Rund um das Spiel gegen Dresden

Am Sonn­tag emp­fängt der VfB Dyna­mo Dres­den zum Heim­spiel. Vor der Par­tie gegen den Tabel­len­vor­letz­ten spra­chen wir mit Dyna­mo-Fan Cle­mens (@hanglage).

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Cle­mens, wir haben Dich ja schon mal vor einem Spiel zwi­schen dem VfB und Dyna­mo inter­viewt. Stell Dich doch bit­te trotz­dem noch­mal vor: Wie bist Du SGD-Fan gewor­den?

Cle­mens: Hal­lo und vie­len Dank für die Ein­la­dung. Berüh­rungs­punk­te mit Dyna­mo hat­te ich sehr früh in mei­nem Leben. Zwar ken­ne ich als Jahr­gang 1990 die gro­ßen Spie­le zu Euro­pa­po­kal­zei­ten nur aus Bild­bän­den und Erzäh­lun­gen, jedoch haben mein Vater und mein Onkel ihre Begeis­te­rung für Dyna­mo auch über die schwie­ri­gen Wen­de-Jah­re hin­über ret­ten kön­nen und den “Virus”, wenn man das so nen­nen kann, irgend­wann an mich wei­ter­ge­ge­ben. Mein ers­tes Spiel im Sta­di­on war mit sechs Jah­ren, bereits nach dem Zwangs­ab­stieg in der Regio­nal­li­ga. Zwar hat es dann noch eini­ge Jah­re gedau­ert, bis ich so rich­tig in dem The­ma drin war. Aber seit mei­nem 14. Lebens­jahr ist der Ver­ein, sind die Spie­le für mich fes­ter Bestand­teil und trotz vie­ler Pro­ble­me, die es zwei­fels­oh­ne gibt, auch eine Art zwei­tes Zuhau­se gewor­den.

Dyna­mo pen­del­te in den letz­ten zehn Jah­ren zwi­schen drit­ter und zwei­ter Liga, jetzt seid ihr im vier­ten Jahr wie­der zweit­klas­sig, in unse­rer Auf­stiegs­sai­son 2016/17 wur­det Ihr Fünf­ter. Wie zufrie­den ist man in Dres­den damit? Es ist ja qua­si die erfolg­reichs­te Pha­se seit der Wen­de, von den vier Bun­des­li­ga­jah­ren in den 90er mal abge­se­hen?

Abso­lut. Das ist auch das, was die Ver­ant­wort­li­chen, allen vor­an Ralf Min­ge immer wie­der beto­nen. Auf­grund der Ent­schul­dung vor drei Jah­ren sind wir als Ver­ein erst­mals seit der Wen­de über­haupt in der Lage über meh­re­re Jah­re hin­aus zu pla­nen. Die Auf­stiegs­sai­son 2015/16 war der mit Abstand bes­te Fuß­ball einer Dyna­mo­mann­schaft seit 1990. Im nächs­ten Jahr wird zudem ein kom­plett neu­es Trai­nings­zen­trum eröff­net. All die Jah­re zuvor hat­test du immer die Sor­ge, ob es den Ver­ein mor­gen über­haupt noch gibt. Auf sport­li­cher Ebe­ne ver­mis­se ich jedoch seit zwei Jah­ren eine Wei­ter­ent­wick­lung. Nach Platz 5 im ers­ten Jahr sind wir nun schon das drit­te Jahr in Fol­ge im Abstiegs­kampf. Hier müs­sen wir auf­pas­sen, dass wir uns nicht im gegen­sei­ti­gen Schul­ter­klop­fen ver­lie­ren und das zuletzt müh­sam auf­ge­bau­te Fun­da­ment wie­der ein­rei­ßen.

Vor fast genau 40 Jah­ren tra­fen der VfB und Dyna­mo im Neckar­sta­di­on auf­ein­an­der — damals im Euro­pa­po­kal. Mehr Vide­os von VfB-Spie­len fin­det Ihr in unse­rem Video­ar­chiv und auf unse­rem You­Tube-Kanal.

Nach Platz 14 und Platz 12 teilt sich die SGD der­zeit mit Wies­ba­den und Bochum mit jeweils neun Punk­ten aus elf Spie­len das Tabel­len­en­de. Wor­an hakt es in die­ser Sai­son noch?

