Mit einem verdienten Auswärtssieg in Wolfsburg wischt der VfB alle nach dem Remis gegen Köln aufkommenden Bedenken wieder weg. Überraschen kommt der 16. (!) Sieg im 24. Spiel nicht mehr, eine Genugtuung ist er trotzdem.
Wolfsburg ist immer eklig, vor allem auswärts. Du verlässt die ziemlich belebte A7, um irgendwo ins Nirgendwo zu düsen und wer wie ich am letzten Spieltag 2015/2016 dort mit dem Zug an- oder abreist hat es auch nicht viel leichter. Vor Ort gibt es außer der Autostadt und dem Autostadion nicht viel und das Autostadion entpuppt sich vor Anpiff als größte Dorfdisco im östlichen Niedersachsen. Und dann spielst Du da gegen eine Mannschaft, die weit unter ihren finanziellen Möglichkeiten bleibt aber dir trotzdem durch irgendwelche Maxis oder Yannicks einen einschenkt. Oder eben in diesem Fall Joakim und Lukas. Am Samstag konnten sie aber so eklig sein wie sie wollten, der VfB setzte sich nach dem Sieg im Hinspiel trotzdem erneut durch — zum ersten Mal seit der Saison 2005/2006. Weil sie einfach besser waren.
Dabei ist sieht das Ergebnis knapper aus als das Spiel eigentlich war. Hätte der VfB nicht einmal defensiv etwas die Orientierung verloren und ein zweites Mal einen Standard nicht sauber wegverteidigt, er wäre wohl auch auf der Anzeigetafel eine eindeutigere Angelegenheit geworden. Vielleicht lag es daran, dass sich die Mannschaft im anstehenden Saisonendspurt die Kräfte einteilt oder — etwas weniger schmeichelhaft — nur so hoch springt, wie sie muss. Nachdem sie das Spiel etwa eine Viertelstunde lang unter Kontrolle hatten zogen die Brustringträger einmal kurz das Tempo an und Chris Führich gleich drei Gegenspieler auf sich. Das ebnete Maxi Mittelstädt den Weg zu einer weiteren Torvorlage, die Serhou Guirassy zu Führung und seinem 19. Saisontreffer verwertete und dabei nur einen kleinen Schritt nach links machen musste.
Ein Tor mehr gegen halbgefährlich
Richtig spannend wurde es erst am Ende, als die Wolfsburger auf den Ausgleich drängten. Es entwickelte sich zwar nach dem Ausgleich der Gastgeber ein ausgeglicheneres Spiel, der VfB schien aber immer in der Lage, notfalls noch ein Tor schießen zu können, um sich die drei Punkte zu sichern. Direkt nachdem Maehle Rouault und Anton hinterlaufen und zum Ausgleich getroffen hatte, schickte Rouault Millot auf die Reise (in den Strafraum, noch nicht nach Europa), Guirassy traf zum Ausgleich und Josha Vagnomans sehenswertes Tor fiel dem Millimetermaß zum Opfer. Schließlich machte Vagnoman mit einer Kopie seines Treffers in Gladbach mehr oder minder den Deckel drauf.
Es war kein Hochleistungsspiel wie gegen Leverkusen, aber auch kein Abnutzungkampf wie in Darmstadt oder gegen Mainz. Der VfB hat einfach mittlerweile Mittel und Wege gefunden, sich derart halbgefährlichen Mannschaften wie Wolfsburg zu entledigen. Mit halbgefährlich meine ich personell ganz ordentlich besetzte Mannschaften, die dir zwar spielerisch unterlegen sind, dir mit ihrer Physis aber weh tun können. In der Tat schickte Niko Kovac seine neongrünen Männchen wohl mit der Vorgabe aufs Feld, den VfB möglichst hoch zu pressen und möglichst sehr zu nerven. Wer sieht, wie Waldemar Anton Kevin Paredes vor dem Elfmeter niederstarrte, musste sich allerdings keine Sorgen machen. Zumal die frühe, vielleicht zu frühe gelbe Karte für Maxi Arnold dem VfB in die Kartne spielte.
Glänzende Reaktion
Serhou Guirassy trifft allen Unkenrufen zum Trotz wieder und der VfB ist in der Lage, den Gegner erst über die linke Außenbahn und nach der Pause über die rechte Schiene mit Nadelstichen zu traktieren. Wenn es ernst wird, zieht die Mannschaft kurz das Tempo an und setzt sich letztlich durch. Es ist einfach nur beeindruckend. Genauso übrigens wie es die Punkteabstände weiterhin sind. Der VfB reagierte auf die Auswärtssiege der Leipziger und Dortmunder früher am Nachmittag glänzend, schob sich wieder näher an die Bayern ran und hat mit 50 Punkten aus 24 Spielen einen weiteren Meilenstein geknackt. What a time to be alive.
Union, Hoffenheim, nach der Länderspielpause Heidenheim: Vergnügungssteuerpflichtig werden die nächsten Wochen auf jeden Fall nicht. Gleichzeitig naht das Saisonende, genau zehn Partien sind noch zu absolvieren. Langsam geht es wirklich um was. Und die Mannschaft scheint bereit dafür, sich auch gegen andere Gegner durchzubeißen, die genauso nervig sind wie Wolfsburg.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass sieht einen stabilen VfB, Stuttgart.international lobt Hoeneß für seine Wingbacks.
Titelbild: © Selim Sudheimer/Getty Images