Der VfB holt in Frankfurt immerhin ein Unentschieden. So richtig weiter bringt einen das aber weder in der Tabelle, noch in der Analyse.
Wie aus dem Nichts stürmte Genki Haraguchi plötzlich in der 75. Minute Richtung Frankfurt Tor, fand Silas und der behielt endlich mal einen kühlen Kopf und netzte zum ersten Mal seit dem 4:1 gegen Bochum. Das Tor fiel mitten in eine Frankfurter Drangphase, die quasi mit dem Wiederanstoß begonnen hatte und die die Eintracht auch bitter nötig hatte. Denn um mal zum zweiten Highlight aus Stuttgarter Sicht neben dem Tor zu kommen: In der ersten Halbzeit hatte der VfB den Champions-League-Teilnehmer und seinen Ausnahmestürmer Randal Kolo Muani ziemlich gut im Griff. So gut sogar, dass der Eintracht dank der aufmerksamen Defensivarbeit kein einziger Schuss aufs Tor gelang. Auch wenn Spieler wie Anton und Karazor ab einem gewissen Niveau des Gegners spielerisch überfordert sind, so gelang es der Mannschaft doch im Kollektiv, die Null zu halten.
Das Problem war nur: Sie stand zur Halbzeit auf beiden Seiten. Und dass, obwohl die Mannschaft es auch im Spiel nach vorne gar nicht mal so schlecht machte. Denn zusätzlich zum stabilen Defensivverbund klappte nun endlich auch einmal das Umschaltspiel so leidlich, erlief sich die mit Tomás auf links und Perea im Zentrum immerhin teilweise neu formierte Angriffsreihe immer wieder Bälle — die jedoch ihr Ziel nicht fanden, weil der entsprechende Spieler vorne an allen Ecken und Enden fehlte: Serhou Guirassy. Mal abgesehen davon, dass die Mannschaft bei so ziemlich jedem Angriff grundsätzlich von zwei möglichen Entscheidungen die falsche traf, gab es niemanden, den man vorne wirklich anspielen konnte. Perea ist eher ein klassischer Außenstürmer wie Tomás und Gil Dias fand sich zwischendurch sogar auf dem linken Flügel wieder. Wenn man also Kastanaras keinen Überraschungsauftritt zutraut und Pfeiffer als einziger Neuner nicht funktioniert — wäre es dann nicht an der Zeit, auf ein System mit zwei Stürmern umzustellen um, Zitat, “das spielen zu lassen, was die Mannschaft kann”?
Stur mit drei Stürmern
Stattdessen mühten sich die Brustringträger wieder ab, gingen mit einem guten, aber dennoch unbefriedigenden Gefühl in die Pause, nur um nach dem Wechsel von der Wucht der Frankfurter quasi erdrückt zu werden. Richtig überraschend war das nicht und dem VfB gelang bis zum Ausgleich nicht wirklich eine Entlastung. Woran man dann halt doch sieht, wozu die Eintracht imstande ist. Folgerichtig gingen die Südhessen dann auch in Führung, weil diesmal nicht einer patzte, sondern zur Abwechslung mal alle. Der VfB brachte den Ball auf beiden Flügeln nicht unter Kontrolle und erst recht nicht in der Mitte. Wie ein aufgescheuchter Schwarm Vögel stoben die Brustringträger durch den eigenen Strafraum, warfen sich kollektiv in alle Bälle und ließen sich wir schon im Hinspiel von Sebastian Rode ein unmöglichen Tor einschenken. Kann mal passieren sowas, beim VfB hat es halt System. Im Anschluss drehte die Eintracht so richtig auf und der VfB hatte seine liebe Mühe, nicht höher in Rückstand zu geraten.
Unterm Strich ging der Punkt in Ordnung, weil beide Mannschaften sich in der ersten Halbzeit neutralisierten und in der zweiten die jeweiligen Drangphasen des Gegners mit Ausnahme eines Gegentreffers unbeschadet überstanden — denn auch der VfB zog nach dem Ausgleich nochmal die Zügel an. Damit verlassen wir den 19er-Club und stehen zehn Spieltage vor Saisonende dank der Kölner Talfahrt, der Dortmunder Meisterschaftsangst, eines lachhaften Elfmeters und dem zweiten verpufften Trainereffekt in dieser Rückrunde auf den Relegationsplatz. Die Mannschaft hat sich immerhin ein wenig rehabilitiert, zum ersten Auswärtssieg seit 15 Monaten reichte es immer noch nicht, auch weil Bruno Labbadia immer noch zu stur ist, um seiner Mannschaft ein Offensivkonzept zu verpassen, das auch ohne Guirassy funktioniert. Die ebenfalls mit dem Torschützen Silas eingewechselten Führich, der eigentlich ein Achter ist, und Coulibaly, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, blieben ja auch eher blass. Jetzt geht es gegen die unangenehmen Wolfsburger — die nächste Gelegenheit für Trainer und Mannschaft zu zeigen, dass sie solche Spiele nicht nur gut gestalten, sondern auch gewinnen können. Es wäre höchste Zelt.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass findet: “Ganz klar: Der VfB muss nicht beim Champions League-Teilnehmer in Frankfurt gewinnen. Aber er kann. Jedoch nur, wenn er von Anfang an mit dem unbedingten Siegeswillen ins Spiel geht.” Stuttgart.International blickt nach dem Spiel auf die Labbadia-Tabelle.
Titelbild: © Alex Grimm/Getty Images