Etwas später als sonst, Brotberuf sei dank, die Vorschau auf das immens wichtige Spiel gegen Bochum.
Natürlich ist es Quatsch, das Spiel gegen Bochum zum Endspiel um den Klassenerhalt zu deklarieren: Endspiele haben für gewöhnlich einen Sieger und sei es, dass der im Elfmeterschießen ermittelt wird. Das Hinspiel an der Castroper Straße endete hingegen in einem müden 0:0. Auch für Pellegrino Matarazzo dürfte es kein Endspiel sein, wenn sich Sven Mislintat nicht in Reschkesche Sphären der Unglaubwürdigkeit begeben will. Was bleibt ist ein sehr wichtiges Spiel gegen einen schwierigen, aber schlagbaren Gegner. Ich habe mich ja, wie ihr nach dem Leverkusen-Spiel lesen konntet, auf Zweckoptimismus verlegt. Und der hat auch die Woche über angehalten, auch wenn mein Wunsch vom letzten Wochenende nicht in Erfüllung ging:
Ich hätte gern einfach mal ne Woche ohne personelle Hiobsbotschaften und Interviews. Kriegen wir das hin? #VfB
— Lennart Sauerwald (@l_sauerwald) February 12, 2022
Denn natürlich meldeten sich weitere ehemalige VfBler zu Wort, in persona Kevin Kuranyi, Ex-Berater von Ex-VfB-Spieler und aktuellem englischen Drittliga-Spieler Leon Dajaku sowie Ex-Sportvorstand Robin Dutt. Und die personellen Hiobsbotschaften?
Personalsituation
Nunja. Auch in dieser Woche vermeldete der VfB drei neue Corona-Fälle, nachdem sich Waldemar Anton und Omar Marmouh gerade auskuriert haben: Daniel Didavi, Tang Coulibaly und Enzo Millot fallen fürs Bochum-Spiel aus. Da es eine Heimspiel ist, hätte Didavi immerhin im Kader stehen können — und er wird, wie es aussieht, wohl auch wieder auswärts mitfahren dürfen — auch Enzo Millot war ja eigentlich immerhin auf dem Sprung auf die Bank. Und Coulibaly hätte am Samstag je nach Spielstand vielleicht sogar eine Einwechslung bekommen. Vielleicht aber auch nicht, denn eigentlich ist der VfB offensiv so gut aufgestellt wie lange nicht, mit einer Ausnahme:
Sasa #Kalajdzic steigt heute wieder ins Mannschaftstraining ein. „Wir müssen schauen, ob er das Training durchziehen kann und ob seine Wade reagiert“, sagt Pellegrino #Matarazzo. #VfB | #VfBPK
— VfB Stuttgart (@VfB) February 18, 2022
Seien wir mal (zweck-)optimistisch, und hoffen, dass es für Kalajdzic auf jeden Fall für einen Einsatz reicht, entweder von der Bank oder in Startelf aber nicht über 90 Minuten. Dann hätte Matarazzo im Angriff ein Überangebot an, sagen wir mal, interessanten Spielern, die vielleicht auch ein bisschen die Torgefahr steigern: Omar Marmoush könnte den linken Halbstürmer geben, den er schon in der zweiten Liga bei St. Pauli so erfolgreich interpretiert hat und muss sich aber mit dem immer besser in Fahrt kommenden Chris Führich um diesen Platz streiten. Führich fehlt halt aktuell noch ein wenig die Zielstrebigkeit, die Marmoush auszeichnet. Im Sturmzentrum könnte Tomás an seine Leistungen vom Leverkusen-Spiel anknüpfen, entweder als Ersatz für Kalajdzic oder wenn er für diesen reinkommt. Vielleicht schafft dieses Überangebot an potenziell gefährlichen Spielern auch den Raum für Silas auf der rechten Seite, um Fahrt aufzunehmen, ohne sich in sechs Bochumer Beinen zu verheddern. Also, wie sieht die
Mögliche Aufstellung
aus?
Ursprünglich wollte ich gegen Bochum gegen den Ball auf die Dreierkette setzen, um vorne mehr Optionen zu haben. Jedoch verfügt auch der VfL — wie ihr gleich im Gegnergespräch lest — über schnelle Außenbahnspieler, so dass ich mich doch wieder für die Viererkette entschieden habe. Auf Twitter las ich den Vorschlag, Hiroki Ito eine Pause zu gönnen, dessen Leistungen eher schwankend sind. Ich könnte auch mit Stenzel auf rechts leben, Mit Mavropanos jedoch einen Spieler außen zu haben, der auch in der Lage ist, das Offensivspiel zu unterstützen, halte ich zunächst für wichtiger. Klar ist: Atakan Karazor muss wieder in der Startelf stehen. Wie Stenzel wird er gerne belächelt, man konnte jedoch gegen Leverkusen sehen, wie wichtig er in seiner Rolle hinter der Doppelsechs für die Stabilität der Mannschaft ist. Außerdem entlastet er damit Orel Mangala, der sich damit mehr in die Offensive einschalten kann. Vorne würde ich mit Führich und Silas in den Halbräumen starten. Je nach Spielsituation und Fitness könnte man zur Not auch Führich auf rechts ziehen und Marmoush links spielen lassen. Oder Tomás auf rechts ausweichen lassen und Marmoush in die Mitte ziehen. Das ist aber schon sehr spektulativ. Führich und Tomás sind im Spielrhythmus und haben in Leverkusen gut gespielt und sollten deshalb in der Startelf stehen, mit Marmoush und Kalajdzic hat man dann noch sehr gute Optionen in der Hinterhand.
