Historisch

Ja, ich weiß: Gro­ßes Wort. Aber das kann uns kei­ner mehr neh­men.

Man ist als VfB genüg­sam gewor­den. Und skep­tisch. 5:0 gegen Bochum? Schwa­cher Geg­ner. Siehs­te ja. Alles wie vor zwei Jah­ren. Frei­burg wird ein Grad­mes­ser. 5:0 gegen Frei­burg. Ja gut, die hat­ten nen schlech­ten Tag und aus­wärts ist was ande­res als zu Hau­se. Mainz wird eine rich­ti­ge Her­aus­for­de­rung! Waren sie auch, zumin­dest boten sie dem VfB mehr Gegen­wehr als die bei­den bis­he­ri­gen Heim­spiel­geg­ner. Letz­ten Endes set­zen sich aber in einem zähen Spiel erneut die Brust­ring­trä­ger durch. Zum drit­ten Mal im vier­ten Sai­son­spiel. Auch dank der Tore Num­mer sechs, sie­ben und acht von Ser­hou Gui­ras­sy. Zwei Dop­pel­packs und ein Drei­er­pack in vier Spie­len, dazu die Füh­rung in Leip­zig. Und da weiß man als VfB-Fan nicht mehr, was man sagen soll — wes­we­gen ich auch über die Über­schrift zu die­sem Arti­kel lan­ge nach­ge­dacht habe.

Und zu dem Schluss gekom­men bin, die aktu­el­le Situa­ti­on ein­fach nur in vol­len Zügen zu genie­ßen, egal was die Zukunft bringt. Noch­mal zum Mit­schrei­ben: Der VfB hat nach vier Spie­len mit 14 die meis­ten Tore aller Bun­des­li­ga-Mann­schaf­ten geschos­sen. In den letz­ten bei­den Sai­son hat man der­art vie­le Tref­fer erst nach 12, bezie­hungs­wei­se 9 Spie­len bei­sam­men. Über­haupt hat­te der VfB in sei­ner Bun­des­li­ga-Geschich­te erst ein­mal mehr Tore nach vier Spie­len erzielt, näm­lich 1984/1985. Neun Punk­te aus die­sen vier Spie­len bedeu­ten den bes­ten Sai­son­start seit der Sai­son 2004/2005, also seit  19 Jah­ren. Nur sechs Mal star­te­te eine VfB-Mann­schaft bes­ser in eine Sai­son, näm­lich ent­we­der mit vier Sie­gen, wie 1996/1997, oder mit drei Sie­gen und einem Remis. Und Ser­hou Gui­ras­sys Start­bi­lanz von unglaub­li­chen acht Toren aus den ers­ten vier Spie­len wird in der Bun­des­li­ga nur vom Glad­ba­cher Peter Mey­er über­trof­fen.

Unterschieds-Spieler

Ja, auch wenn Sebas­ti­an Hoe­neß und alle ande­ren natür­lich die Mann­schafts­leis­tung her­vor­he­ben, sticht natür­lich der Spie­ler mit der Num­mer Neun her­aus. Der Ver­ti­kal­pass nennt ihn einen Spek­ta­kel-Spie­ler und ver­gisst natür­lich nicht zu beto­nen, dass das anders als die bei­den ande­ren Sie­ge alles ande­re als eine Gala­vor­stel­lung war des VfB. Es war viel mehr ein anstren­gen­der Abnut­zungs­kampf zwei­er Mann­schaf­ten, die sich auf gar kei­nen Fall über­ra­schen las­sen woll­ten. Wäh­rend das bei den Gast­ge­bern, gera­de nach dem Sai­son­start, kei­ne Über­ra­schung ist, zeigt sich beim VfB hier eine neue Qua­li­tät. Mainz ver­such­te zwar abge­se­hen von einer Drang­pha­se rund um den Pfos­ten­schuss von Tom Krauß und dem Aus­gleich durch Bar­rei­ro nicht viel, doch alles ande­re konn­ten die Brust­ring­trä­ger erfreu­li­cher­wei­se unter­bin­den. Auch dank eines Alex Nübel, dem man beim Gegen­tref­fer noch etwas mehr Ent­schlos­sen­heit gewünscht hät­te, der aber beim vor sei­nen Kas­ten ver­län­ger­ten Ball auch aus­bü­geln muss­te, was sei­ne Vor­der­leu­te aus­nahms­wei­se mal ver­bockt hat­ten.

