Neu im Brustring: Ozan Kabak

Die Gerüch­te bestä­tig­ten sich schließ­lich. Der VfB hat ges­tern die Ver­pflich­tung des 18jährigen Innen­ver­tei­di­gers Ozan Kabak von Gala­ta­sa­ray ver­mel­det. Wir stel­len Euch den neu­en Rekord­trans­fer vor.

Ver­gan­ge­ne Woche lie­ßen die Bay­ern ver­lau­ten, dass Ben­ja­min Pavard von die­sem Som­mer an ihr Tri­kot tra­gen wird, am gest­ri­gen Don­ners­tag hat der VfB schein­bar dar­auf reagiert und für kol­por­tier­te 12 Mil­lio­nen Euro Ozan Kabak von Gala­ta­sa­ray Istan­bul ver­pflich­tet. Um mehr über den bis­lang teu­ers­ten Neu­zu­gang der Ver­eins­ge­schich­te zu erfah­ren, haben wir uns an Fatih Demi­re­li (@demireliDE) gewandt, der den Trans­fer bereits ges­tern bei Twit­ter kom­men­tier­te. Er ist Her­aus­ge­ber und Chef­re­dak­teur des Socra­tes Maga­zins, Fan von Gala­ta­sa­ray und ein Ken­ner des tür­ki­schen Fuß­balls und konn­te uns zum 18jährigen Neu-Brust­ring­trä­ger eini­ges inter­es­san­tes erzäh­len.

Wenig überraschender Durchbruch

Kabak wur­de am 25. März 2000 in Anka­ra gebo­ren, wird also bald 19. Mit elf Jah­ren schloss er sich dann Gala­ta­sa­ray an und durch­lief die Jugend­mann­schaf­ten des Clubs. Sein Pro­fi­de­büt für “Gala” fei­er­te er Ende der ver­gan­ge­nen Sai­son als er gegen Yeni Mala­tyaspor in der 9o. Minu­te eingwech­selt wur­de. In der aktu­el­len Spiel­zeit schaff­te er dann in der Innen­ver­tei­di­gung den Durch­bruch, bestritt 13 von 17 Hin­run­den­spie­len in der Süper Lig und und vier von sechs Spie­len in der Cham­pi­ons League — bis auf eines stand er in allen 17 Sai­son­spie­len in der Start­elf und absol­vier­te die vol­len 90 Minu­ten. Ein Kar­rie­re­start, der laut Fathi kei­nes­wegs kom­plett über­ra­schend kommt. Fatih Terim, der seit 2002 im Wech­sel die tür­ki­sche Natio­nal­mann­schaft und Gala­ta­sa­ray trai­niert, habe ihm bereits 2013 eine gro­ße Kar­rie­re pro­phe­zeit. Vor einem Jahr sei Kabak aller­dings noch sehr schmäch­tig gewe­sen. Den Hin­weis, er müs­se an sei­ner Phy­sis arbei­ten, nahm er an und erfüllt jetzt die Erwar­tun­gen, die schon lan­ge in ihn gesetzt wur­den. Beein­dru­ckend ist auch, dass er nicht durch Ver­let­zun­gen von Mit­spie­lern in die Start­elf rutsch­te, son­dern sich gegen fünf Kon­kur­ren­ten auf sei­ner Posi­ti­on durch­setz­te, obwohl er im Som­mer­trai­nings­la­ger ver­letzt fehl­te und dem­entspre­chend nicht den glei­chen kör­per­li­chen Fit­ness­zu­stand wie sei­ne Kol­le­gen hat­te.

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Fatih beschreibt Kabak als extrem zwei­kampf­stark, auch in der Luft. Außer­dem liegt sei­ne Stär­ke im Spiel­auf­bau, im Lau­fe der Hin­run­de habe er eini­ge lan­ge und vor allem ziel­ge­naue Bäl­le an den Mann gebracht. Schwä­chen habe er sowohl im Posi­ti­ons­spiel, als auch im Timing, wes­we­gen ihm schon das ein oder ande­re elf­me­ter­rei­fe Foul unter­lau­fen sei. Durch­aus nichts unge­wöhn­li­ches bei jün­gern Spie­lern, denen häu­fig noch die Erfah­rung fehlt, um Zwei­kämp­fe zu anti­zi­pie­ren und dem­entspre­chend Fouls in gefähr­li­chen Bereich zu ver­mei­den. Fatih bezeich­net sie auch ent­spre­chend als “jugend­li­che Feh­ler”, attes­tiert ihm aber, er habe das Zeug, “ein ganz Gro­ßer sei­ner Zunft zu wer­den”, er sei ein intel­li­gen­ter und auf­ge­weck­ter Jun­ge, auch abseits des Plat­zes. Tak­tisch agier­te Kabak und Terim sowohl in einer Vierer‑, als auch in einer Drei­er­ket­te erfolg­reich. Auch die Nach­wuchs­na­tio­nal­mann­schaf­ten der Tür­kei hat er durch­lau­fen, zuletzt die U18, Fatih ist sich aber sicher, dass eine Ein­la­dung in die A‑Nationalmannschaft bald fol­gen wird.

