Bezwingt der VfB am Montag Rostock im zweiten Versuch? Über das Spiel an der Ostsee und den FC Hansa sprachen wir mit Fan und Blogger Uwe (@Hanseator).
Rund um den Brustring: Hallo Uwe und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Stell Dich doch bitte zunächst einmal vor: Wie bist Du Hansa-Fan geworden und seit wann bloggst Du unter hanseator.com über Deinen Verein?
Uwe: Dass ich mal Hansafan würde, war bei meiner Geburt alles andere als abzusehen. Ich bin in Ostthüringen aufgewachsen, meine Heimatstadt Altenburg gehörte damals zum Bezirk Leipzig. Und so landete ich, als ich mich für Fußball zu interessieren begann und die ersten Stadionbesuche anstanden, fast zwangsläufig in der damaligen Bezirksstadt und fuhr relativ regelmäßig zu Spielen des 1. FC Lok Leipzig.
Ende 1987 verschlug es mich beruflich nach Mecklenburg, nach einer ziemlich langen Stadion-Auszeit musste ich gegen Ende der 1990er Jahre einfach wieder los und sah mein erstes Spiel im Ostseestadion, bei dem ich nicht für den Gastverein die Daumen drückte. In den folgenden Jahren wuchs nach und nach meine Sympathie für die Hanseaten, nicht zuletzt aufgrund der einzigartigen Atmosphäre im Ostseestadion und der begeisternden Unterstützung und des beeindruckenden Rückhaltes für den Verein überall in Mecklenburg-Vorpommern.
Ab 2006 – inzwischen war ich nach und nach vom vorsichtigen Sympathisanten fast zum Allesfahrer mutiert – wurde ich Autor und Redaktionsmitglied bei hansafans.de, im Jahre 2011 startete als eine Art „Soloprojekt“ das Hanseator-Blog, hauptsächlich, um über Fußball außerhalb des hanseatischen Dunstkreises oder Musik zu schreiben. Während unser Autorenteam bei hansafans.de immer kleiner wurde, verlagerte ich allmählich auch das Thema Hansa mehr und mehr auf das Blog, ohne dass daraus nun eine reine Hansa-Seite wurde, weil ich dafür einfach nicht mehr regelmäßig genug im Stadion bin, wofür es verschiedene Gründe gibt, die nicht beim FCH liegen. Aber hin und wieder juckt es immer noch in den Fingern, also wird diese Seite auch weiterhin immer mal wieder mit hanseatischen Inhalten beziehungsweise meinem Senf dazu gefüttert.
In den letzten beiden Spielzeiten erreichte Hansa Platz 6 in der 3. Liga. Was fehlt dem Verein noch zur Rückkehr in die zweite Liga und wie siehst Du die Chancen in diesem Jahr?
Unser Hauptproblem ist aus meiner Sicht die fehlende sportliche Stabilität und Kontinuität auf, aber auch neben dem Platz, in Verbindung mit dem fast schon klassischen Unvermögen, in (vor-)entscheidenden Spielen einer sehr ausgeglichenen Liga sogenannte „Big Points“ einzufahren. Das ist etwas, was uns Aufsteiger in den letzten Jahren klar voraus hatten, da sehe ich besonders Paderborn und Magdeburg als Beispiele. Es wird also auch in dieser Saison sehr schwierig.
Auf den ersten Blick hattet Ihr in dieser Sommerpause einen relativ großen personellen Umbruch: Zwölf Neuzugängen stehen 14 Abgänge gegenüber. Wie kam der zustande und wie zufrieden bist Du mit den sommerlichen Transfers?
Der personelle Umbruch ist mittlerweile schon ein Markenzeichen des F.C. Hansa. Häufige Trainerwechsel und Umbesetzungen des Sportvorstandes finden zwangsläufig ihre Fortsetzung in der Zusammenstellung der Mannschaft. Spieler, die sich etwas aus der Masse herausheben und eine halbwegs vorzeigbare Serie spielen, wecken wiederum das Interesse der Konkurrenz oder auch höherklassiger Vereine, was dann nach jeder Saison die sportlich Verantwortlichen zwingt, wieder ein neues Team zusammenzubasteln, mit dem vielleicht doch mal das große Ziel erreicht werden kann.
Als sich der VfB und Hansa das letzte Mal trafen, vor ziemlich genau einem Jahr, hieß der Trainer noch Pavel Dotchev. Am Montag wird Jens Härtel auf der Bank sitzen, außerdem ist Ex-Torwart Martin Pieckenhagen seit letzter Saison Sportvorstand. Wie machen sich die beiden bisher?
Das ist für mich aus der „Ferne“ schwer zu beurteilen. Aber letzten Endes wird man sie an den erreichten Ergebnissen beurteilen. Nimmt man den Saisonstart in der 3. Liga zum Maßstab, steuert das Duo durch stürmische See. Das ist aber auch nicht so neu für uns. Eine gewisse Kontinuität haben wir also doch.
In der 3. Liga holte Rostock bisher vier Punkte aus vier Spielen, am Wochenende ging das Auswärtsspiel in Unterhaching mit 0:1 verloren. Wie bewertest Du Euren Saisonstart?
