Der VfB siegt im Heimspiel gegen Freiburg mit 3:0 und schwimmt sich im Abstiegskampf frei. Ein wichtiger Sieg zum richtigen Zeitpunkt.
Disclaimer: Ich habe das Spiel gegen Freiburg nur in der Zusammenfassung gesehen. Das kommt leider auch mal vor und war unvermeidlich. Deswegen soll es hier weniger um den Hergang des Spiels und einzelne bedeutsame Szenen gehen, sondern vielmehr um die Bedeutung, die der Sieg in der gegenwärtigen Situation hat.
Denn die sieht nach dem 3:0 gegen die Südbadenser schon wesentlich freundlicher aus also noch vor sieben Tagen. Erinnern wir uns zurück: Nach der 0:1‑Niederlage in Leipzig wurde das Grummeln und Bruddeln am Wasen erstmals so laut, dass man nicht umhin konnte, es wahrzunehmen. Der Trainer wechsele falsch ein und halte zu steif an seiner Dreier-/Fünferkette fest. Terodde sei für die Bundesliga nicht gut genug. Der VfB schieße im Allgemeinen zu wenig Tore. Dann kam ein spielerisch teilweise gruseliges aber am Ende durch drei Tore dennoch von Erfolg gekröntes Pokalspiel in Kaiserslautern und schließlich das Heimspiel am Sonntagabend.
Heldenzeit
Bedingt durch die erneute Verletzung von Holger Badstuber stellte Hannes Wolf diesmal auf einer Viererkette mit Pavard und Baumgartl im Zentrum um. Die Doppelsechs bildeten wieder Burnic und Ascacíbar, vorne rückten Özcan und bereits zum zweiten Mal Daniel Ginczek in die Startelf.
Ich mag das Konzept Badstuber. Baumgartl & Pavard können sich immer zwei Wochen was abschauen und es dann selber ausprobieren. #VfB
— SvenSation (@sven_sation) October 29, 2017
Es sollte das Spiel der Überraschungshelden werden. Berkay Özcan zum Beispiel, dem der Vertikalpass die Überschrift seines Rückblicks gewidmet hat. Er bereitete nicht nur Ginczeks Tor durch eine Flanke vor, sondern auch Benjamin Pavards Kopfballtor zum 2:0 und beförderte sich damit mit einem Schlag heraus aus der Versenkung, in der er seit dem Aufstieg verschwunden war.
Womit wir schon bei zwei weiteren Helden sind. Benjamin Pavard belohnte sich für seine überwiegend starken Defensivleistungen mit seinem ersten Bundesliga-Treffer und auch Ginczek traf nach dem verwandelten Elfmeter gegen Kaiserslautern erneut. Dass Simon Terodde seinen zweiten Bundesliga-Treffer erzielte, rundete die offensive Glückseligkeit beim VfB ab. Sechs Tore in zwei Spielen? Da kann man die Offensivflaute ja nur für beendet erklären.
Nun, ganz so einfach ist es natürlich nicht. Denn während sich die Brustringträger am Mittwoch im Pokal bei dem Tabellenletzten der 2. Bundesliga durchsetzte, spielten sie am Sonntag knapp 80 Minuten lang in Überzahl. Dass dadurch nicht automatisch Tore für den VfB fallen, hat man in Frankfurt gesehen. Aber es stimmt natürlich schon, dass jeder einzelne Freiburger den Ausfall des elften Spielers durch eigenen Mehraufwand kompensieren musste, auch wenn das bei den Toren selber wenig zur Sache tat: Ginczek und Pavard trafen jeweils aus einem vollbesetzten Strafraum heraus, Terodde verwertete einen hängengebliebenen Torschuss von Ascacíbar.
Dreier zum richtigen Zeitpunkt
Wir dürfen jetzt also nicht davon ausgehen, dass wir am Samstag den HSV, der seit Ende August kein Bundesliga-Spiel mehr gewonnen hat, aus dem Volksparkstadion ballern werden. Zu eng ist da im Tabellenkeller immer noch alles beieinander, zu anfällig ist der VfB weiterhin für Gedankenlosigkeiten in der Abwehr. Auch am Sonntag hätte man sich nach der 2:0‑Halbzeitführung etwas mehr Konsequenz beim Einsacken der drei Punkte gewünscht.
