Gegen Eintracht Frankfurt macht es der VfB seinem Gegner wieder mal viel zu leicht, zu Toren und Punkten zu kommen. Erneut gelingt es der Mannschaft nicht, an ihr Leistungslimit zu gehen. Fatal, wenn man schon vorher so viele Punkte liegen gelassen hat.
Sicher: Die Eintracht reckte im Mai noch den UEFA-Pokal in die Höhe und die Eintracht spielt Champions League. Die Eintracht hat auch Leipzig abgeschossen, gegen die wir uns zu einem Unentschieden gemüht haben. Aber die Eintracht hat eben auch einen durchwachsenen Saisonstart und hatte vor allem am Samstag noch ein Champions League-Auswärtsspiel in Marseille in den Knochen. Wie nett, dass die Brustringträger sie zum lockeren Auslaufen ins Neckarstadion eingeladen hatten. Denn trotz der unbestrittenen individuellen und mannschaftlichen Qualität hätte der VfB einem Gegner, der sich gerade noch ein wenig unsicher ist, wo er steht, mit einem ähnlich engagierten Auftritt wie in München sofort den Stecker ziehen können. Ihnen zeigen können: Schön, dass ihr Spaß in Europa hattet (zumindest auf dem Platz), aber hier ist jetzt Schluss, wir brauchen dringend Punkte.
Geschenkter Matchplan
Stattdessen ließen es die Brustringträger erstmal ruhig angehen und ließen mal wieder die nötige Cleverness vermissen. Waldemar Anton klärte erst einen Ball über den eigenen Kopf direkt zum Gegner und stelllte diesem dann knapp vor der Strafraumgrenze ein Bein, obwohl hinter ihm Dinos Mavropanos noch in der Lage gewesen wäre, die Sache zu bereinigen. Dass Florian Müller den scharf geschossenen Ball nach vorne auf den Boden faustete, ist der erste Fehler, der vielleicht vermeidbar ist. Gänzlich unverständlich ist aber, wie der 1,79m große Sebastian Rode in einem vollbesetzten Strafraum den Abpraller aus zwölf Metern ins Tor köpfen kann. Der VfB mal wieder kollektiv mit den Gedanken woanders und die Frankfurter bedankten sich für den geschenkten Matchplan.
Denn sie musste in der Folge nicht mehr wahnsinnig viel mehr machen, als hinten sicher stehen, den VfB hinter der Mittellinie anlaufen und dann zusehen, wie die Gastgeber genau einen Ball auf den eigenen Torhüter brachten, als der bis zu seiner Auswechslung sehr agile Chris Führich einen langen Diagonalball geschickt annahm und das kurze Eck anvisierte. Dass sich der VfB gegen tiefstehende Mannschaften schwer tut, ist nichts Neues und daran änderte sich auch gegen Frankfurt nichts: Lange Bälle ins Nichts und Fehlpässe im Aufbau bestimmten das Spiel. Da half unterm Strich auch die Hoheit in den Standardstatistiken Zweikämpfe und Ballbesitz nichts. Der VfB machte schlichtweg nichts draus und die Eintracht musste sich nicht besonders strecken, um das eigene Tor zu verteidigen.
Ein Strohfeuer reicht nicht
Eigentlich ist das Spiel damit schon auserzählt, denn auch das 0:2 und das 1:3 waren in ihrer Entstehung unerklärlich. Beim zweiten Treffer der Gäste setzte Dinos Mavropanos einem versprungenen Ball nach und traf neben dem auch den Knöchel seines Gegenspielers, beim anschließenden Freistoß spekulierte Florian Müller, der sonst gewohnt sicher hielt, ein bisschen zu sehr auf die kurze Ecke und verlor das Gleichgewicht, als er den leicht abgefälschten Ball noch retten wollte. Und das Deckel-Drauf-Tor fiel nicht etwa aus einem Konter, sondern durch einen Kopfball nach einer Ecke. Aber im Grunde beraubte sich der VfB bereits in der sechsten Minute der Möglichkeit, mit dem ersten Sieg in sieben Spielen in die Länderspielpause zu gehen.
Denn ein so früher Rückstand darf Dir gegen solch einen Gegner nicht passieren. Vor allem nicht, wenn Du schon so häufig in der jüngeren Vergangenheit am Anfang gepennt hast. Ist es die VfB-typische Selbstüberschätzung nach guten Spielen gegen Topteams? Oder hat diese Mannschaft trotz letzter Saison immer noch nicht kapiert, dass sie in jedem Spiel an ihr verdammtes Limit gehen muss, in jeder Sekunde? Der starke Beginn der zweiten Hälfte blieb ja nur ein — viel zu spät entzündetes — Strohfeuer. Vor allem musst Du gegen Mannschaften wie Frankfurt an Dein Limit oder darüber hinaus gehen, wenn Du vorher schon mindestens sechs Punkte gegen harmlose Bremer, müde Kölner und limitierte Schalker verschenkt hast.
Keine Ausreden
Natürlich können wir jetzt wieder anführen, dass fünf der sieben bisher absolvierten Spiele aus VfB-Sicht gut, teilweise sogar ansehnlich waren. Das hilft nur alles nichts, wenn wir nicht aufhören, dem Gegner ständig in die Karten zu spielen. Wir treffen zwar anders als zu Beginn des Jahres viel häufiger, auch wenn diesmal der eingewechselte Tomás Glück hatte, dass der Ball, der ihm erst versprach und den er dann doch aufs Tor brachte, noch abgefälscht war. Aber wir betreiben dafür jedes Mal einen riesigen Aufwand und einen noch größeren, um trotz des scheinbar unvermeidlichen Gegentreffers noch Punkte zu holen. Und der Mannschaft fehlen mittlerweile die Ausreden dafür: Die Vorbereitung lief gut, der Krankenstand ist auf einem historischen Tief und selbst das Wechseltheater um Sasa Kalajdzic taugt nicht als Grund für die eher gemütliche Haltung zum Spiel.
Dass wir Probleme bei Ballverlusten haben und uns im Angriff kaum in gute Abschlusspositionen bringen, das lässt sich in den kommenden zwei Wochen trainieren. Was die Jungs selber auf die Kette kriegen müssen, ist das Verhalten auf dem Platz. Wenn sie nicht jedes Spiel so angeht wie das am 14. Mai gegen Köln — Torwartpatzer und Chancenverwertung ausgenommen — werden wir wohl noch ein wenig länger auf den ersten Sieg warten müssen. Und stehen dann irgendwann wieder, wie damals, mit dem Rücken zur Wand.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass fasst die Woche so zusammen: “Nicht nur außerhalb des Spielfelds, auch im Kerngeschäft Bundesliga liefert der VfB eine Horror-Show.” Stuttgart.International petitioniert für drei Punkte.
Titelbild: © Matthias Hangst/Getty Images