Der VfB gewinnt endlich wieder. Die Torschützen mögen ungewöhnlich sein, spielerisch knüpft die Mannschaft aber an den guten Auftritt in Dortmund an.
Für einen Moment war das Zittern um die ersten drei Punkte seit sechs Spielen nebensächlich. In Dortmund sorgte die 85. Minute für einen Schock, im Heimspiel gegen Mainz lief es mir auch den Rücken runter. Nicht kalt, sondern wohlig warm, als das leider erneut dezimierte Neckarstadion sich erhob — oder abhob, passt beides und die Rückkehr von Silas im Brustring feierte. Ich halte ja nichts davon Spieler zu überhöhen. Aber den Jungen nach so langer Zeit, einer Verletzung und einem mutigen persönlichen Schritt lächelnd aufs Feld sprinten zu sehen, war für mich das Highlight der bisherigen Saison. Achja, und dann waren da ja noch neun Minuten zu spielen, an deren Ende der lang ersehnte dritte Saisonsieg stand. Dem Glücksgefühl folgte die Erleichterung.
Erleichterung darüber, dass die Mannschaft nicht nur da weitermachte, wo sie in Dortmund aufgehört hätte, sondern sich diesmal auch belohnt. Sicherlich: Dass weiterhin nicht die Stürmer treffen, weder der wieder einsatzbereite Omar Marmoush, noch Silas oder Klimowicz, sondern die Abwehrspieler Ito und Sosa die drei Punkte klarmachen, ist kurios. Kompromissloses Verteidigen kannte man von Ito schon, Schlenzer ins lange Eck nicht. Und Sosa? Egal ob watchdrop.co.uk abgerutschte Flanke oder Schuss: Am Ende war er von dem Ding wahrscheinlich genauso überrascht wie die Mainzer und wir alle. Was aber in der Betrachtung dieser außergewöhnlichen Tore nicht untergehen darf, ist die Entstehung. Beim 1:0 explodierte der Torschütze förmlich aus dem Mittelfeld in den Strafraum und bot so eine Anspielstation, mit der keiner gerechnet hätte, außer Mangala, der abgesehen von einer unnötigen gelben Karte ein bärenstarkes Spiel machte. Und auch Sosas Siegtreffer mit einer geschickten Seitenverlagerung einleitete. Der VfB lief hoch an, der VfB spielte variantenreich und er verteidigte zumeist konsequent. Wie schon gegen Dortmund wurden Erinnerungen an die letzte Saison wach.
Eine gute Grundlage
Auch, weil die Mannschaft Widerstandsfähigkeit bewies. Denn nicht nur der VfB wartete auf Ballverluste des Gegners auch die Gäste aus Mainz rückten den Brustringträgern auf die Pelle und jagten jeden versprungenen Ball, was insbesondere Karazor und Anton bisweilen stark zu schaffen machte. Ungefährlich waren sie also nicht, die Mainzer. Aber eben nicht do effektiv wie der VfB, bei de Pellegrino Matarazzo kurz vor Schluss dann dich lieber Pascal Stenzel brachte, statt das 3:1 mit einem frischen Offensivmann zu erzwingen. Es ging ja schließlich auch um drei Punkte. Und die blieben trotz einiger Unsicherheiten — leichtsinnige Ballverluste und das Abwehrverhalten beim Ausgleich — in Bad Cannstatt.
Es war natürlich hintenraus nicht schön anzusehen, wie Mainz immer dominanter wurde und fürs Nervensystem erst recht nicht gut. Aber es war leidenschaftlich, was die Mannschaft bot und diese Leidenschaft ergänzte sich gut mit der spielerisch sehr vorzeigbaren ersten Halbzeit. Auch wenn die personellen Änderungen im Vergleich zum Dortmund-Spiel überschaubar waren, merkte man der Mannschaft das gestiegene Selbstbewusstsein in jeder Minute an. Eine gute Grundlage für die nächsten Wochen, wenn es gegen Berlin, Wolfsburg, München und Köln darum geht, noch so viele Punkte wie möglich aus dieser Hinrunde zu quetschen. Vielleicht werden andere Mannschaften die weiterhin bestehenden Ungenauigkeiten gerade im Mittelfeld und die Anfälligkeit bei Standards besser ausnutzen als die ineffektiven Mainzer. Aber man bekommt zumindest das Gefühl, dass der VfB spielerisch, mental und nicht zuletzt auch personell besser darauf reagieren kann als in den letzten Wochen.
Titelbild: © Matthias Hangst/Getty Images