Holt der VfB im Heimspiel gegen Hoffenheim einen der sagenumwobenen Bonuspunkte? Wir sprachen vor der Partie mit Nikolas Beck von der Rhein-Neckar-Zeitung.
Rund um den Brustring: Hallo Nikolas, wir sprachen ja bereits vor dem Hinspiel in Sinsheim miteinander, das der VfB mit 0:4 sehr deutlich verlor. Erwartest Du am Samstag ein ähnliches Ergebnis?
Nikolas; Hi Lennart, ich habe am Samstag das Spiel des VfB in Dortmund gesehen, das sah über weite Strecken ganz ordentlich aus. Am Sonntag war ich in Sinsheim im Stadion: Ein gutes Spiel der TSG, in dem am Ende aber auch das Glück mithelfen musste, die drei Punkte ins Ziel zu bringen. Zurzeit schaffen es die Jungs von Julian Nagelsmann einfach nicht, Aufwand und Ertrag in Einklang zu bringen. Die Vorzeichen sprechen diesmal also eher dafür, dass es eine ganz enge Kiste wird. Übrigens fand ich das Hinspiel auch nicht so deutlich, wie es das Ergebnis vermuten ließ.
Hoffenheim hat sich in der Winterpause leihweise von einer Reihe von Spielern getrennt, um den jetzt nur noch in einem Wettbewerb vertretenen Kader auszudünnen. Hat sich diese Maßnahme Deiner Meinung nach positiv auf die verbliebenen Spieler ausgewirkt, weil mehr von ihnen größere Chancen auf Einsatzzeiten haben?
Ich denke, andersherum wird ein Schuh draus: Die Maßnahme hat sich vor allem für die ausgeliehenen Spieler gelohnt. Diese wären in Hoffenheim in der Rückrunde wohl kaum zum Zug gekommen. Vincenzo Grifo blüht in Freiburg ja wieder total auf, Gregor Kobel hütet das FCA-Tor nach Anlaufschwierigkeiten inzwischen glänzend — und zu “eurem” Steven Zuber kommen wir ja sicher gleich noch. Pech war natürlich, dass mit Nordtveit, Akpoguma und Hoogma drei Innenverteidiger ausgeliehen wurden, die man in “Hoffe” aufgrund der vielen Verletzten gut hätte gebrauchen können. Aber so etwas kann man eben vorher nicht ahnen.
Wie groß war die Enttäuschung im Verein über das Ausscheiden in der Vorrunde der Champions League? Hat man sich mehr erhofft?

Ich denke, Verein und Fans konnten das schon recht gut und realistisch einordnen. Dass Spieler und vor allem der ehrgeizige Trainer Nagelsmann enttäuscht waren, ist aber auch ganz normal. Zumal ja die Chancen durchaus da waren. Nagelsmann hatte vor ein paar Wochen mal von seiner persönlichen “Agenda” gesprochen, von den Zielen, die er im Kopf hatte, als er 2016 die TSG-Profis übernahm. Eines davon sei gewesen, in der Champions League zu überwintern. Bemerkenswert für einen damals 28-Jährigen, der ein Team im Abstiegskampf übernimmt…

Obligatorisch ist natürlich die Frage nach unseren ehemaligen Spielern, von denen es in Hoffenheim ja immer noch ein paar gibt. Wie läuft es derzeit für Adam Szalai, Ermin Bikakcic und Lukas Rupp?
Lukas Rupp schuftet leider immer noch fürs Comeback nach seinem Kreuzbandriss, den er sich im vergangenen Jahr in Stuttgart zugezogen hat. Seit ein paar Tagen kann er endlich wieder am Mannschaftstraining teilnehmen, ein Einsatz in der Bundesliga käme aber noch viel zu früh. Adam Szalai hatte einen starken Rundenbeginn. Aktuell muss er aber Kramaric, Joelinton und dem immer besser in Fahrt kommenden Belfodil den Vorzug im Sturm lassen. Ermin Bicakcic spielt alles in allem eine tolle Saison, hatte zuletzt aber mit Wadenproblemen zu kämpfen. Nach dem Spiel gegen Nürnberg habe ich mit ihm auch über Stuttgart gesprochen: Für ihn ist das Spiel immer noch ein ganz Besonderes. Ich kann euch versichern: “Eisen-Ermin” wird auch aus alter Verbundenheit keine Geschenke verteilen. (Lacht)

