Mit einem Auswärtsspiel in Köpenick startet der VfB in den Saisonendspurt. Über die Lage bei Union sprachen wir mit Stefanie vom Textilvergehen.
Rund um den Brustring: Hallo Steffi und vielen Dank, dass Du dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Nach der letzten Verschnaufpause der Saison liegt Union neun Spieltage vor Saisonende auf Platz 3 mit vier respektive fünf Punkten Rückstand auf Bayern und Dortmund. Wie häufig kneift man sich aktuell in Köpenick noch täglich und was ist Deiner Meinung nach in dieser Saison noch drin für Euch?
Stefanie: Wenn es die München-Fans nötig finden, dich mit „ihr werdet nie Deutscher Meister“ anzusingen, hast du eigentlich alles erreicht. Das war sehr, sehr lustig. Deutscher Meister werden wir eher nicht. Aber ich will auch nicht tief stapeln: Das war die beste und erfolgreichste Saison unserer Vereinsgeschichte. Krasser Weise sagen wir das aber seit 2019 jedes Jahr, und das ist das eigentlich bemerkenswerte daran. Wir denken immer, jetzt müsste doch mal Schluss sein, weil es einfach nicht dauernd vorwärts gehen kann. Weil es ganz normal ist, auch mal Rückschläge einzustecken, zu straucheln. Das ist bisher einfach nicht passiert. Die Älteren unter uns wissen: Kommt irgendwann. Aber bis dahin wird gefeiert. Alles andere wäre ja auch Quatsch. Wir würden gerne auch nächstes Jahr wieder durch Europa tingeln, und das ist auch nicht komplett abwegig. Und noch ein bißchen im Pokal spielen wär auch schön.
Wenn der FCU den aktuellen Platz verteidigen könnte, spielte er nächste Saison zum ersten Mal in der Champions League. Würde der Verein dann Deiner Meinung nach endgültig das Image der vergangenen Jahre ablegen und zu den “Großen” zählen oder meinst Du, man kann sich auch dann noch den Union-Spirit erhalten?
Klares Nein von meiner Seite. Wir sind ein Bundesligist. Wir haben uns da ein bißchen festgebissen. Das ist sehr schön. Wir haben in den europäischen Wettbewerben dazugelernt — aber auch gesehen, wie groß der Abstand zu den europäischen Spitzenmannschaften ist. Wer dort mithalten kann, gehört zu den Großen. Das sind wir nicht. Selbst wenn wir dort rein rutschen würden: Wir gehören aktuell nicht in die Champions League.
Was den Union-Spirit angeht: Das frage ich mich in letzter Zeit auch oft. Wir sind einfach sehr viele geworden. Wir haben inzwischen 50.000 Mitglieder, das ist schon ganz ordentlich. Aber das Wachstum ist auch Folge des sportlichen Erfolges. Es sind also wirklich viele Menschen dazu gekommen, die mit Union nichts wirklich Schlimmes erlebt haben, sondern immer nur besser und erfolgreicher geworden sind. Die Misserfolge schweißen stärker zusammen, als es Erfolge jemals könnten, glaube ich. Aber will ich deshalb die schlechten alten Zeiten zurück? Auf gar keinen Fall! Also müssen wir uns alle sehr viel Mühe geben, die guten Sachen rüber zu retten.
Das 2:0 gegen Frankfurt vor drei Wochen war der erste Liga-Sieg seit Anfang Februar. Kann man da von einer Durststrecke sprechen (einen 3:1‑Europapokalsieg gegen Ajax wollen wir natürlich nicht unter den Tisch fallen lassen)?
Diese permanenten englischen Wochen waren kräftezehrend, auch für das Publikum. Soviel Urlaub hat einfach kein Mensch, und so eine große Urlaubskasse auch nicht. Eine Freundin von uns hat Fansein bei Union während dieser Zeit als „wunderschönen Zweitjob“ beschrieben, wir sind einfach alle 3–4 Tage ins Stadion getapert, man hat manchmal die Vorverkaufsfristen verschwitzt oder wusste nicht mehr: Ist heute Pokal oder Punktspiel? Und dann haben wir Ajax Amsterdam aus der Europa League geworfen. Ehrlich, das hat sich kein bißchen nach Durststrecke angefühlt. Es war schon okay, in der Liga ein bißchen geerdet zu werden. Auch, wenn ich jedem Punkt hinterher trauere: Man wird sonst einfach größenwahnsinnig.
Über Urs Fischer brauchen wir nicht mehr zu sprechen, das Ergebnis seiner Arbeit spricht ja für sich. Wo siehst Du in dieser Saison die Stärken und die Schwächen Unions?
Dass wir defensiv stark sind, hat sich vermutlich rumgesprochen. Ich mag sehr, wie alle den „Terrorfußball Köpenick“ hassen. Dass wir nicht das torgefährlichste Team der Liga sind, ist aber ebenso wenig zu übersehen.
Sheraldo Becker ist mit sieben Toren Euer bester Torschütze. Auf wen müssen wir am Samstag noch aufpassen?
Die Tore schießt bei uns immer der, von dem ich es gerade am wenigsten erwarte. Kevin Behrens kann das, Josip Juranovic aber auch. Wenn ihr was schönes sehen wollt, dann schaut einfach Frederik Rönnow andächtig bei der Arbeit zu.
Wie lautet Dein Tipp für die Aufstellung und das Ergebnis?
Ich erwarte keine Überraschungen bei der Aufstellung. Ich wünsche mir Andras Schäfer zurück, weiß aber gar nicht, wann er wieder einsatzfähig sein wird. Und ansonsten tippe ich auf ein anstrengendes Unentschieden.
Titelbild: © Maja Hitij/Getty Images