Beim 4:1 gegen Bochum feiert der VfB den ersten Sieg dieser Bundesliga-Saison. Dabei offenbart die Mannschaft immer noch erschreckende defensive Unkonzentriertheiten, nutzt aber endlich ihre Chancen.
Ein Tor fehlte nur und der erste Sieg des VfB in dieser Spielzeit hätte gleich unter einem schlechten Omen gestanden. Denn traditionell zerpflückten die Brustringträger in den beiden Abstiegssaisons einen Gegner mit 5:1, nur um anschließend nie mehr an die Leistung gegen Hannover, beziehungsweise Hoffenheim anknüpfen zu können. Hoffen wir, dass uns dieses Schicksal nach dem 4:1 am Samstag erspart bleibt und blicken wir lieber ganz unabergläubisch auf das erste Spiel nach Matarazzo.
Auch unter dem hatte die Mannschaft ja größtenteils keine schlechten Spiele abgeliefert — es lief nur jede Woche alles gegen sie, teils selbst‑, teils unverschuldet. Ganz anders gegen Bochum. Die Mannschaft fand im Offensivspiel urplötzlich die Vertikalität wieder, genauso wie Silas seine Ballsicherheit. Hinzu kam ein überforderter Gegner, dessen Geschenke die Mannschaft endlich mal annahm: Erst den Elfmeter, als Silas nur per Foul daran gehindert wurde, einen Bochumer Verteidiger nach dem anderen mit einer Körpertäuschung zu narren. Und dann die Orientierungslosigkeit des in der Vorsaison so starken Manuel Riemann, dessen Ausflug außerhalb des Strafraums auch die eigene Hintermannschaft derart verwirrte, dass Ahamada nach Pfeiffers Ballgewinn und Silas Pass völlig frei zum 2:0 einschießen konnte — nach 20 Minuten wohlgemerkt.
Gnadenlos
Am Ende stand es 4:1, weil der eingewechselte Chris Führich mit seinem Traumpass in die Gasse Borna Sosa fand und Wataru Endos Treffer trotz Zagadous Klammergriff nicht aberkannt wurde. Das Schiedsrichterglück wirkt schon unwahrscheinlich genug, übertroffen wird es nur von der gnadenlosen Effizienz, mit der die Brustringträger vier ihrer sieben Schüsse aufs Tor versenkten und damit wohl zum ersten Mal in dieser Spielzeit häufiger trafen, als es die statistischen Modelle erwarteten. Was den Knoten gelöst hat, vermag niemand zu sagen, vielleicht war es die Tatsache, dass der VfB endlich eine Abwehrreihe gefunden hatte, die noch konfuser war als die eigene.
Denn zur Geschichte dieses Spiels und des Siegs gehören auch die teilweise eklatanten Patzer in der Abwehr. Einer führte zum zwischenzeitlichen Anschlusstreffer durch Ex-VfB-Jugendspieler Simon Zoller, als sich die VfB-Abwehr erst auskombinieren ließ und Florian Müller sich dann unerklärlicherweise dafür entschied, eine flache Hereingabe an den Fünfer rausgrätschen zu wollen, statt sich den regeltechnischen Vorteil des erlaubten Handspiels zunutze zu machen. So kassierte der VfB erneut zu Hause ein Gegentor und baute seine Führung in dieser Statistik gegenüber Alt-Bundesligist Rot-Weiss Essen weiter aus. Und es hätte gut und gerne noch ein weiterer Gegentreffer hinzu kommen können, denn Bochum schoss sich die Hintermannschaft im Brustring zeitweise regelrecht sturmreif. Wie beim Missverständnis zwischen Müller und Anton machte sich der VfB dabei das Leben durch Sorglosigkeit und mangelnde Konzentration selbst schwer — bis Führich seinen Geistesblitz hatte und Silas seine Kaltschnäuzigkeit wiederfand.
Positive Emotionen mitnehmen
Wer auch immer nach dem unwürdigen öffentlichen Theater der letzten Woche die Mannschaft in den kommenden Tagen von Michael Wimmer übernimmt: Er muss die positiven Emotionen dieses Spiels mitnehmen und möglichst im Pokal gegen Bielefeld noch ausbauen und gleichzeitig die Mannschaft so anpiksen, dass sie nicht nur vorne zielstrebig den Weg zum Tor sucht, sondern auch genau das beim Gegner verhindern kann. Es ist noch ein weiter Weg, bis wir wieder sorgenfrei auf einen Spieltag blicken können, aber zumindest der Abwärtstrend ist fürs Erste unterbrochen.
Titelbild: © Adam Pretty/Getty Images
Die einzigen, die in der letzten Woche ein unwürdiges Theater an den Tag legten, waren nur Teile der Presse und der Fans. In Verein selbst denke ich war es ruhig.
Hallo Joachim,
Das stimmt. Unwürdig war es trotzdem.
LG, Lennart