Das blieb sei­nem Gegen­über Robin Zent­ner nur sel­ten ver­gönnt. Drei Mal ver­schätz­ten sich die Main­zer Abwehr­spie­ler in der eige­nen Hälf­te, drei Mal schlug Gui­ras­sy eis­kalt zu, teil­wei­se aus sehr spit­zem Win­kel und als Sah­ne­häub­chen noch mit einem selbst auf­ge­leg­ten Kopf­ball-Lup­fer. Gui­ras­sy ist nicht nur Goal­ras­sy, Gui­ras­sie­rer und Spek­ta­kel-Spie­ler, son­dern vor allem Unter­schieds-Spie­ler. Das war er letz­te Sai­son schon, aber jetzt hat er eine bis­lang zumin­dest wesent­lich sta­bi­le­re Mann­schaft hin­ter sich. Sinn­bild­lich dafür steht die Vor­la­ge des ein­ge­wech­sel­ten Maxi Mit­tel­städt zum 2:1. Sicher­lich: Wie so vie­les gera­de nur eine Moment­auf­nah­me. Aber den­noch erfri­schend, wie der aus der Ber­li­ner Abstiegs­trup­pe ver­pflich­te­te Links­ver­tei­di­ger nicht nur in die­sem Spiel auf­trat. Wie wider­stands­fä­hig die Mann­schaft wirk­lich ist, wird sie noch in vie­len Spie­len bewei­sen müs­sen. Aber wie es so schön heißt: Frü­her hät­ten wir das Spiel ver­lo­ren. Statt­des­sen ent­schei­den wir es nach 84 Minu­ten noch für uns und der Lauf hält an.

Tore, Tore, Tore

Auch weil die Effi­zi­enz des VfB bru­tal ist. Jeder zwei­te Schuss, der auch aufs Tor geht, ist drin, nimmt man alle Schüs­se, ist es immer­hin jeder Vier­te — Spit­zen­wert in der Bun­des­li­ga. Bei den expec­ted goals ist die Dif­fe­renz zwi­schen die­sen und den wirk­lich erziel­ten Toren nur bei Leip­zig grö­ßer. Anders als in den ver­gan­ge­nen Spiel­zei­ten liegt der VfB hin­ge­gen bei allen Lauf- und Zwei­kampf­sta­tis­ti­ken eher wei­ter hin­ten in der Über­sicht. Das mag natür­lich auch der gerin­gen Daten­grund­la­ge und den drei rela­tiv ein­deu­tig ent­schie­de­nen ers­ten drei Sai­son­spie­len geschul­det sein. Aber es ver­deut­licht natür­lich auch, dass sich der VfB aktu­ell vor­nehm­lich über sei­ne Offen­siv­power defi­niert. Sei es drum. Die Rekor­de, den Blick auf die Tabel­le kann uns kei­ner neh­men

Und so kön­nen wir zumin­dest bis Frei­tag mit Herz­le-Augen immer wie­der die Sta­tis­ti­ken bewun­dern, bevor dann alles wie­der auf Null gesetzt wird. Im Heim­spiel gegen die nach einem dra­ma­ti­schen Ein­bruch wei­ter­hin sieg­lo­sen Darm­städ­ter darf die Mann­schaft von Sebas­ti­an Hoe­neß spie­le­risch nicht so ent­täu­schend auf­tre­ten, wie es Stuttgart.International for­mu­liert. Auch wenn ich das Urteil etwas harsch fin­de. Mainz wuss­te anders als Bochum und Frei­burg offen­bar, was auf sie zu kam. Wie Dani­el im VfBlog schreibt: “Der VfB spiel­te gedul­dig, muss aber mög­li­cher­wei­se schon bald alter­na­ti­ve Lösun­gen gegen sol­che Teams fin­den.” Als Rück­fal­l­e­be­ne für tak­ti­sche Schwie­rig­kei­ten hat man aber immer noch den aktu­ell bes­ten Tor­jä­ger der Bun­des­li­ga. Und das ist doch ganz beru­hi­gend, oder?

Titel­bild: © Alex Grimm/Getty Images

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