Nach drei Auswärtsspielen in Folge tritt der VfB am Sonntag endlich wieder im heimischen Neckarstadion an. Die Frage ist, ob der Verlauf des Pokalspiels in Paderborn neue Kräfte freigesetzt oder einfach nur alte Probleme bestätigt hat.
Ja, so langsam kann man sich dran gewöhnen. An die pure Ekstase in der letzten Minute. Augsburg, Hertha, jetzt Paderborn. Ist im Stadion nochmal was ganz anderes, wenn Du am nächsten Tag arbeiten musst und schon allein deswegen hoffst, dass die Jungs mit dem Brustring irgendwie noch einen reinmurmeln. Nachdem Du dich 86 Minuten lang gefragt hast, warum Du Dir das eigentlich antust, dieses Retro-Spiel aus Zweitliga-Zeiten. Wenn dann dein Torwart beim Torjubel bis vor den Gästeblock sprintet, dann weißt Du warum. Aber trotzdem: Gegen etwas weniger Spannung ab und zu hätte ich auch nichts. Ob das gegen Bremen besser wird? Immerhin haben die Oliver Burke jetzt an Milwall verliehen, der kann uns schon mal nicht mehr durchrutschen. Ein Spiel ohne hanebüchene Torwart- oder Abwehrfehler. Das wäre ja schonmal ein Fortschritt. Denn jetzt beginnt so langsam die Zeit, in der man mit konkreteren Punkte-Hochrechnungen anfängt. Wo gibt es noch was zu holen, wo nicht? Denn eine Wachstumsstrategie hat der VfB am dringlichsten auf seinem Punktekonto nötig. 16 Punkte aus 18 Spielen ist die viertschlechteste Bilanz der VfB-Bundesligageschichte zu diesem Zeitpunkt. In den Abstiegs-Spielzeiten 1974/75 und 2018/2019 hatte man nur 14 Punkte, 2010/2011 immerhin 15. und den gleichen Trainer wie aktuell. Aber: Nur drei Siege aus 18 Spielen ist ein weiterer Negativrekord unserer Geschichte. Aber blicken wir erstmal auf die
Personalsituation
Tiago Tomás fehlt weiterhin, auch Silas ist für Sonntag noch keine Option wie eben auf der Pressekonferenz zum Spiel vermeldet. Erfreulicherweise sieht das bei Zagadou, der in einem atemberaubenden Tempo wieder fit wurde, und Sosa, der übrigens vor seiner fünften gelben Karte steht, anders aus. Beide sind eine Option für den Kader. Ob es sinnvoll ist, sie in eine
Mögliche Startaufstellung
zu packen, ist eine andere Frage. Ich würde sie erstmal auf der Bank lassen.
Labbadia wird auf Anton nicht verzichten, ich schon. Vor allem muss Stenzel endlich auf rechts starten. Nartey macht seine Sache bisher ordentlich auf links, wo er auch schon, wenn auch weiter vorne, in Sandhausen während seiner Leihe erfolgreich gespielt hat. Haraguchi wird wahrscheinlich gleich einen Mittelfeldplatz erobern, auch weil Vagnoman auf keiner der beiden Außenverteidigerpositionen gerade gut in Form ist. Vorne würde ich gerne wieder die Zielstrebigkeit sehen, die Thomas Kastanaras in Leipzig an den Tag gelegt hat. Mit Perea und Dias hat man dann immer noch Optionen in der Hinterhand.
Statistik
Ein bisschen Statistik hattet Ihr ja eingangs schon. Was man nicht denken würde (aber auch jeweils einem Abstieg geschuldet ist): Der VfB hat seit knapp 4 Jahren nicht mehr gegen Bremen verloren, die letzte Heimniederlage gegen Werder datiert fast genau zehn Jahre zurück. Das heißt noch nicht, dass wir am Sonntag gewinnen oder gar noch zu Null spielen, aber ein Angstgegner sieht schon mal anders aus. Dass wir zu Null spielen ist schon deswegen unrealistisch, weil mit Niclas Füllkrug der aktuell Führende der Torschützenliste ins Neckarstadion kommt. Und Mitchell Weiser (ja, Mitchell Weiser) ist mit bereits sieben Assists auch ziemlich weit vorne mit dabei und findet sich auch in allen Laufstatistiken (Kilometer, Sprints und intensive Läufe) auf den vorderen Plätzen. Da sollten wir unsere Laufbereitschaft eventuell ein wenig anpassen, auch wenn er damit in seiner Mannschaft die Ausnahme darstellt. Zum Glück ist er nach der fünften gelben Karte gesperrt. Danke für den Hinweis in den Kommentaren. Nur Marcus Thuram und Michael Gregoritsch schießen häufiger aufs Tor als Marvin Duksch. Mit Marco Friedl (38) und Dinos Mavropanos (35) treffen übrigens die beiden Spieler mit den meisten abgefangenen Bällen aufeinander. Zur Beruhigung: Bremen hat, nicht zuletzt aber nicht nur wegen der Klatsche in Köln die drittmeisten Gegentore der Liga, fünf mehr als der VfB, und hat auch erst zwei Mal zu null gespielt. Jiri Pavlenka und Michael Zetterer, der ihn in einem Spiel vertrat, haben nur eine Fangquote von etwas mehr als 60 Prozent, stehen aber bei den post shot expected goals immerhin drei Tore besser da als Florian Müller.
Fazit
Langweilig wird es auch am Sonntagnachmittag mit Sicherheit nicht werden. Ich habe es eigentlich schon aufgegeben, auf eine durchgängig konzentrierte Abwehrleistung zu hoffen. So langsam muss auch Bruno Labbadia allerdings mit dieser Mannschaft auch die Kurve kriegen und die Balance zwischen stabiler Abwehrarbeit und kreativen und vor allem schnellen Offensivaktionen finden. Natürlich können wir auch ein wildes Spiel für uns entscheiden, aber wie schon weiter oben angesprochen: Das Rechnen geht los. Wir können uns nicht einfach, wie schon die ganze Saison, Woche für Woche unnötige Punktverluste erlauben. Man kann auch einen Niclas Füllkrug effektiv vom Tor fernhalten. Oder zumindest ein Tor mehr schießen als er. Und auch wenn ich wie eine gesprungene Schallplatte klinge: Ich erwarte jetzt von der Mannschaft endlich einen konzentrierten und motivierten Auftritt. Und von Labbadia eine Aufstellung, die die vorhandenen Stärken der Mannschaft am Besten zur Geltung bringt.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
Immerhin fehlt Mitchell Weiser (5. gelbe Karte).
Das ist schön zu hören. 🙂 Danke, hab es korrigiert.