Nach vier Siegen in Folge lässt der VfB im Heimspiel gegen Köln erstmals wieder Punkte liegen. Kann passieren, vor allem wenn die Reaktion darauf die richtige ist.
Es soll ja Zeiten gegeben haben, da haben mich die halbgaren und stets auf das folgende Spiel konzentrierten Erklärungsversuche der VfB-Profis für das eigene Gekicke in der mixed zone an den Rand des Wahnsinns gebracht: Entweder sie verstanden, was schief lief, hatten aber in den 90 Minuten vorher das Gegenteil bewiesen oder sie hatten ein anderes Spiel als ich gesehen. Und an diesem Samstag?Wie schon Deniz Undav, der sich im Herbst nach einem Spiel mit einem Tor und einer Vorlage selbst geißelte, möchte man der Mannschaft zurufen: “Macht mal langsam in Eurer Selbstkritik…so schlimm war es nun auch nicht!”
Den Frust kann ich natürlich nachvollziehen. Diese Mannschaft hat meist dann Erfolg, wenn alle oder ausreichend viele Spieler an ihr Leistungslimit gehen. Das war gegen Köln nicht immer der Fall, weshalb Angelo Stiller sich und den Kollegen “Arroganz” attestiert und Waldemar Anton der verpassten Chance, die Kölner im übertragenen Sinne zu “killen”, nachtrauerte. Diese Mannschaft brennt in jedem Spiel für den maximalen Erfolg. Gegen Köln fehlte ihr dafür Dynamik, Konzentration, mitunter die Zuordnung und ein bisschen Glück.
Zu wenig Konstanz
Dennoch: Kein Grund, sich selber in Sack und Asche zu reden. Der VfB spielte quasi das gleiche Spiel wie immer gegen Mannschaften, die unten drin stehen: Kontrolliert, mit viel Ballbesitz und einer hohen Passquote, aber im Angriffsspiel entweder zu behäbig oder zu verspielt. Für den erneut überragenden Marvin Schwäbe und besonders seine Innenverteidiger deshalb leichte Beute. Immer wieder, zum Beispiel bei Millots sehenswerten Führungstreffer oder bei seiner anderen Großchance, ließen die Brustringträger ihre Qualität aufblitzen, sie brachten jedoch zu wenig Konstanz in ihre Aktionen. Vor dem eigenen Tor brannte relativ wenig an, wenn man vom Gegentor, bei dem Anthony Rouault durch den Strafraum irrte wie einst John Travolta in einem fremden Wohnzimmer und damit Josha Vagnoman die Bewachung zweier Gegenspieler überließ, absieht. Und natürlich Itos Ausrutscher, der zum Glück folgenlos blieb.
So wie der Punktverlust für die Tabelle. Wobei, nicht ganz, denn am späten Samstagabend machte der VfB im Kampf um die Teilnahme an der Champions League (isso!) sogar einen Punkt auf die Limo-Filiale gut machte. Was gleichzeitig bedeutete, dass Leverkusen und die Bayern mit späten Siegen wieder etwas davon zogen. Waldemar Anton merkte zurecht an, dass man solche Spiele gewinnen müsse, wolle man europäisch spielen. Und die Wahrscheinlichkeit, dass wir das tun werden, steigt weiter.
Die richtigen Worte
Auch weil die Mannschaft direkt nach dem Spiel die richtigen Worte für ihre Enttäuschung fand. Weil in Wolfsburg vielleicht schon wieder Deniz Undav und Alex Nübel auf dem Platz stehen. Und der Mannschaft damit trotz Fabi Bredlows stabiler Leistung und Jeong Woo-yeongs solidem Spiel das Quäntchen mehr geben, mit der man aus einem solchen Spiel noch zwei Punkte mehr holt. Überhaupt aber muss man noch mal festhalten, welch komfortable Situationen es ist, sich über ein Unentschieden nach vier Siegen in Folge ärgern zu können. Weiter geht’s!
Zum Weiterlesen: Stuttgart.international meint: “Bei aller fußballerischen Überlegenheit muss sich die Mannschaft von Sebastian Hoeneß mangelnde Genauigkeit und Entschlossenheit im letzten Drittel vorwerfen lassen”, sieht aber keinen Grund für Enttäuschung.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images