Neu im Brustring: Ron-Robert Zieler

Mit Natio­nal­spie­ler Ron-Robert Zie­l­er von Lei­ces­ter City hat der VfB sei­nen ers­ten wirk­lich nam­haf­ten Trans­fer in die­ser Som­mer­pau­se getä­tigt. Was kön­nen wir von die­ser Ver­pflich­tung erwar­ten?

Da wir den ehe­ma­li­gen Tor­hü­ter des uns durch die Ligen beglei­ten­den Han­no­ver 96 und noch amtie­ren­den Welt­meis­ter im Gegen­satz zu eher unbe­kann­ten Spie­ler wie Dze­nis Bur­nic wohl nie­man­dem mehr vor­stel­len müs­sen, haben wir dies­mal dar­auf ver­zich­tet, aus­führ­li­che Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen über ihn zu sam­meln. Statt­des­sen wol­len wir Euch an die­ser Stel­le ein paar Bewer­tun­gen und Reak­tio­nen auf den Trans­fer vor­stel­len und die­sen auch sel­ber ein­ord­nen.

Zunächst zu den Fak­ten, die sowie­so schon fast jeder kennt: Zie­l­er, in Köln gebo­ren, wur­de beim FC groß und wech­sel­te mit 16 auf die Insel zu Man­ches­ter United. Dort kam er jedoch nicht in der Pre­mier League zum Ein­satz und ging 2010 mit 21 Jah­ren zu Han­no­ver 96, für die er in der Bun­des­li­ga 185 Spiel bestrei­ten soll­te, bevor er sich nach dem Abstieg der 96er dem damals frisch­ge­ba­cke­nen eng­li­schen Meis­ter Lei­ces­ter City anschloss. Hier kam er jedoch hin­ter Kas­per Schmei­chel (Sohn der Tor­hü­ter­le­gen­de Peter Schmei­chel) kaum zum Ein­satz.

Fazit in Leicester und Hannover: Gut und solide

In Lei­ces­ter wol­len wir auch mit unse­ren Ein­schät­zun­gen begin­nen. Auf die Fra­ge, war­um es für ihn dort nicht geklappt hat, sagen Lei­ces­ter-Exper­ten und ‑Fans:

Er hat in Lei­ces­ter also kei­ne gro­ßen Feh­ler gemacht, aber auch nie das Selbst­ver­trau­en und die Sicher­heit aus­ge­strahlt, die sei­nen Kon­kur­ren­ten aus­zeich­ne­te. Bei wenig Ein­sät­zen wohl auch kein Wun­der, aber auch ein Zei­chen dafür, dass er eben auch zu den Tor­hü­tern gehört, für die der VfB in sei­ner der­zei­ti­gen Situa­ti­on eine ech­te Alter­na­ti­ve ist: Nicht unter sei­nem Niveau, aber mit der rea­lis­ti­schen Chan­ce auf einen Stamm­platz.

Und so ist es vor allem “das Gesamt­pa­ket”, wel­ches Han­no­ver 96-Fan und Pod­cas­ter @runnertobi im Gespräch mit VfB-Aktu­ell am Meis­ten über­zeugt. Zie­l­er habe in Han­no­ver “soli­de bis gut” gespielt und sei auch wei­ter­hin ein sol­cher Tor­hü­ter. In eine ähn­li­che Rich­tung geht auch sei­ne Ant­wort auf mei­ne etwas zuge­spitz­te Fra­ge:

Ähn­lich sieht es auch Chris­toph Bor­schel, die Han­no­ver 96-Hälf­te des Magi­schen Zwei­ecks:

Nicht ganz glück­lich war man in Han­no­ver, liest man die Kom­men­ta­re auf Ziel­ers Face­book-Sei­te, wohl mit der Tat­sa­che, dass er Han­no­ver nach dem Abstieg ver­ließ und jetzt bei einem Kon­kur­ren­ten um den Klas­sen­er­halt anheu­ert.

Positive Bewertung im Taktikblog

Einen län­ge­ren Arti­kel hat der Han­no­ver-Tak­tik­blog “Nie­mals Allein” Ron-Robert Zie­l­er 2015 gewid­met. Hier wird Zie­l­er vor allem die bereits beschrie­ben unauf­ge­reg­te Art auf der Linie attes­tiert sowie in einem län­ge­ren Abschnitt sei­ne Fähig­kei­ten im Spiel­auf­bau gelobt, eben­so die Straf­raum­be­herr­schung bei hohen Her­ein­ga­ben. Schwä­chen schien er damals noch beim Her­aus­lau­fen zu haben. Dar­auf ange­spro­chen, ob sich an der Bewer­tung Ziel­ers von vor zwei Jah­ren etwas geän­dert hat, ant­wor­te­te mir Jai­me, der den Blog betreibt:

Alles in allem eine recht posi­ti­ve Bewer­tung und so gewinnt man in der Gesamt­schau einen recht guten Ein­druck von Zie­l­er, von sei­nen Stär­ken und Schwä­chen, auch wenn man ihn, wie ich, in den letz­ten Jah­ren nicht inten­siv beob­ach­tet hat. Noch offen hin­ge­gen ist die Bewer­tung des Trans­fers. Der Ver­ti­kal­pass fragt, ob die­se Ver­pflich­tung wirk­lich not­wen­dig, oder nicht viel mehr ein Luxus ist. Chris­toph Bor­schel, um einen Ver­gleich mit Lan­ge­rak gebe­ten, sagt

Sein Zwei­eck-Kol­le­ge Dani­el Münch, der auch schon im Pod­cast zu Gast war, sieht es ein biss­chen anders:

Konkurrenzkampf oder Kontinuität?