VfB so: Wir führen 2:0.#VfBSCF pic.twitter.com/fBrEWOLByt
— Karone (@Kar0ne) October 29, 2017
Auf der anderen Seite hat der VfB jetzt sechs Punkte Vorsprung auf den HSV, der auf dem Relegationsplatz steht und geht mit Rückenwind in die anstehenden Duelle mit den beiden Nordvereinen im Tabellenkeller sowie gegen Mitaufsteiger Hannover und den BVB, der zuletzt gegen ebenjene 96er verlor. Dann haben wir 14 Spiele absolviert und können hoffentlich einigermaßen beruhigt in die drei Partien gegen Bayer, Hoppenheim und die Bayern gehen, bevor wir das Jahr im Pokal in Mainz ausklingen lassen.
Der Dreier gegen Freiburg könnte ein Sieg zum richtigen Zeitpunkt (gibt es einen falschen für einen 3:0‑Heimsieg?) gewesen sein, wenn wir das gute Gefühl von zwei Siegen und sechs Toren innerhalb von fünf Tagen mitnehmen, dabei aber nicht überheblich werden und denken, dass es in Hamburg von alleine läuft. Dieser Sieg könnte dem VfB also die Hinrunde gerettet haben.
WTF?!
Kommen wir zu den Nebengeräuschen dieses Heimsiegs. Ich hab eigentlich immer noch keine Lust, mich jede Woche über den Videobeweis zu ärgern. Ich muss es aber trotzdem tun. Auch wenn der VfB, wie schon gegen Köln, diesmal davon profitiert hat. Früher — und ich bin beileibe nicht jemand, der früher “alles besser” fand — war Foul, oder in diesem Fall Handspiel, wenn der Schiedsrichter pfeift. Meistens lag der Unparteiische damit richtig, manchmal auch nicht, das liegt in der menschlichen Natur. Heute ist Handspiel und Rot, wenn sich der Videoschiedsrichter in Köln ein paar Minuten nach der fraglichen Szene einschaltet, der Schiedsrichter auf dem Feld trotzdem noch Rot zeigt und seine Entscheidung hinterher doch noch in Frage stellt. Anschließend muss man als Betrachter noch philosophieren, ob er Videoschiedsrichter überhaupt hätte eingreifen dürfen. Schiedsrichter Stieler sagte, mit etwas mehr Ruhe habe er anders entschieden. Wait, what?
Ist der Fußball dadurch “gerechter” geworden? Vielleicht hat sich alles in allem die Zahl der Fehlentscheidungen ein wenig reduziert. Vielleicht auch, weil sich die Schiedsrichter auf dem Feld ein wenig auf den Videoassistenten verlassen: Wenn der sich nicht meldet, wird es schon nichts gewesen sein. Erspart der Videobeweis Schiedsrichtern endlose Diskussionen über ihre Entscheidungen? Das wäre ja noch ein Nebeneffekt der Neuerung, die man aus Sicht des DFB nachvollziehen könnte. Nein, das Gegenteil passiert. Wir haben weiterhin Ermessensentscheidungen, die unter Druck getroffen werden. Nur dauern sie jetzt länger. Und keiner im Stadion weiß, was passiert und alle sind frustriert.
Kein Derby, keine Verschwörung
Am Sonntag war das vor allem Christian Streich:
…keine Ahnung, warum sie das mit uns machen. Aber die Bundesliga ist ein großes Geschäft — und wir gehören nicht zu den Großen.
Inhaltlich kann ich den Ärger der Freiburger vollkommen nachvollziehen, wie bereits beschrieben. Die Art und Weise, wie seit ein paar Jahren unabsichtliche Handspiele in der Bundesliga gepfiffen werden, ist ein Witz. Mittlerweile muss man sich im Strafraum ja schon im Schnellverfahren die Arme absäbeln, um einen Handelfmeter zu vermeiden. Was aber Streich und dem SC Freiburg auch nicht gut zu Gesicht steht, sind solche Verschwörungstheorien mit dem Tenor “Immer auf die Kleinen”. Schließlich war es der VfB, der hier als Aufsteiger antrat. Man kann DFB und DFL und auch Schiedsrichtern vieles vorwerfen. Aber die systematische Benachteiligung einer bestimmten Mannschaft mit Sicherheit nicht. Natürlich ist es frustrierend, wenn man mehrmals in Folge durch Fehlentscheidungen einen Nachteil erleidet. Aber diese Form des Lamentierens sollte Streich lieber den Fans überlassen. Denn das ist weder “Kult”, noch “authentisch”, sondern einfach nur lächerlich:
Und, achja: Derby ist gegen den KSC.