Endlich wieder Bundesliga-Fußball! Vor dem vierten Spieltag und dem Spiel in Mainz sprachen wir mit 05-Fan Felicitas vom Podcast Hinterhofsänger.
Rund um den Brustring: Hallo Felicitas und danke, dass Du Dir Zeit für unsere Fragen nimmst. Der FSV ist einem Unentschieden gegen Frankfurt und zwei deutlichen Niederlagen in Köpenick und Bremen in die Saison gestartet und hat schon neun Tore kassiert dabei. Wie bewertest Du die ersten drei Spiele?
Felicitas: Diese Spiele sind für mich eine Fortführung der Entwicklung aus den letzten Spielen der vorangegangenen Saison. Die fehlende taktische Variabilität in der Offensive, die vor allem auf zweite Bälle und den langen Schlang nach vorne setzt, ist für unsere Gegner zu ausrechenbar. Hinzu kommen defensive Mängel, die zu dieser Menge an Gegentoren geführt haben. Gerade bei Kopfbällen zeigte sich die Abwehr besonders anfällig, was für eine Dreierkette ein Armutszeugnis ist. Gegen Bremen stellte Svensson nach einer desolaten Leistung in der 70. Minute auf eine Viererkette um. Da er zuvor jedoch verletzungsbedingt wechseln musste, war nicht das dafür notwendige Personal auf dem Platz.
Lässt sich daraus Deiner Meinung nach schon ein Trend für die Saison ableiten oder ist das nur eine Momentaufnahme?
Mainz 05 befindet sich aktuell sportlich an einem entscheidenden Punkt. Der Ergebnisfußball von Svensson liefert keine Punkte mehr und nun muss sich zeigen, wie entwicklungs- und anpassungsfähig das Trainerteam ist. Svensson, Schmidt und Heidel traten vor der legendären Rückrunde bei Mainz 05 gemeinsam an und müssen nun zeigen, wie sie bei sportlichen Durststrecken gemeinsam reagieren.
Der FSV hat sich in den letzen Jahren ins Tabellenmittelfeld hochgearbeitet. Denkst Du, der Verein kann sich dort auch mittelfristig etablieren? Wie lautet das Saisonziel?
Mainz 05 ist längst ein etablierter Bundesligist. Anders als andere Mannschaften wird im Verein langfristig und bedacht gearbeitet, sowohl sportlich als auch finanziell. Seit zehn Jahren schnitt Mainz 05 nicht schlechter als Platz 14 ab. Damit ist für die Frage nach der Etablierung im Mittelfeld schon lange beantwortet. Ob das auch für diese Saison gilt, hängt jetzt maßgeblich von Svennsons Vermögen ab, die Mannschaft sportlich im Saisonverlauf weiterzuentwickeln.
In diesem Transferfenster kam Tom Krauß aus Leipzig zu Euch, Marco Richter aus Berlin, Philip Mwene — der schon in Mainz und auch beim VfB gespielt hat — aus Eindhoven und Sepp van den Berg als Leihe aus Liverpool. Gleichzeitig ging Anton Stach nach langem Hin und Her nach Hoffenheim, Finn Dahmen nach Augsburg, Alex Hack nach Saudi-Arabien. Bist Du zufrieden mit den Transfers?
Der Transfersommer der 05er lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. Der herbeste Verlust im Kader war tatsächlich Marcus Ingvartsen, der Mainz auf eigenen Wunsch nach Dänemark verlassen hat. Der damit einhergehende Verlust an Spielintelligenz wird in dieser Saison schwer aufzufangen sein, dass seine Elfmeterbilanz auch fehlen wird, zeigte Ajorque eindrücklich gegen Union Berlin. Mit Finn Dahmen hat ein spielintelligenter Torspieler den Verein verlassen. Die Diskussionen auf der Torwartposition wurden seit zwei Saisons im Keim erstickt und ließen Dahmen keine Wahl. Auch hier muss sich zeigen, wie die 05er zukunftsfähig arbeiten wollen, da auf der Position hinter Robin Zentner ein offener Zweikampf zwischen dem von Saarbrücken gekommenen Batz und Nachwuchstalent Lasse Ries ausgerufen wurde, der auch nach drei Bundesligapartien noch nicht entschieden ist. Mit Philippp Mwene kommt außerdem ein erfahrener Aussenverteidiger zu Mainz 05 zurück, der auf beiden Flügeln spielen kann. In meinen Augen ein guter Transfer, da der Abgang von Aaron Martin spielerisch schwer zu kompensieren ist. Sepp van den Berg konnte seine Fähigkeiten in den ersten Partien bereits unter Beweis stellen, welchen Mehrwert er in der Defensive mitbringt. Er hat zentral in der 3er- und erst recht in der 4er-Kette Stefan Bell einiges voraus.
