Rund um das Pokalspiel in Rostock Vol. 3

Schon wie­der geht es für den VfB in der ers­ten Pokal­run­de nach Ros­tock. Vor dem drit­ten Duell mit den Nord­deut­schen in Fol­ge haben wir uns mit Han­sa-Fan Mia unter­hal­ten.

Rund um den Brust­ring: Hal­lo Mia und vie­len Dank, dass Du Dir Zeit für unse­re Fra­gen nimmst. Stell Dich doch bit­te erst­mal vor: Wie bist Du Han­sa-Fan gewor­den?

Maria: Das wer­de ich tat­säch­lich oft gefragt. Wenn man aus Thü­rin­gen kommt, gibt es da auf den ers­ten Blick ande­re Adres­sen, als den gro­ßen F.C. Han­sa. Jedoch ist das Rät­sel schnell gelöst wenn man weiß, dass mei­ne Fami­lie zum Teil aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern kommt. Zusam­men­ge­fasst kann man also sagen, dass ich durch mei­nen Papa zu Han­sa gekom­men bin. All­ge­mein dreht sich bei uns vie­les um Han­sa. Mei­ne Eltern haben auch bei­de eine Dau­er­kar­te, fah­ren zu fast jedem Heim­spiel von Thü­rin­gen aus. Mein Nef­fe rennt beim Trai­ning sei­nes Ver­eins hier in Thü­rin­gen zwi­schen den gan­zen Kids mit Tri­kots von Carl Zeiss Jena oder Mes­si und Ronal­do stolz mit sei­nen Han­sa-Tri­kots über den Platz. Rich­tig unter­wegs mit Han­sa bin ich seit der ers­ten Dritt­li­ga­sai­son 2010/11. Seit­dem haben maxi­mal eine Hand voll Spie­le pro Sai­son ohne mich statt­ge­fun­den. Die Erleb­nis­se der Fahr­ten habe ich irgend­wann in einem Blog fest­ge­hal­ten, der mit der Zeit auch recht bekannt gewor­den ist. Dadurch wur­de ein Autor von Turus auf mich auf­merk­sam, der mich dann frag­te, ob ich nicht auch dort mal was schrei­ben möch­te. Die Reich­wei­te dort ist natür­lich noch­mal eine ganz ande­re. Mitt­ler­wei­le schrei­be ich eher sel­ten in mei­nem Blog und mehr für Turus, was hof­fent­lich in der Zukunft wie­der mehr wird, wenn die Sai­son wie­der los­geht und end­lich wie­der Zuschau­er in den Sta­di­en erlaubt sind.

Dass der VfB und Ros­tock zum drit­ten Mal in Fol­ge in der ers­ten Pokal­run­de auf­ein­an­der­tref­fen, stand zwar bei der Aus­lo­sung noch nicht zu 100 Pro­zent fest, es war aber abseh­bar. Glück­wunsch zum Lan­des­po­kal­sieg. übri­gens! Was hast Du Dir gedacht, als das Los fest­stand?

Zunächst ein­mal Dan­ke für die Glück­wün­sche. Auch wenn man mei­nen soll­te, dass es für Han­sa mit der abso­lu­ten Vor­macht­stel­lung in MV ein Leich­tes sein soll­te, den Pokal zu gewin­nen, so hat uns die Ver­gan­gen­heit schon ab und zu eines Bes­se­ren belehrt. Von daher war ich schon ziem­lich erleich­tert, dass wir das Ding wie­der geholt haben. Gera­de für einen Dritt­li­gis­ten sind die Ein­nah­men aus dem Pokal ein­fach extrem wich­tig.

Mein ers­ter Gedan­ke war tat­säch­lich “nicht euer Ernst?!”. Der zwei­te Gedan­ke ging sofort an Freun­de und Kol­le­gen, die Fans des VfB sind und die ich wäh­rend mei­ner Aus­bild­und ken­nen­ler­nen durf­te. Einer hat­te die Aus­lo­sung nicht geschaut und dach­te, ich wür­de mir einen Spaß mit ihm erlau­ben.

Eine Kol­le­gin auf Arbeit, auch Anhän­ge­rin des VfB, hat eine klei­ne Erin­ne­rung an eine Akti­on von vor zwei Jah­ren bekom­men. Ich will hier nicht zu viel ver­ra­ten, aber die Kol­le­gin passt seit­dem erstaun­lich gut auf ihre Fah­ne im Büro auf.

