Die 0:1‑Niederlage des VfB in Bremen war zwar kein Rückschlag, aber doch ein ziemlicher Dämpfer im Kampf um den Klassenerhalt. Schaffen wir so die 20 Punkte zur Winterpause?
Eigentlich hatten wir uns ja erhofft, dass der Sieg gegen Dortmund, insbesondere die zweite Halbzeit, eine Initialzündung für die beiden folgenden Spiele gegen Gegner auf Augenhöhe sein würde. Nicht, dass ich davon ausgegangen bin, dass wir da mit sechs Punkten rausgehen würden. Aber ein bisschen mehr als ein Zähler hätte es dann schon sein dürfen und auch ein bisschen mehr als ein einziges Tor. Denn, man darf nicht müde werden es zu erwähnen: Es sind nicht die Überraschungssiege gegen Mannschaften wie Dortmund, die am Ende für den Klassenerhalt verantwortlich sein werden, sondern die Siege gegen direkte Konkurrenten. Schaut man sich die bisherige Bilanz gegen die Mannschaften der zweiten Tabellenhälfte an, so hat der VfB in diesen Spielen vier Siege, drei Niederlagen und ein Unentschieden. Passabel, aber eigentlich zu wenig, wenn man bedenkt, dass man gegen die obere Tabellenhälfte nur eines von sechs Spielen gewonnen hat.
Ohne den Bremern zu nahe treten zu wollen, die auch am Samstag eine ordentliche Leistung zeigten: Diese Mannschaft hat zwar hinten den Laden ähnlich dicht gehalten wie der VfB (16 Gegentore) hat aber, nimmt man den Kantersieg gegen Hannover aus, in zwölf Spielen vier Tore erzielt. Nicht umsonst hatte der VfB nach 13 Spielen acht Punkte mehr auf dem Konto als Werder. Aus so einem Spiel musst Du, ohne das Spiel in Hannover zu betrachten, mindestens einen Punkt mitnehmen. Dieses Spiel zu verlieren ist eigentlich keine Option. Wie schon bei der Partie in Hamburg kriegte das VfB das trotzdem hin. Aber wie?
Zur falschen Zeit am falschen Ort
Zunächst einmal, in dem er — offensichtlich — keine Tore schoss. Und sich auch nicht wirklich zwingende Chancen herausspielte. Erneut machte Asano, unterstützt von Brekalo und Özcan, vorne den Alleinunterhalter. Anders als in Hannover, wo seine Geistesgegenwart und Kaltschnäuzigkeit zum 1:0 führte, funktionierte das diesmal überhaupt nicht. Er profitierte zwar zunächst erneut von einem Abwehrfehler des Gegners, konnte sich aber im anschließenden Zweikampf nicht durchsetzen. Hier wäre vielleicht ein Simon Terodde sinnvoller gewesen, der zwar nicht die Schnelligkeit seines Kollegen besitzt, aber sich aufgrund seiner Statur besser hätte behaupten können. Er kam stattdessen in der zweiten Halbzeit, als die Bremer nach eigener Führung hinten dicht machten und er sich in bekannter Manier gegen eine tiefstehende Abwehr schwer tat.
Und auch der Rest der VfB-Offensive machte es nicht besser. Gerne hätte ich zur Halbzeit die komplette Offensivreihe gegen die auf der Bank wartenden Terodde, Akolo und Donis ausgetauscht. Stattdessen begann Wolf erst nach 57 Minuten mit den Auswechslungen. Offensiv klassisch vercoacht also? Nicht ganz.
oh man, weil sie verletzt waren.
— Bart Falko (@Bart1893) December 2, 2017
Der Einwand ist natürlich völlig berechtigt. Akolo und Donis kamen aus Verletzungspausen zurück, die eine länger, die andere kürzer. Trotzdem hätte Terodde viel früher kommen müssen und auch den angesprochenen Akolo und Donis hätte ein wenig mehr Spielzeit nicht geschadet, dem VfB hätte sie vielleicht sogar genutzt.
Hinten gepennt, vorne einfallslos
Denn leider passierte das, was auswärts bei diesem Gegner nicht passieren durfte: Man geriet in Rückstand durch einen Freistoß der keiner war. Warum wir trotzdem besser damit fahren, diese Niederlage nicht am Schiedsrichter festzumachen?
Das Tor von Werder ist durchaus kurios. Einerseits kein Foul vor dem Freistoß, andererseits wäre das Tor exakt so auch ohne den Freistoß möglich gewesen. We’ll never know.