Einer der eben angesprochenen verliehenen Spieler ist Steven Zuber, der beim VfB zuerst recht unauffällig war, in den letzten Spielen jedoch mit drei Toren und einer Torvorlage ganz schön aufdrehte. Hast Du seine Leistungen im Brustring beobachtet und wie bewertest Du sie?
Dass Steven Zuber im VfB-Trikot überzeugt, wundert mich ganz und gar nicht. Er hat eigentlich auch in Hoffenheim nie enttäuscht, hat es aber in der Hinrunde nicht geschafft, sich über einen längeren Zeitraum in der ersten Elf festzuspielen. Ich glaube, die offensivere Position liegt ihm einfach noch ein bisschen mehr. In Hoffenhein hat er oft auch als Linksverteidiger oder im Zentrum agiert. Auf den offensiven Außenbahnen fühlt er sich wohler.
Mit dem Saisonende rückt auch der bereits feststehende Wechsel von Trainer Julian Nagelsmann nach Leipzig näher. Vor einiger Zeit war Marco Rose von der Leipziger Filiale in Salzburg im Gespräch. Gibt es da schon etwas Neues, oder hast Du eine Idee, wer nächstes Jahr an der Seitenlinie stehen könnte?
(Lacht) Ideen habe ich durchaus ein paar. Aber an Spekulationen beteilige ich mich ungern. Fakt ist: Noch hat die TSG niemanden offiziell bestätigt. Das mag daran liegen, dass der “Neue” noch bei einem anderen Arbeitgeber in Lohn und Brot steht und dort keine Unruhe aufkommen lassen will. Oder aber — und das halte ich für wahrscheinlicher — dass bislang noch nichts in trockenen Tüchern ist. Ich glaube, dass das Nagelsmann-Erbe schwer wiegt — das wissen auch die potenziellen Kandidaten. Nach Rang vier 2017 und Platz drei 2018 kann es für einen Klub wie Hoffenheim ja zwangsläufig kaum noch besser werden.
Derzeit steht Hoffenheim auf Platz 8, fünf Punkte hinter den Europapokalplätzen. Glaubst Du, der Club spielt auch nächstes Jahr wieder international?
Ich werde von meinen Redaktionskollegen häufiger für meinen ständigen Optimismus belächelt. Da kann ich jetzt natürlich nicht sagen: “Das wird nix mehr.” Es wird aber auf jeden Fall schwer, weil die Konkurrenz dieses Jahr einen wesentlich stärken Eindruck macht. Müsste ich wetten, würde ich wohl auf Rang sieben tippen.
Wenn Du die derzeitige Situation der TSG Hoffenheim mit einem Song beschreiben müsstest, welcher wäre das und warum?
Gute Frage. Spontan würde ich mal “Geile Zeit” von Juli sagen. Der Refrain passt jedenfalls zum Nagelsmann-Abschied, der die verbleibenden Spiele über dem Klub schwebt, wie die Faust aufs Auge: “Wird alles anders. Ja, ich weiß, es war ne geile Zeit, uns war kein Weg zu weit — Du fehlst hier. Ja, ich weiß, es war ne geile Zeit. Hey, es tut mir leid — es ist vorbei.”
Wo liegen derzeit die Schwächen der Hoffenheimer und vor welchen Stärken muss sich der VfB in Acht nehmen?
Ausbaufähig ist nach wie vor die Chancenverwertung. Die TSG benötigt einfach zu viele gute Angriffe und Abschlüsse für ein Tor. Dazu kommt häufig Pech mit Pfosten oder Latte. Was Aluminium-Treffer angeht, ist Hoffenheim ligaweit ganz vorne mit dabei. Das führt dann oft zu Spielen wie zuletzt gegen Nürnberg, als der Aufsteiger mit zwei Strafraumszenen in 90 Minuten beinahe einen Punkt ergattert hätte. Aufpassen sollte der VfB auf jeden Fall auf Andrej Kramaric. Der Kroate ist inzwischen wieder richtig gut drauf — und will die TSG unbedingt erneut nach Europa schießen.
Zum Schluss: Dein Tipp fürs Spiel?
Ich lag zwar zuletzt meist daneben, aber diesmal wird es ein 2:1 für Hoffenheim. 😉