Der FCH ist jetzt drei Mal in Fol­ge als Tabel­len­sechs­ter ins Ziel ein­ge­lau­fen. Was fehlt Euch noch zum Zweit­li­ga-Auf­stieg?

Das ist wie­der eine die­ser berühm­ten Fra­gen, zu der ich gan­ze Roma­ne ver­fas­sen könn­te. Letzt­end­lich ist es aber schnell gesagt: Kon­ti­nui­tät. Wir haben min­des­tens zwei­mal in der Sai­son eine Pha­se, in der irgend­wie gar nichts läuft. Dazu kommt, dass wir zumin­dest in einem Punkt dann doch Kon­ti­nui­tät bewei­sen: Immer wenn man die Chan­ce hat, ganz oben rein­zu­rut­schen, dann ist auf ein­mal alles ver­ges­sen, was in den Wochen davor funk­tio­niert hat. In den meis­ten Fäl­len ver­hin­dern dann blut­lee­re Auf­trit­te oder sinn­lo­se Nie­der­la­gen gegen eigent­lich fest­ste­hen­de Abstei­ger den Sprung nach oben. Sowas nervt auf Dau­er wirk­lich extrem.
All­ge­mein feh­len uns schon seit län­ge­rem auch die Typen, die dann auf dem Platz mal ein Zei­chen set­zen oder auch mal im Inter­view Kri­tik an der Ein­stel­lung der Mann­schaft üben. Die Spie­ler und lei­der auch Trai­ner in den letz­ten Jah­ren hat­ten oft (nicht immer, aber wirk­lich oft) den Hang dazu, vie­les schön zu reden. Da fragt man sich dann als Fan natür­lich auch, ob die das manch­mal selbst glau­ben, was sie dort erzäh­len.

Was ist Han­sas Sai­son­ziel für 2020/21?

Seit­dem der Slo­gan “Gemein­sam nach oben” vor ein paar Jah­ren mit Anlauf in die Hose ging, hält man sich da von Ver­eins­sei­te wie­der ein biss­chen zurück. Ich gehö­re eher zu der Frak­ti­on “Wenig erwar­ten und umso mehr freu­en, wenn die Erwar­tun­gen über­trof­fen wer­den”. Wenn dann der Trai­ner sagt, dass man schon vor hat, die­ses Ergeb­nis zumin­dest zu bestä­ti­gen, dann geh ich da abso­lut mit, auch wenn die Liga die­ses Jahr bis auf weni­ge Aus­nah­men wie­der schwerz ein­zu­schät­zen ist.

Rein aus finan­zi­el­ler Sicht kann das Ziel nur der Auf­stieg sein. Im Gegen­satz zu ande­ren Ver­ei­nen ver­sucht man das aber mit mode­ra­ten Mit­teln und nicht mit vol­lem Risi­ko. Ich den­ke, dass es die­ses Jahr schwer wer­den wird. Dyna­mo Dres­den hat lan­ge in der 2. Liga gespielt und ein­fach ein ganz ande­res Bud­get zur Ver­fü­gung als die rest­li­chen Dritt­li­gis­ten. Dazu kom­men Ver­ei­ne wie Ingol­stadt, Duis­burg oder Kai­sers­lau­tern, die sich in der letz­ten Sai­son schwer getan haben oder knapp am Auf­stieg geschei­tert sind, die auch mit gro­ßen Ambi­tio­nen in die Liga gehen wer­den. Und dann ist da immer einer der Auf­stei­ger, der los­legt wie die Feu­er­wehr und im dümms­ten Fall nicht mehr zu brem­sen ist, wenn er ein­mal ins Rol­len kommt.

Auf­grund der Erkennt­nis­se der Jah­re vor den 6. Plät­zen hal­te ichs mit dem Trai­ner, der letz­tens mein­te “so schnell wie mög­lich die 40 Punk­te holen und dann schau­en wir mal, wohin die Rei­se geht”.

Wie lief denn Eure Sai­son­vor­be­rei­tung so? Hast Du ein gutes Gefühl für die kom­men­de Spiel­zeit?