Stand jetzt wür­de der VfB also mit sechs Innen­ver­tei­di­gern — Kabak, Bad­s­tu­ber, Pavard, Baum­gartl, Kempf und Aido­nis — in die Rück­run­de gehen, Gerüch­te über einen kurz­fris­ti­gen Abgang Pavards oder Bad­s­tu­bers wur­den zuletzt demen­tiert, auch wenn der VfB den Trans­fer von Pavard sei­ner­seits noch nicht bestä­tigt hat. Abge­se­hen vom star­ken Kon­kur­renz­druck auf die­ser Posi­ti­on stellt sich natür­lich die Fra­ge, wie schnell sich ein 18jähriger Spie­ler bei sei­ner ers­ten Aus­lands­sta­ti­on akkli­ma­ti­siert. Fatih ist sich sicher, dass Kabak sich schnell ein­ge­wöh­nen wird. Er sei nicht kon­takt­scheu und angeb­lich sehr sprach­be­gabt, wer­de also in sei­nen sprach­li­chen Kon­tak­ten nicht auf Halil Altin­top und Ber­kay Özcan beschränkt sein. Auch sport­lich wird er schnell ankom­men, pro­phe­zeit Fatih: “Wer bei Gala­ta­sa­ray, unter Fatih Terim, und in der kom­ple­xen tür­ki­schen Liga ohne Anlauf auf Anhieb Stamm­spie­ler wird, sei­nen Mann in der Cham­pi­ons League steht, wird jeder Mann­schaft sofort hel­fen kön­nen.”

Zu schön, um wahr zu sein?

Der VfB ver­pflich­tet also einen blut­jun­gen, talen­tier­ten Innen­ver­tei­di­ger mit Cham­pi­ons League-Erfah­rung, hin­ter dem eigent­lich halb Euro­pa her gewe­sen sein müss­te (und wahr­schein­lich auch war), der den nur wenig älte­ren Welt­meis­ter-Innen­ver­tei­di­ger ersetzt. Kingt fast zu schön um wahr zu sein. Sicher­lich, finan­zi­ell lässt sich die­ser Trans­fer auf jeden Fall stem­men, schließ­lich erhält man ja für Pavard eine statt­li­che Sum­me. So war der VfB sogar in der Lage, für Kabak bereits im Win­ter einen wesent­lich höhe­ren Preis zu zah­len als die für den Som­mer fest­ge­leg­te Trans­fer­sum­me von 7,5 Mil­lio­nen Euro. Die Füh­rung von Gala­ta­sa­ray habe Kabak in der Ver­gan­gen­heit falsch ein­ge­schätzt und es ver­passt, ihm einen neu­en Ver­trag mit einer ent­spre­chend höhe­ren fes­ten Ablö­se anzu­bie­ten, so Fatih. Die Ablö­se, die der VfB jetzt zahlt, sei er auf jeden Fall wert, ange­sichts der Kon­kur­renz habe der VfB sogar ein Schnäpp­chen gemacht. Wenn nichts Außer­ge­wöhn­li­ches pas­sie­re, wer­de Kabak irgend­wann für ein Viel­fa­ches der 12 Mil­lio­nen wei­ter­zie­hen. Die Fra­ge, die direkt im Anschluss auf­kam: An wen?

Angeb­lich soll der FC Bay­ern sich bereits eine Art Vor­kaufs­recht gesi­chert haben, ähn­lich wie beim Fall des ehe­ma­li­gen VfB-Spie­lers Ser­ge Gna­b­ry, der von Arse­nal erst nach Bre­men und wenig spä­ter nach Mün­chen wech­sel­te. Kicker-Redak­teur Geor­ge Mois­si­dis, der das The­ma in sei­nem Arti­kel in der Print­aus­ga­be auf­griff, fragt sich vor allem, war­um Kabak letz­te Woche noch einen Medi­zin­check in Stutt­gart plat­zen ließ und sich jetzt plötz­lich ument­schied.

