Mit 2:3 verliert der VfB sein Bundesliga-Rückkehr-Spiel gegen Freiburg — und offenbart dabei unerwartete Schwächen.
Ich hätte es besser wissen müssen: Als ich vergangene Woche eine kleine Einschätzung für die Podcast-Kollegen vom Spodcast Freiburg zum VfB einsprach, wurde meinem Lob für die Abwehrleistung in Rostock direkt wiedersprochen: Die Dreierkette bestehend aus Marc Oliver Kempf, Marcin Kaminski und Waldemar Anton sei “biederes Bundesliga-Mittelmaß”. Im Nachhinein keine ganz falsche Bewertung, auch wenn ich mir vor dem Anpfiff der Bundesliga-Saison ja eher Sorgen um die Konkurrenzfähigkeit des VfB-Angriffs gemacht hatte.
Ich meine, klar: Man verliert und gewinnt als Mannschaft, blablubb. Trotzdem: Sasa Kalajdzic und Silas Wamangituka sind im Schnitt 21,5 Jahre alt und feierten gegen Freiburg Ihr Bundesliga-Debüt. Kempf, Kaminski und Anton sind im Schnitt 5 Jahre älter und hatten gemeinsam vor Anpfiff 185 Bundesliga-Spiele auf dem Buckel. Dennoch waren es ihre unerklärlichen Fehler, speziell nach zwei Standardsituationen, die den VfB gegen Freiburg viel zu schnell auf die Verliererstraße brachten, von der, er trotz hartnäckiger Versuche keine Abfahrt mehr fand. Natürlich hätte Wamangituka schon in der ersten Halbzeit den mit Sicherheitsabstand begleiteten Kopfballtreffer von Petersen ausgleichen müssen und es ist auch nicht gerechtfertigt, Niederlagen an einzelnen Spielern festzumachen. Dennoch war die Abwehrleistung, wenn nicht über große Teile, dann aber doch bei den wenigen Torchancen der Freiburger, erschreckend — und da rechne ich die zwei Abseitstreffer nicht mal mit ein.
Die Abwehr muss auf Zack sein
Erschreckend vor allem deshalb, weil wir uns solche Instabilitäten nicht leisten können, wenn wir die Klasse halten wollen. Dass die Mannschaft gegen Gegner wie Freiburg durchaus in der Lage ist, Tore zu erzielen, selbst wenn sie vorher ihre Chancen in klassischer Zweitliga-Manier aufsehenerregend vergab, ist beruhigend. Aber die gesamte Hintermannschaft muss in dieser Liga auf Zack sein und da schließe ich auch Gregor Kobel mit ein, der beim 0:1 nicht nur neben sich, sondern auch etwas zu weit neben dem Tor stand — auch wenn der Ball vorher von der Verteidigung geklärt hätte werden müssen — und der mit einem völlig missglückten Abstoß beinahe ein weiteres Gegentor produziert hätte. Gegen Mainz, eine Mannschaft ähnlichen Kalibers wie die Freiburger muss die Dreierkette wieder sicher stehen und sich nicht von Hackentricks und halbhohen Flanken übertölpeln lassen.
Es gab aber neben den Toren von Wamangituka und Kalajdzic noch mehr Positives zu sehen am Samstagnachmittag: Die Mannschaft ergab sich nie in das zeitweise bedrohlich wirkende Schicksal und wurde dafür beinahe noch mit einem Punkt belohnt. Ein solches Verhalten wurde den Brustringträgern in der Vergangenheit meist nur von den eigenen Vorgesetzten attestiert, um wenigstens etwas Gutes aus einer vermeidbaren Niederlage zu ziehen, während man sich als Fan und Betrachter verwundert die Augen rieb. Dieses Mal stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung überein: Wie schon gegen Rostock im Pokal hörte die VfB-Elf nicht auf, anzurennen, was sich in 26 Torschüssen und ausgeglichenen xG-Werten ausdrückte. Und auch sonst hatte der VfB mehr vom Spiel — es fehlte eben nur die Effektivität, die den Südbadensern am Ende den Sieg brachte.
Es hätte mehr sein können
Es gibt also keine Grund, nach dem ersten Spiel und zeitgleich der ersten Niederlage das Konzept des VfB mit jungen Spielern, die hoffentlich dieses Jahr einen Sprung machen, in die Tonne zu hauen. Der ein oder andere scheint durchaus springen zu können. Es müssen dann aber in solchen Situationen wie nach der Pause auch erfahrene Spieler in der Lage sein, einen drohenden Kontrollverlust zu verhindern und den Jungen Halt zu geben. Daniel Didavi und Kapitän Gonzalo Castro gelang das nur bedingt. Castro blieb im Gegensatz zum Pokalspiel ziemlich blass, Didavi legte immerhin das 1:3 sehenswert auf und hatte auch den einen oder anderen guten Moment. Es blieb aber das Gefühl, das von ihm mehr hätte kommen können und müssen.
Das trifft auch ganz allgemeina auf diese Partie zu. Es wäre mehr drin gewesen und jeder unnötige Punktverlust im Abstiegskampf nervt — vor allem wenn er durch Naivität und fehlende Alarmbereitschaft entsteht, wie Pellegrino Matarazzo es nannte. In Mainz darf die Mannschaft sich nicht schon wieder um den Lohn ihres engagierten Spiels bringen.
Titelbild: © A2 Bildagentur/Peter Hartenfelser