Punktlos mit Ansage

Das Aus­wärts­spiel in Dort­mund ging auch des­halb ver­lo­ren, weil der VfB offen­siv so gut wie gar nicht statt­fand. Das lag nicht allein am BVB und stimmt nach­denk­lich für die kom­men­den Spie­le.

Über 70 Pro­zent Ball­be­sitz, etwa dop­pelt so viel Tor­schüs­se und knapp drei Mal so vie­le Päs­se wie der Geg­ner mit einer Erfolgs­quo­te von etwa 90 Pro­zent, ein Ergeb­nis nach expec­ted goals von 2,5 zu knapp 1: das sind die sta­tis­ti­schen Wer­te Borus­sia Dort­munds vom Spiel gegen den VfB Stutt­gart — und vom Spiel in der Woche zuvor beim FC Augs­burg. Das Pro­blem aus unse­rer Sicht: Der FCA konn­te das Spiel trotz schlech­ter Sta­tis­ti­ken mit 2:1 gewin­nen, der VfB ver­lor sechs Tage nach dem Kan­ter­sieg gegen Han­no­ver mit 1:3 und damit einen Punkt auf den Nicht­ab­stiegs­platz, weil aus­ge­rech­net Augs­burg auch dem nächs­ten Team vom obe­ren Ende der Tabel­le ein Bein stellt.

Um es kurz klar zu stel­len: Der BVB ist offen­sicht­lich nicht Han­no­ver 96, nie­mand konn­te und hat­te im West­fa­len­sta­di­on einen ähn­lich domi­nan­ten Auf­tritt der Brust­ring­trä­ger wie gegen die Nie­der­sach­sen erwar­tet. Es ging ja auch, das hat­te ich letz­te Woche fest­ge­hal­ten, nicht dar­um, dass die­ses 5:1 ein rea­lis­ti­scher Indi­ka­tor der Leis­tungs­fä­hig­keit der VfB-Elf sei, son­dern viel­mehr dar­um, aus die­sem deut­li­chen Sieg in einem wich­ti­gen Spiel Selbst­ver­trau­en für die kom­men­den Auf­ga­ben zu zie­hen. Das ist defi­ni­tiv gelun­gen: Der VfB fiel beim Tabel­len­zwei­ten in spe nicht wie in der Vor­run­de aus­ein­an­der und hielt das Spiel lan­ge offen. Wenn man zudem sieht, dass sich jetzt schon der zwei­te Geg­ner aus der obe­ren Tabel­len­hälf­te über die ner­vi­ge, bis­si­ge Spiel­wei­se des VfB ärgert, dann wird durch­aus deut­lich, dass die Mann­schaft den Abstiegs­kampf ange­nom­men zu haben scheint. 

Vorne keine Idee

Die Men­ta­li­tät der Mann­schaft bie­tet also kei­nen Grund zur Besorg­nis, den­noch kann man das Spiel in Dort­mund nicht ein­fach so als Streich­ergeb­nis abtun. Zu wacke­lig waren die Dort­mun­der in den letz­ten Wochen, als sie unter ande­rem eine 3:0‑Führung gegen Hof­fen­heim ver­geig­ten und aus den bei­den Spie­len gegen unse­re direk­ten Kon­kur­ren­ten Nürn­berg und Augs­burg nur einen Punkt hol­ten. Es wäre also für den VfB durch­aus ein Zäh­ler drin gewe­sen in die­sem Spiel, wenn man die Dort­mun­der nicht nur lan­ge genug vom eige­nen Tor, son­dern auch vom eige­nen Straf­raum fern­ge­hal­ten hät­te — und wenn man eine Idee fürs Offen­siv­spiel gehabt hät­te.

Das Gegen­teil trat ein. Auch wenn die Tore, die den Haus­her­ren den Sieg brach­ten, erst spät fie­len, soll­ten wir nicht den Feh­ler machen, die Nie­der­la­ge des VfB ob der spä­ten Gegen­to­re als unglück­lich zu betrach­ten — sie war völ­lig ver­dient. Denn es war vor allem Ron-Robert Zie­l­er und weni­ger dem gele­gent­lich im Wege ste­hen­den Fuß von Kempf, Kabak oder Pavard zu ver­dan­ken, dass wir die­ses Spiel nicht wesent­lich höher ver­lo­ren. Natür­lich hat­te der BVB auch Glück, dass sich die Weiß-Roten bei den Gegen­tref­fern ziem­lich schus­se­lig anstell­ten — von Cas­tros Foul an einem aus dem Straf­raum stür­men­den Spie­ler zur kol­lek­ti­ven Des­ori­en­tie­rung bei den Gegen­tref­fern zwei und drei — aber beschwe­ren darf sich beim VfB über die Nie­der­la­ge kei­ner.

