Er kann es doch noch: Der VfB gewinnt in Bochum zum ersten Mal seit Ende September ein Auswärtsspiel. Und das ist das Wichtigste.
Es sind diese Spiele, bei denen es in der Nachbetrachtung nur zwei Meinungen zu geben scheint: Die einen sehen eine schlechte Leistung und dementsprechend einen glücklichen Sieg, die anderen zählen die vielen Chancen des VfB auf und sehen den Erfolg deshalb als berechtigt an. Nicht falsch verstehen: Ich freue mich sehr über die drei Punkte und die verbesserte Lage im Aufstiegskampf. Und was das Engagement der Brustringträger anging, war dieser Auswärtssieg in Bochum auch vollends verdient. Ein gutes Spiel war es trotzdem nicht.
Der letzte Pass fehlt
Ich komme vor allem deshalb zu dieser Bewertung, weil der VfB sich erneut gegen einen tiefstehenden Gegner äußerst schwer tat und erst recht ins Wackeln geriet, als die Bochumer merkten, dass in diesem Heimspiel mehr geht, als nur den Strafraum zu verrammeln und auf Konter zu warten. Natürlich kamen die Gäste trotz verrammeltem Strafraum zu Chancen, jedoch waren die meist von außerhalb des Strafraums abgegebenen Schüsse leichte Beute des Bochumer Keepers Riemann — den Kopfball von Gonzalo Castro einmal ausgenommen. Auch was Silas Wamangituka und mit Abstrichen Roberto Massimo auf den Außenbahnen boten, sah nicht schlecht aus. Bis eben auf den letzten Pass, den Weg in den Strafraum.
Gleichzeitig boten Unkonzentriertheiten im Spielaufbau den Bochumern mehrere Kontermöglichkeiten, die sie glücklicherweise und wahrscheinlich auch ihrem Tabellenstand entsprechend relativ deutlich verballerten. Ja, ich weiß, dass solche Fehlpässe und Ballverluste passieren können, wenn man als ballführende Mannschaft schnell den Weg in die Spitze sucht und dass wir uns bei der Restverteidigung solcher Angriffe auch dank der Leistungen von Atakan Karazor relativ wenig Gedanken machen müssen. Dennoch hatte ich, je länger der VfB erfolglos versuchte, vors Bochumer Tor zu kommen, immer mehr die Befürchtung, dass wir für unsere nicht genutzten Chancen irgendwann bestraft würden.
Eigentlich zu wenig
Ich würde sogar soweit gehen zu behaupten, dass das Spiel wahrscheinlich (ja, Fahrradkette und so) in einem eher enttäuschenden 0:0 geendet wäre, hätte Bochums Verteidiger Mauro Decarli nicht einen solch gruseligen Fehlpass gespielt. Wie Silas Wamangituka und Hamadi Al Ghaddioui dann daraus Kapital schlugen, ist natürlich großartig und unterstreicht, dass es häufig die individuelle Klasse ist, die unabhängig von der Mannschaftsleistung für die Punktgewinne sorgt. Denn was die Mannschaft als Ganzes in diesem Spiel zeigte war, nun ja, irgendwie zu wenig für einen Auswärtssieg. Zunächst die bereits angesprochene fehlende Effektivität vor dem Tor und auch der fehlende Zugriff auf den Strafraum, nach dem Seitenwechsel zunächst einmal die fehlende Kontrolle über das Spiel. Denn Bochum wurde mutiger, stand höher und presste früher und gestaltete so das, was man gemeinhin einen offenen Schlagabtausch nennt. Nur dass die Gastgeber eben die Boxhandschuhe vergessen hatten und ihre Angriffslustigkeit deswegen verpuffte.
Am Ende ist es natürlich egal, wie die Punkte reinkommen, um den Anschluss nach oben zu halten, Hauptsache sie kommen rein. Durch den dreifachen Punktgewinn unterbricht der VfB außerdem das ewige Auf und Ab von Heimsiegen und Auswärtspunktverlusten und kann jetzt zu Hause gegen den Sechstplatzierten aus Regensburg nachlegen. Aber auch in diesem Spiel, genauso wie beim aktuell Tabellenfünften Fürth am Wochenende darauf und im Heimspiel gegen Bielefeld darf man sich nicht vom Ergebnis des Spiels in Bochum blenden lassen. Dass ein Abstiegskandidat sich die ihm bietenden Möglichkeiten nicht nutzt. überrascht mich weniger. Dass der VfB sich erneut in einem Auswärtsspiel so schwer tut und immer noch kein effektives Mittel gegen die Verteidigungshaltung dieser Liga gefunden hat, ist ein wenig nervig. Man hat ja nicht immer einen Decarli zur Hand.
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