Seit­dem dreht sich die Dis­kus­si­on, zumin­dest auf Twit­ter, eigent­lich weni­ger um die Qua­li­tä­ten des Spie­lers, son­dern mehr um die Begleit­um­stän­de sei­nes Wech­sels, auch nach­dem Micha­el Resch­ke eine sol­che Abspra­che demen­tiert hat­te. Dass man ihm das spä­tes­tens nach der Ent­las­sung von Tay­fun Korkut nicht mehr unein­ge­schränkt glaubt, hat Resch­ke sich natür­lich sel­ber zuzu­schrei­ben. Auf der ande­ren Sei­te ist es natür­lich auch schwie­rig, ihm jetzt bei jeder Aus­sa­ge pau­schal eine Lüge zu unter­stel­len. Den­noch muss die Fra­ge erlaubt sein, war­um sich Kabak aus­ge­rech­net für den Tabel­len-16. der Bun­des­li­ga ent­schie­den hat, der in abseh­ba­rer Zeit nicht inter­na­tio­nal spie­len wird und im ver­gan­ge­nen Kalen­der­jahr drei Trai­ner ver­schlis­sen hat. Dass der VfB ande­re Ver­ei­ne über die Höhe der Ablö­se­sum­me aus­ge­sto­chen hat, kann ich mir heut­zu­ta­ge kaum noch vor­stel­len, per­sön­li­che Ver­bin­dun­gen nach Stutt­gart hat er auch nicht und so schön die Kara­wa­ne Cannstatt auch ist hal­te ich es für unrea­lis­tisch, dass sie ein höhe­res Gehalt und die Aus­sicht auf inter­na­tio­na­len Fuß­ball woan­ders auf­wiegt. Aber viel­leicht hat Micha­el Resch­ke ihm auch eine kurz- bis mit­tel­fris­ti­ge Per­spek­ti­ve des und beim VfB auf­ge­zeigt, die Kabak über­zeugt hat.

Große Konkurrenz in der Abwehr

Dass die Bay­ern ihre Fin­ger im Spiel haben, ist und bleibt Spe­ku­la­ti­on, aber es wäre eben auch kein Prä­ze­denz­fall, denn auch die Bre­mer demen­tier­ten damals ein sol­ches Ver­trags­kon­strukt hef­tig. Des­we­gen ist es umso wich­ti­ger, genau hin­zu­schau­en, ob der VfB sich hier zum Aus­bil­dungs­ver­ein des FC Bay­ern macht und Kabak irgend­wann zum Freund­schafts­preis die A8 run­ter­schickt. Natür­lich könn­ten wir uns auch dann über einen schein­bar sehr guten Innen­ver­tei­di­ger freu­en, wenn dem so wäre, es hät­te aller­dings auch einen bit­te­ren Bei­geschmack. Die Zeit wird es zei­gen. Die Gala­ta­sa­ray-Fans jeden­falls ver­ab­schie­de­ten, wenn man die sozia­len Netz­wer­ke als Maß­stab neh­men kann, freund­lich von Kabak, auch weil sie wohl, so Fatih wis­sen, dass der Ver­ein ihn der Ablö­se wegen ver­kau­fen woll­te, denn der Spie­ler hat­te letz­te Woche erst ange­kün­digt, bis zum Som­mer blei­ben zu wol­len.

Wie bereits ange­spro­chen bin ich gespannt, wie die Innen­ver­tei­di­gung in der Rück­run­de aus­se­hen wird. Kabak wird mor­gen in Mainz noch nicht auf dem Platz ste­hen und Pavard ist auch noch eine Wei­le ver­letzt. Aber spä­tes­tens gegen Mit­te der Rück­run­de haben wir ein Über­an­ge­bot an Innen­ver­tei­di­gern und je nach­dem, ob Pavard und Bad­s­tu­ber wie­der in Form kom­men, auch einen star­ken Kon­kur­renz­kampf. Viel ent­schei­den­der für den Klas­sen­er­halt ist aber mei­ner Mei­nung nach, dass der VfB ein grif­fi­ges Offen­siv­kon­zept fin­det. Wenn Ozan Kabak dann hin­ten noch den Laden dicht hält: Umso bes­ser.

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