Mit dem 2:0‑Heimsieg gegen Werder Bremen steht definitiv fest: Der VfB hat den Klassenerhalt geschafft. Zeit, nach vorne zu blicken.
Zweites Heimspiel in Folge, zweite 1:0‑Führung in Folge, aber anders gegen Hannover nicht die zweite Enttäuschung in Folge. Als sich Anastasios Donis in der Nachspielzeit mit einer Körpertäuschung seines Gegenspielers entledigte und Berkay Özcan den Pass von Donis zum erlösenden 2:0 einnetzte, war klar: Der VfB würde sich nicht noch einmal die Butter vom Brot nehmen lassen, sondern das mathematisch bestätigen, was eigentlich schon seit ein paar Wochen klar war: Auch in der Saison 2018/2019 spielen die Brustringträger in der Bundesliga, der erste Schritt auf dem Weg, sich wieder in der Liga zu etablieren, ist gemacht.
Besonders erfreulich: Dieses erlösende Tor von Berkay Özcan fiel nicht erst am 34. Spieltag, oder gar im Relegationsrückspiel. Nein, es fiel Mitte April, am 31. Spieltag und damit sind wir so früh gerettet wie seit der Saison 2011/12 nicht mehr, wobei es 2013 am 31. Spieltag auch neun Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz waren. Erstmals seit eben dieser gefühlten Ewigkeit können wir als Fans tiefenentspannt ins Saisonfinale gehen und müssen keine Angst mehr um den Klassenverbleib unseres Vereins haben. Wir können uns in Ruhe anschauen, was die anderen machen und hoffen, dass der VfB in den verbleibenden drei Spielen noch ein paar Punkte holt. Was für ein geiles Gefühl!
Die richtigen Schlüsse gezogen
Das Ergebnis des Spiels gegen Bremen und dieser Glückszustand sollen aber nicht davon ablenken, dass es auch gegen Werder noch gut hätte schief gehen können. Die frühe Führung durch Gentner nach einer Flanke von Insua — einer dieser Flanken, mit denen er in der zweiten Liga viele Tore von Simon Terodde vorbereitet hat — war ein Segen für die Mannschaft, führte aber dazu, dass man sich wie schon in der Vorwoche mit wachsender Dauer der Führung immer weiter zurück zog und den Bremern immer mehr Platz für ihre Angriffe ließ. Zum Glück für den VfB kam dabei nichts zählbares heraus und die Gastgeber konnten den Sack zumachen.
Auch, weil man zumindest ein paar richtige Schlüsse aus dem Hannover-Spiel gezogen hat. Der erste war, Daniel Ginczek und Mario Gomez nicht bis zum bitteren Ende auf dem Feld zu lassen. Ginczek holte sich eine unnötige gelbe Karte ab, als er nach einem Foul anschließend mit dem Ball jonglierte, anstatt ihm dem Gegner zu überlassen und wurde drei Minuten später auch ausgewechselt, Gomez ging kurz vor Ende für Kaminski vom Feld. Geradezu spielentscheidend war aber die Einwechslung von Donis, der damit zum ersten Mal seit dem Spiel in Wolfsburg Anfang Februar wieder das Spielfeld betrat. Er war es nämlich, der nicht nur zum Konter ansetzte, sondern den Ball im zweiten, erfolgreichen Versuch, für Özcan auflegte, anstatt ihn auf Gedeih und Verderb selber Richtung Netz zu dreschen . Donis-Comeback, Özcan-Comeback, Kontertor. Manchmal kann es so einfach sein. Lobend erwähnen sollte man auch noch Timo Baumgartl, der nach der Verletzung von Andreas Beck diesmal auf dem rechten Flügel der Viererkette spielte und seine Sache ordentlich machte.
Pflicht erfüllt
Jetzt ist er also endlich geschafft, der lang ersehnte Klassenerhalt und der VfB hat genügend Zeit, sich auf die kommende Bundesliga-Saison vorzubereiten. In dieser wird der Klassenerhalt genauso eine Pflichtveranstaltung sein wie in dieser Spielzeit. Denn nichts anderes ist das soeben erreichte Saisonziel: Eine Verpflichtung, gerade nach der im letzten Sommer erfolgten Ausgliederung. Dass die Mannschaft dieser nachgekommen ist, liegt auch daran, dass sie sehr häufig damit durch kam, eine knappe Führung über die Zeit zu bringen. Aktuell steht der VfB bei 35 Gegentoren, sollten da nicht mehr allzu viele dazukommen, wäre das die beste Bilanz seit der Meistersaison 2006/2007. Die Abwehr, lange das Sorgenkind im Brustring, muss wenn möglich so zusammen gehalten und auf den Außenpositionen verstärkt werden.
Gleichzeitig wird der VfB, wenn er in den letzten drei Spielen nicht mindestens noch acht Mal trifft, die Saison mit den wenigsten geschossenen Toren seiner Bundesliga-Geschichte abschließen. Der Trainerwechsel zu Beginn des Jahres brachte zwar die nötigen Punkte, aber auch nicht sehr viel mehr Tore. Sowohl Daniel Ginczek, als auch und vor allem Mario Gomez hatten in den letzten Spielen keinen Erfolg vor dem Tor. Noch eine Saison können wir uns diese Mischung aus meist überragender Abwehrarbeit, häufig harmloser Offensive und Glück nicht mehr leisten. Es besteht deshalb auch kein Grund, diesen Klassenerhalt allein als einen puren Willensakt zu missdeuten.
Weichen stellen
Der frühe Klassenerhalt unter diesen Umständen ist auch der Auftrag an Michael Reschke und Tayfun Korkut, die Mannschaft weiter und eine Spielidee neu zu entwickeln. Denn obwohl dem Trainer Respekt dafür gebührt, den sich im Winter abzeichnenden Schwelbrand in bester Feuerwehrmann-Manier gelöscht zu haben, wird sich erst nächste Saison zeigen, ob wir beim VfB endlich Kontinuität reinbringen, oder ob das jährliche Trainer-wechsel-dich-Spiel weitergeht. So lange ist auch Michael Reschke bei mir noch auf Bewährung. Ich finde ihn zwar persönlich immer noch unsympathisch, bin aber bereit, seine Arbeit wertzuschätzen, wenn er endlich Ruhe in den Verein bringen sollte.
Was bleibt uns also noch zu tun in den verbleibenden drei Wochen der Saison? Den Klassenerhalt genießen und genau beobachten ob und wie die Weichen für die Zukunft gestellt werden.