Bo Svensson geht in seine vierte Saison als 05-Trainer. Wie zufrieden ist man in Mainz mit ihm?
Das Ziel von Mainz 05 sollte es immer sein, gerade auf der Trainerposition langfristig zu denken. Das setzt allerdings den Willen und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung voraus. Genau an diesem Punkt befindet sich Bo Svensson jetzt nicht nur bei Mainz 05, sondern auch in Bezug auf seine eigene Trainerkarriere. Sein Vertag läuft Ende der Saison aus, bislang vermeidet er klare Aussagen über seine Zukunft bei Mainz. Das ist in Ordnung, denn in dieser Saison wird sich zeigen, welche Fähigkeiten er als Trainer mitbringt, um seine Idee von Fußball weiterzuentwickeln.
Wie lässt er die Mannschaft in dieser Saison spielen?
Bislang weicht das Trainerteam nicht von der Taktik der Vorsaison ab. Das Spiel der 05er ist auf defensive Stabilität aus der Dreierkette heraus ausgelegt, das durch das Erzwingen von gegnerischen Fehlern und langen Bällen auf den Stoßstürmer ergänzt wird. Frischer Wind kommt von den starken Nachwuchsspielern Nelly Weiper und Brajan Gruda, die sich nach dem Gewinn der Deutschen U19-Meisterschaft in der Vorsaison, im Profikader festspielen konnten.
Wo siehst Du aktuell die Stärken und Schwächen der Mannschaft?
Zu den Stärken der Mannschaft zählt definitiv die Eingespieltheit. Bereits zu Beginn des Sommertrainingslagers sagte Martin Schmidt, man könnte auch ohne weitere Transfers so in den Ligabetrieb starten. Diese Aussage zeigt aber auch gleichzeitig die größte Schwäche der Mainzer auf. Die fehlende Variabilität und das Vertrauen auf Altbewährtes führt zunehmend zu einer Ausrechenbarkeit, die sich Gegner einfach zu Nutze machen können.
Wer fällt bei Euch denn am Samstag aus und wie sehr schmerzen die Ausfälle sportlich?
Vor der Länderspielpause wurden Verletzungen von Hanche-Olsen, Nelson Weiper und Ludovic Ajorque kommuniziert. Bei allen drei Spielern besteht aber die Hoffnung, dass sie bis zum Heimspiel am Samstag fit werden. Weiterhin verletzt ist aber noch Kapitän Silvan Widmer, der aber in den vergangenen Partien gut von Anthony Caci ersetzt werden konnte, und Jonny Burkardt.
Wie blickt man denn aus der Ferne auf den VfB und diesen außergewöhnlichen Saisonstart mit zwei Kantersiegen und einer Klatsche?
Unter 05 macht ihr es nicht, egal wie. Aber es macht uns dann doch etwas Hoffnung, dass die Packung gegen Leipzig auswärts war. Das lässt uns auf den ersten Heimsieg der Saison hoffen.
Auf welche Aufstellung und welches Ergebnis tippst Du?
Ich glaube, dass wir wieder eine Dreierkette mit Van den Berg als zentralem Innenverteidiger sehen werden. Ich hoffe außerdem, dass Hanche-Olsen wirklich wieder fit ist, sodass Dominik Kohr nicht nach hinten rücken muss. Es würde mich außerdem freuen, wenn Brajan Gruda seine Form aus der U21 mitnehmen dürfte, um Edimilson Fernandes bei den Standards zu ersetzen. Viel wichtiger als die Aufstellung ist mir aber, dass Mainz sich taktisch variabler und flexibler präsentiert und damit einen verdienten 2:1 Heimsieg einfährt.
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