Pascal Breier (l.) ist nicht nur wegen seiner Tore wichtig für Hansa. © Martin Rose/Bongarts/Getty Images
Pas­cal Brei­er (l.) ist nicht nur wegen sei­ner Tore wich­tig für Han­sa. © Mar­tin Rose/Bongarts/Getty Images

Sai­son­vor­be­rei­tung ist gut gesagt. Wäh­rend ande­re noch im Urlaub waren, muss­te bei Han­sa schon wie­der der Wett­kampf­mo­dus her, weil ja Mit­te August noch die Spie­le im Lan­des­po­kal anstan­den. Dadurch müss­te man eigent­lich im Ver­gleich zu ande­ren Teams schon eini­ges wei­ter sein. Dazu kommt, dass man es in den letz­ten Vor­be­rei­tun­gen geschafft hat, anstän­di­ge Geg­ner zu fin­den und sich nicht wie­der und wie­der für 15 Tore gegen einen Bezirks­li­gis­ten fei­ern zu las­sen.

Bis auf das letz­te Spiel in Kiel waren die Ergeb­nis­se ja abso­lut in Ord­nung. Um da eine abschlie­ßen­de Ein­schät­zung, gera­de in Bezug auf die “Taug­lich­keit” der Neu­zu­gän­ge abzu­ge­ben, hab ich aber schlicht zu wenig gese­hen. Rein von den Trans­fers her wird mir aber von allen Sei­ten ein­ge­re­det, dass man ein gutes Gefühl haben kann, von daher lass ich das mal so im Raum ste­hen.

Kom­men wir zu Eurem Kader: Dem gehör­te ja bis zum Som­mer noch Niko­las Nar­tey an, den wir jetzt an Sand­hau­sen in die zwei­te Liga wei­ter­ver­lie­hen haben. Was war dein Ein­druck von ihm?

Der gene­rel­le Ein­druck war nach anfäng­li­cher Kri­tik dann doch ganz gut. Wor­an er aber drin­gend arbei­ten soll­te, ist sein Tor­ab­schluss. Das war zum Teil echt gru­se­lig, was er da abge­lie­fert hat. Ich bin gespannt, ob er sich in der 2. Liga durch­set­zen kann. Ich bin da eher skep­tisch, las­se mich aber gern eines Bes­se­ren beleh­ren.

Aaron Opo­ku, der letz­te Sai­son elf Scor­er­punk­te gesam­melt hat, ist nach dem Ende sei­ner Lei­he zum HSV zurückg­ge­kehrt, Kai Bülow hat sei­ne Kar­rie­re been­det — muss unser Ex-Spie­ler Pas­cal Brei­er also vor­ne alles allein machen? Wie wich­tig ist er für Han­sa?

Die Wich­tig­keit von Pas­cal Brei­er liegt für mich zunächst ein­mal weni­ger im Sport­li­chen, als im Per­sön­li­chen. Er ist seit Lan­gem mal wie­der einer, der sei­nen Ver­trag ver­län­gert hat. Und zwar nicht um ein Jahr, son­dern gleich für drei Jah­re. Auf­grund der bis­her erziel­ten Tore und der doch vor­han­de­nen Kon­stanz an Tref­fern pro Sai­son ist er schon sowas wie eine Iden­ti­fi­ka­ti­ons­fi­gur, die es bei Han­sa in den letz­ten Jah­ren lei­der viel zu sel­ten gege­ben hat.

Sei­ne Ver­län­ge­rung war ein wich­ti­ges und schö­nes Zei­chen, aber sport­lich schät­ze ich, dass ihm John Ver­hoek ein biss­chen den Rang abge­lau­fen hat. Und auch wenn er das selbst wahr­schein­lich ungern hört, aber als Joker hat er mir in der Rück­run­de der letz­ten Sai­son am bes­ten gefal­len.

Da Han­sa aber schon lan­ge nicht mehr für über­ra­gen­de 20-Tore-Stür­mer bekannt ist, wird weder er noch John Ver­hoek oder wer auch immer dann dort vorn drin spie­len wird, alles allein machen müs­sen.

Nikolas Nartey spielte vergangene Saison leihweise an der Ostsee. © Cathrin Mueller/Getty Images for DFB
Niko­las Nar­tey spiel­te ver­gan­ge­ne Sai­son leih­wei­se an der Ost­see. © Cath­rin Mueller/Getty Images for DFB

Wie zufrie­den bist Du all­ge­mein mit den bis­he­ri­gen Som­mer­trans­fers, die ja noch bis 5. Okto­ber getä­tigt wer­den kön­nen?