Unser größ­tes Pro­blem ist der­zeit das letz­te Drit­tel. Zwar haben wir in den meis­ten Spie­len deut­lich mehr Spiel­an­tei­le als unse­re Geg­ner, wir schaf­fen es aber trotz­al­lem nicht den Ball in gefähr­li­che Abschluss­po­si­tio­nen zu brin­gen. Bei den weni­gen Chan­cen, die wir uns her­aus­spie­len, fehlt dann zudem die Kalt­schnäu­zig­keit, um die Din­ger auch zu machen. Dem Geg­ner genü­gen häu­fig ein, zwei gute Pres­sing­mo­men­te im Spiel, um unse­re Defen­si­ve in Schwie­rig­kei­ten zu brin­gen und die Spie­le zu ent­schei­den. Das ist dann oft­mals auch für den Kopf der Jungs der Kil­ler, weil du ewig und ertrag­los anrennst und der Geg­ner nach drei Päs­sen in dei­nem Straf­raum steht und fei­ert.

Am Mitt­woch­abend seid Ihr im Pokal bei Her­tha BSC eine Run­de weitergekommen/ausgeschieden. Kann das die Mann­schaft beflügeln/weiter her­un­ter­zie­hen?

Das Pokal­spiel am Mitt­woch war für den Kopf der Spie­ler enorm wich­tig. Ein Spiel ohne gro­ßen Druck vor 35000 Dyna­mo­fans in Ber­lin hilft erst ein­mal, um die nega­ti­ven Schlag­zei­len aus dem Kopf zu bekom­men. Nach dem Abpfiff gab es trotz der Ent­täu­schung über das unglück­li­che Aus im Elf­me­ter­schie­ßen Stan­ding Ova­tions von allen anwe­sen­den Dresd­nern. Das zuletzt ange­kratz­te Ver­hält­nis zwi­schen Fans und Mann­schaft konn­te somit vor den schwe­ren Spie­len gegen Stutt­gart und Ham­burg sowie dem wich­ti­gen direk­ten Kel­ler­du­ell gegen Wies­ba­den wie­der etwas gekit­tet wer­den. Aller­dings sage ich auch hier, dass wir bei aller Eupho­rie über ein gro­ßes Pokal­spiel nicht den Blick für die Rea­li­tät ver­lie­ren dür­fen. Dass wir bis zum Elf­me­ter­schie­ßen mit­hal­ten konn­ten, lag auch dar­an, dass Her­tha extrem schlecht gespielt hat. Unse­re eige­nen Pro­ble­me im Spiel­auf­bau waren nach­wie­vor sicht­bar und am Ende steht eben auch der Fakt, dass du es wie­der nicht geschafft hast, eine Füh­rung über die letz­ten Sekun­den zu ret­ten. Neh­men wir Ber­lin als net­ten Aus­flug mal so mit, aber zu glau­ben, dass wir uns mit dem Spiel am Mitt­woch reha­bi­li­tiert haben, wäre aus mei­ner Sicht fatal.

Kom­men wir zum Kader: Wie zufrie­den bist Du mit den Som­mer­trans­fers und wo hät­te Dyna­mo viel­leicht im Rück­blick noch nach­le­gen sol­len?

Von den exter­nen Neu­zu­gän­gen haben bis­her nur Alex Jere­me­jeff sowie Kevin Broll sich einen Stamm­platz erspielt. Jere­me­jeff ist als Ziel­spie­ler im Auf­bau­spiel ein wich­ti­ger Anlauf­punkt. In den Spie­len, wo er ver­let­zungs­be­dingt gefehlt hat, hast du das Vaku­um sofort gese­hen. Broll ist ein soli­der Hüter. Bock­stark im Eins-gegen-Eins und auf der Linie. Schwä­chen zeigt er häu­fig noch bei der Ball­ver­tei­lung und dem “moder­nen” Tor­wart­spiel. Ansons­ten gefällt mir der jun­ge Luka Štor noch sehr gut. Er kam bis­her zwar nur als Joker zum Ein­satz, aber auf­grund sei­ner Schnel­lig­keit und Beweg­lich­keit erwar­te ich mir in der Zukunft von ihm noch Eini­ges. Ent­täuscht bin ich etwas von Chis Löwe. Vom Namen her der Som­mer­trans­fer schlecht­hin, aber es zeigt sich mehr und mehr, dass ihm die Spiel­wei­se und das Sys­tem von Cris­ti­an Fiél nicht liegt. Da frag ich mich schon, war­um so ein Spie­ler über­haupt geholt wur­de. Zu kurz kam mir bis­her zudem ein René Klin­gen­burg. Sei­ne Robust­heit und sein Kämp­fer­herz wür­de unse­rem Mit­tel­feld glau­be ich ganz gut tun. Ansons­ten ist noch ein inter­ner Neu­zu­gang zu nen­nen: Kevin Ehlers. Er könn­te selbst noch in der U19 kicken, hat sich jedoch im Som­mer zum Stamm­ver­tei­di­ger gemau­sert und macht sei­ne Sache sehr soli­de. Ein guter Jun­ge für die Zukunft. Scha­de fin­de ich, dass wir nach den Abgän­gen von Ber­ko und Dul­je­vic im Som­mer kei­nen neu­en Spie­ler für die offen­si­ven Flü­gel geholt haben, wel­che ein Spiel gegen tief­stehen­de Geg­ner auch mal in die Brei­te ver­la­gern kön­nen. Zudem fehlt mir ein kla­rer Füh­rungs­spie­ler auf dem Platz. Hier soll­te in naher und mit­tel­fris­ti­ger Zukunkt in jedem Fall nach­ge­bes­sert wer­den.