— Tobias Escher (@TobiasEscher) December 2, 2017
Da war er wieder, der eine Fehler, der der VfB-Defensive dann doch einmal unterläuft. Sowohl Baumgartl, als auch Abwehrchef Badstuber waren vom schnellen Pass auf Kruse überrascht und überfordert. Dass so ein Ding für Werder für die drei Punkte reichte, ist schon bitter. Dass man die — diesmal erfreulich schnelle — Rücknahme des 2:0 dank Videoschiedsrichter nicht nutzte, um nach dem letzten Strohhalm zu greifen, noch viel bitterer. Denn auch wenn die VfB-Abwehr abgesehen von der Schlussphase hinten nicht mehr wahnsinnig viel zuließ: Das Offensivspiel nach dem Wiederanpfiff war ein Grauen und wohl auch der Auslöser für den Unmut vieler mitgereister Fans.
Wie beim Handball schob sich der VfB den Ball rund um den Strafraum der Heimmannschaft hin und her. Anstatt dass aber mal einer den Schritt Richtung Kreis wagte oder dass ein anderer durch einen klugen Pass ein Loch in die Abwehr riss, wurde der Ball viel zu häufig auch nach hinten gespielt, um das Spiel von dort wieder aufzubauen und den Ball letztendlich zu verlieren. Mehr als ein paar Alibichancen kamen dabei nicht heraus, im Gegenteil, zwischenzeitlich musste Ron-Robert Zieler sogar Rückpässe aus dem eigenen Strafraum annehmen und rechtzeitig aus der Gefahrenzone befördern. Auch insgesamt acht Ecken brachten nichts ein. Auch weil erneut kaum verwertbares in den Strafraum flog, sei es nach ruhenden Bällen oder aus dem Spiel. Terodde wurde ausgerechnet gegen Insua eingewechselt, auf der gegenüberliegenden Seite mühte sich Beck zwar, bewies aber einmal mehr, dass seine Stärken eher in der Defensive liegen. Auch wenn Zieler am Ende den obligatorischen Sprint zum gegnerischen Tor machte: Von einem Anrennen konnte man nicht wirklich reden. Es war mehr ein Hoffen, dass der Ball wie von Zauberhand doch noch ins Tor fallen möge.
Schweres Restprogramm
Dass dem am Ende nicht so war, ist ärgerlich. Denn wie bereits angesprochen, hätte ich mir aus den beiden Spielen in Hannover und Bremen mehr erhofft als nur einen Punkt. Denn das Restprogramm im Jahr 2017 hat es in sich. Bayer Leverkusen hat zwar zuletzt auch viel Unentschieden gespielt und steht wahrscheinlich auch deshalb nur auf Platz neun, hat aber nichtsdestotrotz das letzte Mal am 20. September ein Spiel verloren. Über die Stärke der Kicker vom Technikmuseum und der Bayern brauchen wir nicht diskutieren. Es ist nicht gerade wahrscheinlich, dass der VfB seinen ersten Auswärtsdreier ausgerechnet über die A6 entführt.
Natürlich ist das alles noch nicht dramatisch. Aber ärgerlich. Es ist ärgerlich, dass man immer noch kein einziges Auswärtsspiel gewonnen hat. Sollte die Serie ungeschlagener Heimspiele am Freitag oder spätestens am 17. Spieltag doch reißen, können wir uns von dieser Statistik auch nichts mehr kaufen. 20 Punkte zur Winterpause, also die Hälfte der ominösen 40, wären schön gewesen. Für realistisch halte ich diese Punkteausbeute jetzt nicht mehr. Immerhin: Die — teilweise überraschende Heimstärke — führt dazu, dass wir nie mehr als ein Spiel verlieren, bevor der nächste Punktgewinn kommt.
Stabil genug für eine Negativserie?
Allein: Auf die Heimspiele möchte ich mich nicht verlassen. Um den Teufel ein bisschen an die Wand zu malen: Im März 2016 hatten wir auch einen komfortablen Vorsprung vor den Abstiegsplätzen, bevor die Mannschaft in den Abwärtsstrudel geriet. Ich gehe zwar nicht davon aus, dass dieser Mannschaft das gleiche passieren wird, schließlich hatte die Abstiegstruppe bereits am Saisonbeginn bewiesen, wie tief sie sich reinreiten kann. Aber ist diese Mannschaft, die zu großen Teilen Niederlagen-Serien im Brustring überhaupt nicht kennt, in der Lage, eine solche kurzfristig zu beenden und den dann nötigen Turnaround zu schaffen? Ich hoffe es, aber restlos überzeugt bin ich nicht, zumal mein Vertrauen in jene erfahrenen Spieler, die eine solche Entwicklung frühzeitig erkennen oder zumindest rechtzeitig aufhalten könnten, nicht unbegrenzt ist. Teils aus historischen Gründen, teils aus physischen.
Drei oder zumindest ein Punkt in Bremen hätten vieles einfacher gemacht. Jetzt müssen wir damit leben, dass wir auch weiterhin den Kopf über Wasser halten. Aber mehr eben auch nicht.