Es ist jetzt nicht so, dass ich wegen eines Trans­fers in Jubel­stür­me aus­ge­bro­chen wäre, aber gene­rell kann man bis­her schon sagen, dass die Ver­ant­wort­li­chen ihre Haus­auf­ga­ben gemacht haben. Es wird ja immer viel davon gere­det, dass man x Spie­ler gehen las­sen muss­te. Der Kern der Mann­schaft aus dem letz­ten Jahr ist aber zusam­men geblie­ben. Der ein­zi­ge, bei dem ich aktu­ell Beden­ken habe, dass man ihn gleich­wer­tig erset­zen kann, ist Kai Bülow. Der Rest waren ein­fach auch vom Typ her Spie­ler, die man eigent­lich recht oft fin­det, auch wenn sie viel­leicht nicht den Unter­hal­tungs­wert haben, wie ande­re Spie­ler der ver­gan­ge­nen Sai­son (Stich­wort: Pepic).

Gespannt bin ich, was für eine Rol­le Jan Löh­manns­rö­ben ein­neh­men wird. Er könn­te einer der oben ange­spro­che­nen “Typen” sein, der uns in den letz­ten Jah­ren gefehlt hat. Der Grat zum Unru­he­fak­tor in der Mann­schaft ist da aber immer sehr schmal, von daher las­sen wir uns mal über­ra­schen.

Jens Här­tel ist bereits seit Anfang 2019 Euer Trai­ner. Wie zufrie­den bist Du mit ihm?

Für unse­re Ver­hält­nis­se sind die andert­halb bzw. fast zwei Jah­re eine recht lan­ge Zeit für einen Trai­ner. Das heißt, er kann nicht viel falsch gemacht haben. Das ist auch mei­ne Mei­nung.

Was mich beson­ders freut ist, dass er auch auf Leu­te aus der eige­nen Jugend setzt, was unter den Vor­gän­gern oft kein schö­nes The­ma war. Lukas Scherff scheint unter Här­tel gesetzt zu sein und war in der Vor­be­rei­tung zum Teil als Kapi­tän unter­wes, Oli Daed­low hat sich schon das eine oder ande­re Mal zei­gen dür­fen dazu kom­men viel­leicht in der nächs­ten Sai­son die aktu­ell ver­lie­he­nen Michel Ulrich und Paul Wie­se.

Einem Ver­ein wie Han­sa und vor allem den Fans tut das enorm gut, sol­che Jungs in der Mann­schaft zu haben, die sich wirk­lich den Arsch auf­rei­ßen für ihren Ver­ein. Und Jens Här­tel scheint da ein Trai­ner zu sein, der sowas sieht und auch aner­kennt.

Das Spiel am Sonn­tag wird wahr­schein­lich vor 8000 Zuschau­ern statt­fin­den, aber ohne Gäs­te­fans. Was hältst Du davon?

Zum Einen bin ich froh, dass die Zeit der lee­ren Sta­di­en vor­bei ist und hof­fe, dass das ein ers­ter Schritt zu mehr und mehr Zuschau­ern sein kann und wird. Gera­de die Dritt­li­gis­ten sind auf die Zuschau­er­ein­nah­men ange­wie­sen und auf­grund der gerin­gen TV-Gel­der qua­si abhän­gig davon.

Auf der ande­ren Sei­te lebt die Stim­mung natür­lich auch durch Kon­kur­renz auf den Rän­gen. Davon schei­nen wir noch weit ent­fernt zu sein und damit auch von dem Sta­di­ongang, wie wir ihn alle ken­nen und lie­ben (ich mei­de an die­ser Stel­le bewusst den Begriff “Sta­di­on­er­leb­nis”).

Abschlie­ßend: Dein Tipp fürs Spiel?

Der gro­ße F.C. Han­sa gewinnt 2:0.

Und der VfB kann dann gern nächs­tes Jahr, wenn es dann hof­fent­lich zur Abwechs­lung mal nicht gegen Han­sa geht, wie­der in die zwei­te Run­de ein­zie­hen.

Titel­bild: © ima­go

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