Hat in Dresden Fuß gefasst: Ex-VfB-Leihspieler Dzenis Burnic. © Getty/Bongarts
Hat in Dres­den Fuß gefasst: Ex-VfB-Leih­spie­ler Dze­nis Bur­nic. © Getty/Bongarts

Wie macht sich eigent­lich BVB-Leih­spie­ler Dze­nis Bur­nic bei Euch, den wir ja nach dem Auf­stieg auch für eine Sai­son gelie­hen hat­ten?

Er war in der ver­gan­ge­nen Rück­run­de ein Garant für den Klas­sen­er­halt. Wich­ti­ger Spie­ler im zen­tra­len Mit­tel­feld, vor allem auf­grund sei­ner Ball­si­cher­heit. Die Ver­län­ge­rung der Lei­he über den Som­mer hin­aus war in jedem Fall eine sinn­vol­le Ent­schei­dung.

Chris­ti­an Fiél über­nahm im Früh­jahr das Trai­ner­amt von Maik Wal­pur­gis, nach­dem er fünf Jah­re lang für Dyna­mo spiel­te und wei­te­re vier Jah­re Trai­ner im Nach­wuchs war. Hilft ihm die­se Ver­wur­ze­lung im Ver­ein und wie bewer­test Du sei­ne Arbeit? Wie wür­dest Du sei­nen Spiel­stil beschrei­ben?

In Dres­den wer­den exter­ne Trai­ner zunächst gern kri­tisch gese­hen, vor allem in schwie­ri­gen Pha­sen. Ihn im Febru­ar als Chef zu instal­lie­ren war auch eine wich­ti­ge Maß­nah­me, um das Umfeld wie­der näher an das Team zu bin­den. Das Ver­hält­nis hat­te auf­grund der schlech­ten Auf­trit­te unter Wal­pur­gis doch sehr arg gelit­ten. “Fie­lo” ist Publi­kums­lieb­ling, da ver­zeiht der gemei­ne Dyna­mo­fan eher mal eine Nie­der­la­ge. Sei­ne Idee von Fuß­ball ist sehr domi­nant und aktiv. Er selbst bezeich­net sich gern als Guar­dio­la-Fan. Aber er merkt eben auch lang­sam, dass Guar­dio­la-Fuß­ball nur mit Guar­dio­la-Spie­lern mög­lich ist, die wir lei­der nicht haben. So gese­hen muss er sich als Trai­ner auch den Gege­ben­hei­ten anpas­sen und ent­spre­chen­de alter­na­ti­ve Lösun­gen fin­den. Die Beför­de­rung zum Chef­trai­ner kam viel­leicht ein oder zwei Jah­re zu früh. Den­noch muss ich sagen, dass mir sei­ne Art am Spiel­feld­rand sehr gefällt. Er ist ein Coach, der sehr eng mit den Spie­lern ist. Eine Art Klop­po mit spa­ni­schem Tem­pe­ra­ment. Sol­che Typen sind mir per­sön­lich immer lie­ber als Schnarch­na­sen, wie es Wal­pur­gis war. Ich hof­fe wirk­lich sehr, dass wir mit ihm aus der Kri­se kom­men und er hier sei­nen Weg als Trai­ner gehen kann.

Hat bei Dynamo-Fans ein gutes Standing: Trainer Christian Fiel. © Getty/Bongarts
Hat bei Dyna­mo-Fans ein gutes Stan­ding: Trai­ner Chris­ti­an Fiel. © Getty/Bongarts

Koné Moussa ist mit fünf Tref­fern der Tops­corer der SGD. Vor wem müs­sen wir uns am Sonn­tag noch in Acht neh­men?

Ja, Koné ist in jeden Fall ein sehr gefähr­li­cher Spie­ler, nicht zuletzt auf­grund sei­nes Tem­pos. Aber, wie bereits gesagt, ist für mich Jere­me­jeff der Schlüs­sel­spie­ler im Angriff. Nach einer klei­nen Ver­let­zungs­pau­se kommt er nun lang­sam wie­der zurück. Ich erhof­fe mir viel von ihm in den kom­men­den Spie­len.

