Der VfB kassierte bei den Bayern die erwartete Klatsche. 0:4 hieß es am Ende, und das nur, weil die Münchner in der zweiten Halbzeit ein paar Gänge zurück schalteten. Wie es zu diesem Ergebnis kommen konnte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Über das Auftreten der Spieler in diesem Duell, in dem es für sie nichts zu verlieren gab, wird kaum gesprochen.
Sicherlich ist es keine Schande, in München zu verlieren und letztlich kassierte der VfB im Schlauchboot sogar einen Treffer weniger als Dortmund, Arsenal und Wolfsburg. Und auch das Schiedsrichtergespann war, wenn nicht am Ergebnis, dann doch zumindest an der Entstehung von zwei, beziehungsweise Verhinderung von einem Tor entscheidend beteiligt. Am Ende waren sich jedoch alle einig, dass die Gastgeber den VfB höher hätten schlagen können, wenn sie denn gewollt hätten.
Taktik oder Willen?
Die Meinung zu diesem Spiel ist recht einhellig: Alexander Zorniger hat zuerst den Mund zu voll genommen und seine Mannschaft dann mit einer naiven Taktik den übermächtigen Bayern zum Fraß vorgeworfen. Eine ähnliche Kritik musste sich der Trainer schon nach dem Gastspiel der Brustringträger in Leverkusen anhören, wo es auch vier Tore hagelte.
Allein: Der Hagel an Gegentoren ist nicht allein und nicht hauptsächlich auf die offensive Ausrichtung der Mannschaft zurück zu führen. Beispiel Leverkusen: Der Anschlusstreffer fällt nach einer kurz ausgeführten Ecke, auf die kein VfB-Spieler reagiert, auch der Ausgleich fällt nicht nach einem überfallartigen Konter der Gastgeber, sondern weil Mehmedi nicht ordentlich attackiert wird. Beim Führungstreffer schließlich kann man der Mannschaft attestieren, dass sie hinten ein bißchen unterbesetzt sind. Hätte die Mannschaft aber nicht bereits vorher das Verteidigen eingestellt, obwohl man mit genügend Verteidigern in Ballnähe war, kommt es erst gar nicht zu so einer Spielsituation. In diesen entscheidenden Szenen zum 2:3 und 3:3 fehlt es den Spielern an dem Willen, die Gegentore zu verhindern, sich für den Erhalt des Vorsprungs zu zerreissen. Stattdessen reiht sich defensiv eine Unkonzentriertheit an die andere.
Ein ähnliches Bild gegen die Bayern. Beim 1:0 ist nach der VfB Ecke nur noch ein Spieler vorhanden, der nach hinten absichert und folgerichtig von den Münchnern heillos überrannt wird. Auch das 2:0 fällt aus einer Münchner Überzahl vor dem Stuttgarter Strafraum, allerdings auch aus einer Abseitssituation. Was sich aber neben zwei weiteren Toren, die wieder einmal aus der Unfähigkeit oder dem Unwillen zur Verteidigung resultieren und nicht aus einer zu weit aufgerückten Viererkette, noch ereignet ist folgendes: Keine einzige gelbe Karte. 26 % Ballbesitz. 41 % gewonnene Zweikämpfe. Die VfB-Mannschaft, die in München nichts zu verlieren hatte, schenkt das Spiel einfach her, verteidigt wie in Leverkusen nur halbherzig und kassiert Tore, die mit ein bißchen mehr Einsatz zu verhindern gewesen wären, wenn auch die Niederlage wahrscheinlich unvermeidlich war.
Der Mannschaft stünde ein wenig mehr Selbstkritik gut zu Gesicht
Wenn also Kapitän Christian Gentner und Timo Werner nach dem Spiel gegenüber der Presse äußern, dass man “vielleicht zu viel gewollt” habe (Gentner) und man habe “genau das gespielt, was die wollten”, sollten sie sich, gemeinsam mit ihren Mannschaftkameraden, vielleicht zunächst einmal an die eigene Nase fassen. Die Unkonzentriertheiten ziehen sich auch durch die Heimsiege gegen Darmstadt und Ingolstadt, aber in diesen Spielen verbiss man sich zumindest in den Gegner und brachte am Ende das Spiel, sogar zu null, über die Zeit. Gegen die Bayern hatten die Spieler scheinbar schon mit Anpfiff keine Lust, sich gegen die drohende Niederlage zu stemmen. In Leverkusen wurde einmal mehr das Fehlen eines Führungsspielers deutlich, es fühlte sich keiner dafür verantwortlich, der Bayer-Offensive, die man sehr wohl verteidigen konnte, etwas entgegen zu setzen.
Sicherlich: Die defensiven Schwächen des VfB können auch etwas mit unzureichendem Defensivtraining zu tun haben. Aber nach den zumindest vom Ergebnis her erfolgreichen Heimsiegen die Mannschaft für die Debakel in Leverkusen und München aus der Verantwortung zu entlassen, wäre fahrlässig.
Auch in dieser Saison wird die Mannschaft ihre Fahrlässigkeiten und Unkonzentriertheiten wohl erst ablegen, wenn ihr das Wasser wieder an der Oberkante der Unterlippe steht. Hoffen wir, dass sie sich gegen Augsburg ihrer Verantwortung gegenüber Trainer und Fans wieder bewusst wird.