Und wie ist die
Lage beim Gegner
…? Darüber haben wir mit VfL-Fan Nick (@VfL_Nick1848) gesprochen:
Was ist Dein Gefühl vorm Spiel?
Gemischte Gefühle. Einerseits schiss den “Bayern Fluch” zu bekommen, das was Gladbach bekommt wenn sie gegen Bayern gewinnen, danach nix mehr auf die Kette zu bekommen. Anderer Seite ist es ein extrem wichtiges Spiel und man könnte sich mit 3 Punkten gut absetzen. Es hängt viel von dem Spiel ab und ich bin nervöser als gegen Bayern.
Wer fehlt bei Euch?
Simon Zoller und Elvis Rexhbecaj
Was sind derzeit Eure Stärken und Schwächen und auf wen müssen wir Acht geben?
Unsere stärken momentan sind definitiv auf den außen. Mit Gerrit Holtmann und Christopher Antwi-Adjei die unnormal schnell sind. Außerdem ist die Defensive meist sehr stabil mit Armel Bella-Kotchap und Maxim Leitsch und Danilo Soares. Stafylidis und Gamboa sind auch sehr wichtig, da variiert Trainer Thomas Reis aber oft. Er stellt dann öfters nach Gegner auf aber Armel und Leitschi sind eigentlich immer gesetzt in der Defensive.
Was euch zugute kommen könnte ist die Offensive da wir dort öfters patzen und eine relativ schlechte Verwertung haben.
Apropos Verwertung — blicken wir auf die
Statistik
Zunächst mal die des Gegners. Bochum steht mit relativ entspannten 28 Punkten und damit zehn Punkten mehr als der VfB auf Platz 11 und spielt im Grunde unsere vergangene Saison nach. Unser 5:1 in Dortmund war ihr 4:2 gegen die Bayern am vergangenen Wochenende. Zwischendurch gelangen den Bochumern ein, zwei Mal zwei Siege am Stück, allerdings verloren sie auch in Bielefeld, aktuell sind sie seit vier Spielen ungeschlagen. Sie haben zwar zwei Tore weniger geschossen als der VfB, aber auch zehn weniger kassiert. Top-Torjäger ist aktuell Sebastian Polter mit sieben Treffern. Bemerkenswert ist, dass sowohl der VfL, als auch der VfB bei den gängigen Laufstatistiken eher am Tabellenende auftauchen. Insgesamt ist es das 76. Aufeinandertreffen der beiden Vereine, das 66. in der Bundesliga und das erste Bundesliga-Heimspiel gegen Bochum seit dem Dezember 2009, als der VfB in Überzahl die 1:0‑Führung durch Serdar Tasci nicht über die Zeit brachte. Ja, es war das unrühmliche letzte Spiel von Markus Babbel als VfB-Trainer, samt Menschenauflauf vor der Haupttribüne nach dem Spiel. Im Neckarstadion verloren wir zuletzt 1987 gegen Bochum und auch sonst sieht die Bilanz von einer Niederlage im Pokal abgesehen gut aus. An die letzte Liga-Niederlage in Bochum erinnere ich mich auch nur zu gut, es war das vorletzte Spiel von Matthias Sammer, in dem der VfB 2005 die Champions League-Teilnahme so gut wie verspielte. Aber wir spielen ja zu Hause.
Ausblick
Joa, wir brauchen drei Punkte, Ende der Durchsage. Bochum wird nach dem Bayern-Spiel auch nicht ganz genau wissen, wo sie stehen: War die glanzvolle Leistung gegen den Quasi-Meister der Peak der Saison oder können sie daran anknüpfen? Der VfB muss hier von Beginn an hellwach sein und darf den Gästen gar nicht erst das Gefühl geben, es ginge hier direkt so weiter. Da darf dann aber auch wirklich nichts schief gehen: Keine vergeigten Standardsituationen vor dem eigenen Tor, keine Harakiri-Pässe in den eigenen Sechserraum Im Spielaufbau, keine sinnlosen Egotrips vorne. Selbst bei einem Sieg sind wir immer noch 17., aber ein Sieg könnte ein Aufbruchsignal sein und der der psychisch angeschlagenen Mannschaft klar machen, dass sie zum einen noch gewinnen kann und zum anderen das rettende Ufer zum Greifen nahe ist — wenn das Ufer mitspielt. Ich bin jetzt einfach mal optimistisch und hoffe, dass genau das eintritt. Was bleibt mir auch anderes übrig?
Titelbild: © Frederic Scheidemann/Getty Images