Wir sind mit großen Erwartungen gestartet. Schließlich lautete ja schon in der letzten Saison das Motto #gemeinsamnachoben, was bekanntlich nicht geklappt hatte. An der vereinsinternen Zielsetzung Aufstieg sollte sich nichts geändert haben, auch wenn das nicht mehr so offensiv kommuniziert wird. Vor diesem Hintergrund sind die ersten Ergebnisse schon enttäuschend. Wenn man dann noch das Zustandekommen sieht (3:0‑Führung im Heimspiel gegen Viktoria Köln verspielt, relativ blutleere Auftritte bei beiden Auswärtsniederlagen), kann man erst recht nicht zufrieden sein. Ein bisschen Hoffung auf (dauerhafte) Besserung ist ja trotzdem immer da. Irgendeinen Sinn muss eine so lange Saison wie in der 3. Liga (38 Spiele) ja auch haben. Vielleicht holen wir uns ja doch noch den einen oder anderen Punkt zurück.
Ich habe ja das letzte Pokalduell vor einem Jahr gerade schon angesprochen. Wie waren die Reaktionen in Rostock auf dieses außergewöhnliche Los?
Ich habe die Auslosung im Fernsehen verfolgt, zunächst war ich erst mal froh, dass es nicht der zu diesem Zeitpunkt noch im Lostopf befindliche FC St. Pauli geworden ist. Die will ich erst im Finale haben. Die Erleichterung wich schnell einem „Nöö, nicht schon wieder.“ Nach und nach stellte sich dann aber doch eine gewisse Akzeptanz ein. In Hansafan-Kreisen machten schnell die üblichen Witzchen die Runde: Jetzt kriegen wir die Freilose nicht mehr nur im Landespokal, sondern auch im „großen“ Wettbewerb. Eine „Service-Info“ ging herum, dass am nächsten Montag schon der Kartenverkauf für die zweite Runde beginnen würde. Diese Späßchen mal beiseite geschoben – letztlich ist der VfB schon ein attraktives Los, das Stadion wird wieder gut gefüllt sein. Es ist ein Gegner, der auch eine ordentliche Zahl an Fans mitbringen wird (man stelle sich nur Heidenheim oder Hoffenheim vor). Ich denke schon, dass wir uns – egal, wie es ausgeht, — auf einen tollen Pokalabend freuen dürfen.
Was ist eigentlich mit Euch los, dass der VfB in Rostock noch nie ein Pokalspiel gewinnen konnte? Ist es die Ostseeluft?
Netter Versuch, vielleicht findet ihr es ja diesmal heraus, woran es liegt. Aber vielleicht beruhigt euch das ja: Es ist keine Schande, gegen Hansa Rostock zu verlieren.
Unser ehemaliger Stürmer der zweiten Mannschaft, Pascal Breier, steht immer noch bei Euch unter Vertrag. Wie läuft es bei ihm?
Er kommt regelmäßig zu seinen Einsätzen, ist unser erfolgreichster Torschütze daher kommt der Trainer an ihm natürlich nicht vorbei. Ich wünsche ihm, dass das so bleiben möge, schließlich haben wir ja alle etwas davon.
Vor wem muss sich der VfB abgesehen von Breier am Montag in Acht nehmen?
Ich denke, ihr dürft euch auf eine sehr kompakte, engagierte Mannschaft einstellen. Eine wichtige Rolle kommt dabei fast folgerichtig dem im Sommer aus Wiesbaden zu uns gewechselten Torwart Kolke zu, der mit seiner Ausstrahlung und Sicherheit zu einem sehr guten Rückhalt für die Defensive werden kann und dies in den ersten Spielen schon unter Beweis stellen konnte. Vielleicht kann er ja sogar Elfmeter halten.
Generell: Was sind die Stärken und Schwächen der derzeitigen Hansa-Elf?
Schwer zu sagen, wegen der Instabilität in ihren Darbietungen ist die Mannschaft nur schwer auszurechnen. Wenn man so will, ist das vielleicht sogar eine Stärke.
Und was beschäftigt die Rostocker Fans derzeit abseits des Spielfelds?
Ein schwerwiegendes Thema ist die beabsichtigte Neufassung des „SOG“ (das Polizeigesetz für Mecklenburg-Vorpommern). Die darin vorgesehene weitere Aufweichung rechtsstaatlicher Grundsätze in der Ermittlungstätigkeit hat ein breites, vielschichtiges Bündnis im ganzen Bundesland auf den Plan gerufen, bei einer Demonstration des Bündnisses „SOGenannte Siherheit“ zum Schweriner Landtag Anfang Juli ist eine stattliche Abordnung der Rostocker Fanszene in Erscheinung getreten, die diesen Prozess auch weiterhin aktiv und kritisch verfolgen wird. Schließlich dürfen gerade Fußballfans immer wieder jede Menge persönliche Erfahrungen mit der kreativen Auslegung demokratischer Grundrechte sammeln. Aber dieses Thema beschäftigt ja auch die Fans in Baden-Württemberg.
Falls jemand letztes Jahr von Rostock außer dem Ostseestadion nichts gesehen hat: Hast Du einen touristischen Geheimtipp für uns?
An so einem Spieltag ist naturgemäß nicht viel Zeit für andere Aktivitäten, aber ein kleiner Ausflug nach Warnemünde lohnt sich für Tagesgäste immer. Nur eine Bitte: Füttert dort bitte nicht die Möwen! Erstens machen das nur Sachsen. Zweitens gibt das Ärger mit dem Ordnungsamt. Aber sonst – habt einen schönen Tag an der Ostsee.
Zum Abschluss: Dein Tipp fürs Spiel?