Am Samstagabend tritt der VfB in Wolfsburg beim VfL an. Über die Lage bei den Niedersachen sprachen wir mit Wolfsburg-Experte Leonard Hartmann von der Braunschweiger Zeitung.
Rund um den Brustring: Hallo Leonard und danke, dass Du wieder unsere Fragen beantwortest. Der VfL Wolfsburg ist seit Mitte Dezember sieglos, der letzte Heimsieg datiert gar aus dem November. Wie steht es um die Standsicherheit von Niko Kovacs Stuhl? Retten ihm die vielen Unentschieden — sechs in den letzten acht Spielen — den Arbeitsplatz?
Leonard: Moin in den Süden! Klar, der Stuhl wackelt mal mehr und mal weniger, aber er fällt einfach nicht um. Auch deshalb nicht, weil die Leistungen eigentlich gar nicht so schlecht sind. Mal abgesehen von den ersten zwei, drei Spielen zu Beginn der Rückrunde war es vor allem zuletzt echt okay. Die Auftritte gegen Dortmund, Hoffenheim und Frankfurt waren in Ordnung. Nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Daher kommt man hier gar nicht vom Fleck — im Gegenteil. Wolfsburg sollte gut aufpassen, nicht zu sehr unten reinzurutschen, wobei das beim Blick auf die Tabellenstände der letzten Drei eher unrealistisch ist. Fakt ist: Je länger die Sieglosserie dauern, desto spürbarer werden die Turbulenzen auf dem Stuhl von Niko Kovac.
Hast Du generell eine Erklärung für die Durststrecke der ja auch in dieser Saison nicht ganz schlecht besetzten Mannschaft und wo siehst Du sie am Saisonende?
Die Erklärungsversuche der Verantwortlichen klingen in solchen Phasen an allen Bundesliga-Standorten eigentlich immer gleich: Zu wenig Konsequenz, keine Durchschlagskraft und wenig Glück. Stimmt auch in Wolfsburg irgendwie alles, aber das sind nur Teilerklärungen. Klar ist: Ein echtes, festes System mit immer wiederkehrenden Abläufen in der Offensive ist noch nicht in der Regelmäßigkeit zu erkennen, wie es ein Team bei der Qualität in dieser Saisonphase eigentlich zeigen sollte. Aber die zwei Tore gegen Frankfurt waren ein Anfang. Mit Behrens als Stoßstürmer sind die Wolfsburger noch ein Stück besser aufgestellt.
Zu Saisonbeginn konkurrierte Jonas Wind noch mit Viktor Boniface, Harry Kane und Serhou Guirassy um die Spitzenposition in der Torschützenliste, mittlerweile liegt sein letzter Treffer genauso lang zurück wie der letzte Heimsieg des VfL. Woran lag das und wie bewertest Du dahingehend die Verpflichtung von Unions Kevin Behrens?
Jonas Wind ist eigentlich gar kein echter Neuner, sondern, wenn man will, eine falsche Neun. Für den Mittelsturm hatten die Wolfsburger eigentlich Lukas Nmecha, der aber bisher verletzungsbedingt keine Rolle gespielt hat. Da musste Wind dann ganz vorne ran — und hat es richtig gut gemacht. Ich finde ihn technisch überragend und mit einem guten Gefühl für den Raum ausgestattet. Der wird noch seinen Weg machen. Und Behrens entlastet Wind nun vorne. Gutes Duo, die beiden. Für Lukas Nmecha wirds eng.
Der einzige Ex-VfBler im Kader, Tiago Tomás, fiel zuletzt mit Ellenbogenbeschwerden aus. Wie wichtig ist er für die Mannschaft?
Tiago Tomas spielt bisher nur eine Nebenrolle und dürfte auch in den kommenden Wochen keine Stammkraft sein.
Wo siehst Du in der aktuellen Lage die Stärken und Schwächen Wolfsburgs, auf wen müssen wir aufpassen?
Stark ist der VfL defensiv, die Organisation passt. Eigentlich. Denn das letzte zu-Null-Spiel datiert vom 16. Dezember. Das war auch gleichzeitig der bisher letzte Sieg der Grün-Weißen. Offensiv fehlen wie beschrieben vor allem die Abläufe und Automatismen.
Dein Tipp für die Startelf und das Ergebnis?
Tipp: 1:1 — wie zuletzt immer unter Kovac. Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel. Casteels — Baku, Lacroix, Jenz, Maehle — Arnold, Gerhardt — Majer, Cerny — Wind, Behrens.
Titelbild: © Stuart Franklin/Getty Images