Und damit kom­men auch schon zur gro­ßen Debat­te, die die­se Posi­ti­on wahr­schein­lich in den nächs­ten Wochen (und vor allem völ­lig unan­ge­brach­ter Wei­se nach dem Test­spiel gegen Dyna­mo Dres­den) beglei­ten wird: Zie­l­er oder Lan­ge­rak? Grund­sätz­lich hal­te ich es für sinn­voll, dass beim VfB auf jeder Posi­ti­on eine Kon­kur­renz­si­tua­ti­on und damit Leis­tungs­druck und eine Leis­tungs­kul­tur ent­steht, denn die hat am Wasen viel zu lan­ge gefehlt. Ob die weni­gen Pat­zer Lan­ge­raks auf den feh­len­den Kon­kur­renz­kampf zurück zu füh­ren waren, ver­mag ich nicht zu sagen. Aber klar ist: Zie­l­er ist für Lan­ge­rak ein grö­ße­rer Kon­kur­rent als Jens Grahl oder Ben­ni Uphoff es in der ver­gan­ge­nen Sai­son waren. Zudem darf man nicht ver­ges­sen, dass es die VfB-Defen­si­ve in die­ses Jahr mit einem ande­ren Kali­ber Stür­mer zu tun bekom­men wird. Da scha­det es nicht, im Ver­let­zungs­fall einen ähn­lich guten Tor­hü­ter in der Hin­ter­hand zu haben.

Auf der ande­ren Sei­te könn­te genau dass das Pro­blem sein. Zie­l­er und Lan­ge­rak neh­men sich nicht außer­or­dent­lich viel. Hat man am Ende zwei “soli­de und gute ” Tor­hü­ter und damit eigent­lich einen zu viel? Sind bei­de leis­tungs­mä­ßig so nah bei­ein­an­der, dass sich kei­ne unan­ge­foch­te­ne Num­mer 1 her­aus­kris­tal­li­siert? Auch hier bin ich mir nicht sicher, was bes­ser ist: Sven Ulreich setz­te sich über kurz oder lang gegen alle Kon­kur­ren­ten durch und war am Ende auch ein eher soli­der Tor­hü­ter. Tyton konn­te sich nie ganz sicher sein, dass ihn auch wirk­lich alle als ers­ten Tor­hü­ter sehen und spiel­te dem­entspre­chend, auch wenn das natür­lich nicht der ein­zi­ge Grund für sei­ne durch­schnitt­li­chen Leis­tun­gen war. Außer­dem wäre ich froh, wenn wir, wie zu Timo Hil­de­brands oder Jens Leh­manns Zei­ten mal wie­der ein biss­chen Kon­ti­nui­tät gepaart mit Qua­li­tät auf der Tor­hü­ter-Posi­ti­on hät­ten.

Möge der Bes­se­re sich durch­set­zen!

Im End­ef­fekt kann ich dem Trans­fer von Ron-Robert Zie­l­er doch eini­ges abge­win­nen. Mich reizt der Gedan­ke, dass beim VfB kei­ner mehr eine Wohl­fühl­oa­se hat und das nach Leis­tung und nicht wegen Alter­na­tiv­lo­sig­keit auf­ge­stellt wird. Soll­te einer von bei­den den Ver­ein wegen des ver­lo­re­nen Kon­kur­renz­kamp­fes in mit­tel­fris­ti­ger Zukunft ver­las­sen, dann ist es nun mal so. Bei­de Tor­hü­ter, auch der Lieb­ling der Zweit­li­ga-Sai­son, müs­sen sich nächs­te Sai­son erneut in der ers­ten Bun­des­li­ga bewei­sen. Wie wir in der Ver­gan­gen­heit gese­hen haben, ersetzt zwar ein star­ker Tor­hü­ter nicht eine sta­bi­le Innen­ver­tei­di­gung, aber er gibt sei­nen Vor­der­leu­ten in brenz­li­gen Situa­tio­nen eine gewis­se Ruhe. Wir kön­nen uns glau­be ich alle an genug Gegen­to­re und Fast-Gegen­to­re in den letz­ten Jah­ren erin­nern, bei denen die Ver­tei­di­ger nicht wuss­ten, ob sie sich auf ihren Hin­ter­mann ver­las­sen konn­ten.

Da schon län­ger bekannt war, dass ein wei­te­re Tor­hü­ter gesucht wird, gehe ich davon aus, dass Schin­del­mei­ser trotz­dem noch ein paar Euro für ver­nünf­tig­te Abwehr­spie­ler übrig hat, wie es ja auch ange­kün­digt wur­de. Völ­lig fehl am Platz ist übri­gens die Häme, die nach dem heu­ti­gen Test­spiel über Zie­l­er aus­ge­schüt­tet wur­de, vor allem in gewohnt niveau­ar­men Face­book-Kom­men­ta­ren. Ich hof­fe, dass es hier auf­grund der Auf­stiegs­eu­pho­rie nicht zu Stim­mungs­ma­che gegen den “Neu­an­kömm­ling ” kommt, nur weil er “Auf­stiegs­held” Mitch Lan­ge­rak den Platz strei­tig macht.

Möge der Bes­se­re gewin­nen. Und mögen noch ein paar Innen­ver­tei­di­ger kom­men!

Bild: Micha­el Kra­ne­wit­ter, Wiki­me­dia Com­monsCC-by-sa 4.0

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