der Frank­fur­ter Fün­fer­ket­te. Eine Rol­le, die ihm wohl nur die Wenigs­ten zuge­traut hät­te. Doch er macht das ziem­lich stark. Klar, defen­siv ist noch Luft nach oben, aber Kostic stellt sich voll in den Dienst der Mann­schaft. Er ackert nach hin­ten, läuft wie ver­rückt und ist auch vor­ne sehr gefähr­lich und vor allem als Vor­la­gen­ge­ber wich­tig. Ich glau­be, man sieht der­zeit den Kostic, den vie­le lan­ge erwar­tet, aber vor­her nur zu sel­ten gese­hen haben.

Fre­di Bobic, VfB-Legen­de und ehe­ma­li­ger Sport­di­rek­tor wur­de ja, wenn ich das rich­tig in Erin­ne­rung habe, bei sei­ner Ver­pflich­tung vor zwei Jah­ren durch­aus kri­tisch gese­hen. Wie ist aktu­ell sein Stan­ding bei den Fans?

Das ist eine schwie­ri­ge Fra­ge, da jeder sei­ne eige­ne Mei­nung dies­be­züg­lich hat. Ich glau­be, er hat über­rascht. Vie­le hät­ten ihm die Leis­tun­gen in den ver­gan­ge­nen zwei Jah­ren nicht zuge­traut. Die Trans­fers, die bis­her rea­li­siert wur­den, waren im Grun­de alle gut. Zudem hat­te Fre­di Bobic vie­le inter­na­tio­na­le Kon­tak­te, was dazu geführt hat, dass die Ein­tracht zum ers­ten Mal seit lan­ger Zeit auch auf Leih­ge­schäft setzt (z.B Val­le­jo, Tor­ro, Rebic, Jovic etc.). Medi­al macht er auch einen soli­den unauf­ge­reg­ten Auf­tritt und hat zudem im Ver­ein dafür gesorgt, dass sich Bru­no Hüb­ner im Hin­ter­grund mit wei­te­ren Ver­pflich­tun­gen beschäf­ti­gen kann. Aller­dings steht das Ver­trau­en noch auf etwas wacke­li­gen Bei­nen. So ganz traut man dem Bra­ten hier noch nicht. Aber das wird die Zeit zei­gen.

Im Som­mer kamen ja nicht nur neue Spie­ler, son­dern auch ein neu­er Trai­ner: Adi Hüt­ter, frisch­ge­ba­cke­ner Schwei­zer Meis­ter mit Young Boys Bern. Wie bewer­test Du sei­ne Arbeit bis­her? Kann man ihn mit Kovac ver­glei­chen?

Der Sai­son­start lief sub­op­ti­mal: Der Abgang von Niko Kovac hat bei vie­len noch Nach­wir­kun­gen gehabt und mit Adi Hüt­ter kam ein neu­er Trai­ner, den nie­mand so rich­tig ein­schät­zen konn­te. Eigent­lich war er schon qua­si ent­las­sen, bevor auch nur ein Spiel gespielt wur­de. Dann schei­det die Ein­tracht als Titel­trä­ger im Pokal gegen Ulm aus und kriegt im Super­cup eine Klat­sche von den Bay­ern. Kurz, es gibt bes­se­re Ein­stie­ge, um das “Kovac-Erbe” anzu­tre­ten. Hüt­ter lässt in der Regel sei­ne Teams in einem 4–4‑2 spie­len und hat das auch zu Beginn in Frank­furt ver­sucht. Doch die Mann­schaft ist mehr auf ein 3–5‑2 aus­ge­rich­tet.

Nach den Schwie­rig­kei­ten zu Beginn hat Hüt­ter dar­auf reagiert und das Sys­tem ent­spre­chend ange­passt – mit Kostic als Links­ver­tei­di­ger. Seit­dem läuft es bei der Ein­tracht. Er macht einen unauf­ge­reg­ten, sou­ve­rä­nen Ein­druck, ist aber vom Typ her ganz anders als Niko Kovac. Aber viel­leicht ist das gera­de gut so, da es für jeden Trai­ner unfass­bar schwer gewor­den wäre, das Erbe anzu­tre­ten. Hüt­ter hat das nie ver­sucht und sich auch nicht ver­stellt. Er wird mit Sicher­heit nicht die­se Nähe zu den Fans bekom­men, wie sie Kovac hat­te. Aber das will weder er, noch die Fans nach dem Kovac-Fias­ko.

Der­zeit steht ihr auf Platz 7, seid in Euer Euro­pa League-Grup­pe unge­schla­ge­ner Tabel­len­füh­rer und habt zuletzt eini­ge furio­se Sie­ge gefei­ert: 7:1 gegen Düs­sel­dorf, 4:1 gegen Han­no­ver. Was ist für die Ein­tracht Dei­ner Mei­nung nach in die­ser Sai­son drin und wie sehr schmerzt das Pokalaus in der ers­ten Run­de?

Unse­re Zie­le sind rela­tiv klar: im obe­ren Mit­tel­feld der Bun­des­li­ga sta­bi­li­sie­ren, viel­leicht mit einem klei­nen Blick auf die Euro­pa-League-Plät­ze und in Euro­pa über­win­tern. Gera­de sind Mann­schaft und Fans wie im Rausch. Die­se Euro­pa-Pokal-Näch­te bedeu­ten den Anhän­gern unglaub­lich viel und das über­trägt sich auch auf die Elf auf dem Platz. Daher sehe ich das Pokal-Aus nur als klei­nen Wer­muts­trop­fen. Jetzt müs­sen wir sta­bil blei­ben und aus unan­ge­neh­men Spie­len, wie Nürn­berg oder eben Stutt­gart, Punk­te mit­neh­men.

Vor wem muss sich der VfB am Frei­tag­abend beson­ders in Acht neh­men und wo lie­gen der­zeit die Schwä­chen der SGE?

Auf Luka Jovic und Sebas­tien Hal­ler. Unse­re bei­den Stür­mer sind der­zeit in Top­form. Gera­de Hal­ler ist momen­tan kaum zu stop­pen und her­vor­ra­gend beim Ball hal­ten und als Vor­la­gen­ge­ber. Schwä­chen sind momen­tan etwas schwer aus­zu­ma­chen. Ich glau­be, das größ­te Pro­blem wird die Ein­stel­lung des Teams sein. Das hat man gegen Nürn­berg gese­hen: nach berau­schen­den Euro­pa-Pokal-Näch­ten fällt ein Spiel am Sonn­tag bei Regen in Nürn­berg schwer. Ähn­lich wird es gegen Stutt­gart sein: Hat die Mann­schaft Bock dem Spiel ihren Stem­pel auf­zu­drü­cken? Wenn ja, wird es schwer für den VfB – wenn nicht, könn­te Stutt­gart eine Chan­ce bekom­men.

Abschlie­ßend: Dein Tipp fürs Spiel?

Ich bin Betriebs­pes­si­mis­tin. Daher sage ich 1:1 mit der Hoff­nung auf einen unge­fähr­de­ten 2:0‑Erfolg. Sor­ry, Stutt­gart!

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