Wo lie­gen denn die Stär­ken und wo die Schwä­chen der Dyna­mo-Elf in die­ser Sai­son?

Die Schwä­chen im letz­ten Drit­tel hat­te ich bereits ange­spro­chen. Hier fehlt die letz­te Kon­se­quenz, die Krea­ti­vi­tät und häu­fig auch die Brei­te im Spiel. Zudem sind unse­re Stan­dards eine Kata­stro­phe. Wenn wir aller­dings Tie­fe ins Spiel bekom­men, dann kön­nen wir mit unse­ren schnel­len Stür­mern Koné oder auch Štor für Gefahr sor­gen. Was mir eben­so Mut macht, ist das gute Ver­hält­nis zwi­schen Trai­ner und Mann­schaft. Im Abstiegs­kampf kommt es vor allem auf den Team­geist und auf eine intak­te Psy­che an. Der Trai­ner selbst, aber auch vie­le Spie­ler im Kader ken­nen Abstiegs­kampf. Das wird im Ver­lauf der Sai­son noch wich­tig wer­den.

Mit Schmer­zen den­ken vie­le VfB-Fans gera­de nach dem letz­ten Spiel­tag, an die 0:5‑Klatsche in Dres­den in unse­rer letz­ten Zweit­li­ga-Sai­son zurück. Hät­test Du damals mit einem sol­chen Ergeb­nis gerech­net und traust Du der SGD eine Wie­der­ho­lung eines sol­chen Spiels zu?

Das war so ein Spiel, was du ein­mal in 20 Jah­ren erlebst. Ich weiß noch genau, als Gogia das 3:0 mach­te, dach­te ich, das wäre alles ein Film und nach dem Abpfiff war ich, waren wir alle eigent­lich nur sprach­los. Aber jeder wuss­te es auch ein­zu­ord­nen. Wir hat­ten einen Tag erwischt, wo alles funk­tio­nier­te und bei euch klapp­te nach dem 1:0 für Dyna­mo plötz­lich gar nichts mehr. Fast wäre das Rück­spiel in Stutt­gart dann sogar ähn­lich ver­lau­fen. Mit Ste­fa­ni­ak, Gogia, Kutsch­ke und einem Niklas Haupt­mann im Mit­tel­feld hat­ten wir in der Sasi­on aber auch sehr viel Qua­li­tät. In die­sem Jahr rech­ne ich mir gegen Stutt­gart ehr­li­cher­wei­se nicht so viel aus, schon gar kein 5:0 für uns.

Nur weni­ge Fan­sze­nen schei­nen in der Bericht­erstat­tung so häu­fig erwähnt zu wer­den wie die von Dres­den. Wel­che The­men beschäf­ti­gen denn die Dyna­mo-Fans der­zeit abseits des Spiel­felds?

Das bewe­gen­de The­ma in der Dyna­mo­sze­ne ist der­zeit nach wie vor das Nach­spiel des Auf­tritts in Karls­ru­he im Mai 2017. Mit dem Auf­marsch und dem Mot­to “Krieg dem DFB” wur­de hier ja eine bun­des­wei­te Pro­test­be­we­gung in Gang getre­ten, was bei Ver­band und Sicher­heits­be­hör­den nicht gera­de für Freu­den­sprün­ge gesorgt hat. Im Nach­gang kam es zu zahl­rei­chen Ver­fah­ren und Haus­durch­su­chun­gen bei Ultras und ande­ren Anhän­gern. Teil­wei­se ste­hen da aber­wit­zi­ge Anschul­di­gun­gen im Raum, wel­che mit der Sache eigent­lich nichts zu tun haben. Jüngst gab es auch die ers­ten Ver­ur­tei­lun­gen. Auf­grund von Geld­stra­fen und Anwalts­kos­ten ist bei den ins­ge­samt 58 betrof­fe­nen Anhän­gern inzwi­schen in Sum­me ein sechs­stel­li­ger Betrag zusam­men­ge­kom­men, wel­chen die Initia­ti­ve “SOKO Dyna­mo” unter Mit­hil­fe des Ver­eins sowie eini­gen Ex-Spie­lern, wie bspw. Jens Jere­mies, ver­sucht zu stem­men. Auch Sze­nen ande­rer Klubs haben sich, bereits soli­da­ri­siert.

Abschlie­ßend: Dein Tipp fürs Spiel?

Für einen Punkt muss es schon sehr gut für uns lau­fen. Ich tip­pe jedoch eher auf ein kla­res 3:0 für den VfB.

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