Beim Spitzenspiel in München kriegt der VfB die Stärken der vergangenen Spiele nicht auf den Platz und verliert verdient mit 0:3. Eine Lehrstunde.
Die jungen Leute in den sozialen Medien reden ja gerne davon, dass Mannschaften oder Spieler ihre Kontrahenten “einschulen”. Nun, nachdem der VfB am Sonntagabend in München das dritte viel zu einfache Gegentor kassierte — das fünfte, wenn der VAR nicht zweimal interveniert hätte — schrieb mit ein befreundeter Bayern-Fan: “Der VfB möchte bitte aus dem Bällebad abgeholt werden”. Und ich konnte ihm nicht mal widersprechen. Nach dem frühen Gegentore ließen die Bayern die Brustringträger ein bisschen vor sich hin daddeln und bestrafte dann fast jeden Fehlpass mit einem gefährlichen Gegenangriff.
Dabei ist es nicht so, dass der VfB nicht auch gegen den Meister sein kontrolliertes Passspiel hätte aufziehen wollen. Es ging nur spektakulär schief, weil die Fehlertoleranz gegen solche Gegner hat wesentlich geringer ist als gegen andere. So befreite sich die Mannschaft auch gegen Kane und Co. immer wieder sehenswert aus brenzligen Situationen, konnte aber in der Folge nichts daraus machen. Fehlpässe waren das eine Problem, das andere die unterirdische Zweikampfquote von 42 Prozent. Es war vielleicht das erste Spiel in dieser Saison, in der ich mir einen Wataru Endo zurück wünschte, der die riesigen Löcher in der Spielfeldmitte stopfte, durch die die Bayern immer wieder spazierten.
Zu einfach
Den größten Vorwurf, den man der VfB-Mannschaft in diesem Spiel machen musste, ist der, dass sie es dem Gegner viel zu einfach machten. Das 1:0 entstand aus einem Fehlpass, das erste abgepfiffene Tor aus einem unnötigen Handspiel. Der VfB konnte von Glück sprechen, dass zumindest das Ergebnis zur Halbzeit noch einigermaßen offen war. Auch nach der Pause zeigte die Mannschaft leider keine wirkliche Reaktion, kam immer nur so weit, wie die Bayern sie ließ und lief dann wieder hinterher. Mit mehr Bissigkeit in den Zweikämpfen und der gewohnten Ballsicherheit gegen ersatzgeschwächte Münchner wäre hier mehr drin gewesen. Stattdessen verwaltete man irgendwann nur noch den Rückstand.
Wobei: Mehr als ein Punkt wäre es wohl trotzdem nicht geworden, denn auch offensiv zeigte sich der VfB zu verspielt, reihte Pass an Pass wie auf eine Perlenkette, ließ aber jegliche Dynamik oder Überraschung vermissen, so dass der 24-Tore-Sturm quasi unsichtbar blieb. Leider änderte sich das auch durch die Hereinnahme von Silas nicht. Der VfB setzte Klötzchen auf Klötzchen und wunderte sich, dass die Bayern den Turm immer wieder umstießen. Die Möglichkeiten für ein vertikaleres Spiel waren da, aber die Brustringträger verzockt sich zu häufig im Klein-Klein. Gleichzeitig zeigten die Bayern ihre Qualität, mit der sich am Sonntag einzig Alex Nübel messen konnte, der den VfB mit Monsterparaden vor einem Debakel bewahrte.
Kein Spitzenspiel
“Wir konnten heute keinen Teil dazu beitragen, dass es ein Spitzenspiel wird”, gab Sebastian Hoeneß nach dem Spiel zu Protokoll und hat damit natürlich Recht. Das Gute ist: Die Saison besteht nicht nur aus Spitzenspielen an einem gebrauchten Tag. Auch wenn sie es einfach hatten, konnte man am Sonntag bei den Gastgebern die individuell stärkste Mannschaft dieser Liga sehen, der der VfB im Kollektiv nichts entgegen zu setzen hatte. Am Mittwoch werden die Rollen gegen Augsburg wieder anders verteilt sein. Natürlich muss die Mannschaft wieder ans Limit gehen und mehr Passsicherheit und Zweikampfhärte an den Tag legen. Aber sie kann auch ihre individuelle Qualität ausspielen.
Mund abputzen, wieder aufstehen — sucht euch eine Fußballfloskel aus. Ich bin allerdings zuversichtlich, dass die Mannschaft wie schon nach den letzten Niederlagen auch am Mittwoch eine Reaktion zeigen wird. Wir sind in der erfreulichen Situation, dass dies erst die vierte Niederlage in dieser Saison war. Nutzen wir auch diese als Anschauungsmaterial, wie es nicht laufen sollte, dann steht einem positiven Jahresausklang nichts mehr im Wege.
Zum Weiterlesen: Stuttgart.international sah den VfB chancenlos in Fröttmaning.
Titelbild: © MICHAELA REHLE/AFP via Getty Images
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