Muskeln für González

Vor allem wenn man sel­ber nicht in der Lage ist, dem Geg­ner gefähr­lich zu wer­den. Ein­zi­ger Licht­blick: Die Kopf­ball­stär­ke bei Stan­dards. Gegen Han­no­ver wuch­te­te Ozan Kabak zwei Ecken von Cas­tro ins Netz, am Sams­tag schlich sich Kempf durch die Dort­mun­der Abwehr und ver­wan­del­te eine Frei­stoß­flan­ke, erneut von Cas­tro, sehens­wert zum Aus­gleich. Das war es aber auch schon. Nicolás Gon­za­lez war für Mario Gomez in den Sturm gerückt, ver­meint­lich um ähn­lich wie gegen Mün­chen sei­ne Schnel­lig­keit bei Kon­ter­si­tua­tio­nen aus­spie­len zu kön­nen. Allein: Der VfB hat­te gar kei­ne Kon­ter­si­tua­ti­on, sieht man ein­mal von der ande­ren gro­ßen VfB-Chan­ce des Spiels ab, als Gon­zá­lez beim Tor­schuss von zwei Ver­tei­di­gern bedrängt wur­de und der Ball lang­sam, aber auch knapp am Tor vor­bei­tru­del­te.

Was mich zu der Über­le­gung ver­an­lasst, ob der Start­elf-Ein­satz für Gon­za­lez nicht ein Feh­ler war. Denn was Mario Gomez an Schnel­lig­keit fehlt, hat er Gon­zá­lez an kör­per­li­cher Robust­heit vor­aus. Ich hat­te mehr­mals das Gefühl, es kön­ne dem jun­gen Neu­zu­gang des ver­gan­ge­nen Som­mers nicht scha­den, wenn er sich im Som­mer­trai­nings­la­ger ein biss­chen Mus­kel­mas­se drauf­packt und eine ähn­li­che Trans­for­ma­ti­on durch­macht wie Dani­el Gin­c­zek vor ein paar Jah­ren. An Enga­ge­ment man­gelt es ihm auf kei­nen Fall und dass er einen Tor­rie­cher hat, konn­te man in der Sai­son­vor­be­rei­tung sehen. Nur mit dem Durch­set­zungs­ver­mö­gen am geg­ne­ri­schen Straf­raum, da hapert es noch gewal­tig. Auf der ande­ren Sei­te: Ich dach­te auch gegen Bre­men, dass Donis die Offen­si­ve bele­ben wür­de und sah mich eines Bes­se­ren belehrt. Ich hät­te Mario Gomez trotz­dem ger­ne vor der 88. Minu­te auf dem Feld gese­hen.

Macht Weinzierl den Korkut?

Aber gut, wie gesagt: So wirk­lich hat­te ja kei­ner von uns mit Punk­ten aus die­sem Spiel gerech­net, auch wenn unse­rer Kon­kur­renz genau das gelun­gen ist. Wir kön­nen es uns aber nicht erlau­ben, aus den kom­men­den bei­den Spie­len auch ohne etwas Zähl­ba­res her­aus zu gehen, zumin­dest ein Unent­schie­den in einem der bei­den Spie­le gegen Hof­fen­heim und in Frank­furt wür­de uns hel­fen. Ich fra­ge mich auch, ob Mar­kus Wein­zierl dann die Grund­for­ma­ti­on die­ses und der letz­ten Spie­le bei­be­hält. Denn die­se als Kon­zept getarn­te per­so­nel­le Kon­ti­nui­tät auf dem Platz funk­tio­niert nur so lan­ge, wie die Ergeb­nis­se stim­men. Im Grun­de ver­sucht Mar­kus Wein­zierl das glei­che wie Tay­fun Korkut in der letz­ten Rück­run­de: Mit einer ein­ge­spiel­ten Mann­schaft Erfol­ge zu errin­gen, damit die­se über sich hin­aus­wächst. Ob das ein zwei­tes Mal so funk­tio­niert, ist frag­lich und ich hof­fe instän­dig, dass wir, wenn es funk­tio­niert, nicht die glei­chen Feh­ler wie 2018 machen.

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