Der VfB schießt endlich in Leipzig ein Tor, tritt bei der Niederlage aber trotz Verletzungssorgen besser auf als in den Spielen zuvor.
Eigentlich. Ja, eigentlich war der VfB der moralische Sieger dieses Spiels. Hätte der ehemalige Assistent von Robert Hoyzer nur mal so genau hingeschaut wie beim eindeutigen Handspiel von Josko Gvardiol, dann hätte er erkannt, dass sich Wataru Endo in jener 25. Minute des Freitagabendspiels genauso fair den Ball erkämpfte wie beim vermeintlichen Siegtreffer in Hoffenheim und Florian Müller hätte seine Flutschfinger stecken lassen können. Und was soll man gegen Kunsttorschützen wie Andrej Kramaric und Dominik Szoboszlai schon ausrichten? Also, eigentlich hätte der VfB hier gut und gerne was mitnehmen können.
Die B‑Elf überzeugt
Hat er aber nicht. Und das lag weniger daran, dass Bruno Labbadia wegen diverser Verletzungen und einer Sperre nicht nur nicht zum dritten Mal die gleiche Elf aufs Feld schicken konnte, sondern diese gleich mehrfach umbauen musste. Denn Thomas Kastanaras zeigte bei seinem Startelfdebüt bis zu seiner Auswechslung eine durchaus ansprechende Leistung und brachte sogar einen ziemlich gefährlichen Schuss aufs Tor. Und auch die Abwehr, diesmal (endlich) mit Pascal Stenzel und Joshua Vagnoman auf den Außenbahnen, machte einen relativ stabilen Eindruck. Einzig Luca Pfeiffer, der den von Magenproblemen geplagten Serhou Guirassy ersetzte, blieb sehr blass.
Man könnte also sogar sagen, die B‑Elf spielte über weite Strecken besser als es die A‑Elf zum Ende der Hinrunde getan hatte.
Ich kann mich nicht erinnern, wann der VfB das letzte Mal einen Gegner in Laufdistanz, xG, Tempoläufe und Zweikämpfe hinter sich gelassen hat. Dazu 10:9 Torschüsse. Bemerkenswert. #VfBRBL pic.twitter.com/Tvcl3Vp356
— Philipp Maisel (@philmaisel) January 27, 2023
Emblematischer Elfmeter
Das Problem war nur: Es war halt gegen Leipzig und anstatt wie andere Mannschaften von deren Unkonzentriertheiten zu profitieren, legte sich der VfB das erste Tor durch einen unfassbare Lapsus von Müller wieder selbst rein, verwertet die eigenen Chancen nicht und hätte sich fast noch um das erste Auswärtstor gegen Fuschl gebracht.
Weiß gar nicht, was an dieser Szene am schlechtesten war.
— Nik Staiger (@Nik_Staiger) January 27, 2023
a) Das Handspiel
b) Die lange Wartezeit für den klaren Elfer
c) Der Elfmeter selbst
d) Die Nicht-Parade#RBLVfB
Das Elfmeter-Tor von Führich war emblematisch für das Spiel. Der gegnerische Keeper defensiv so fehleranfällig wie seine Kollegen, der eigene Schütze so unbeholfen wie seine Kollegen und dazu eine VAR-Entscheidung, die so lange dauerte, wie man es bei der Umsetzung dieser Technologie und diesem Schiedsrichter befürchten musste. Der VfB hätte hier überraschend Punkte holen und sich für seine Leistung belohnen können, verpasste es aber wie gewöhnlich.
Und so ist das Beste an diesem Wochenende, dass die Konkurrenz im Tabellenkeller stand Samstagabend durch die Bank weg ebenfalls verloren hat. Und dass das erst der 18. Spieltag war. Bewerten lässt sich die Leistung vom Freitagabend aber erst, wenn die Mannschaft sich die beiden eben genannten Faktoren zunutze macht und am kommenden Sonntag gegen Bremen endlich mal wieder gewinnt. Ein weiterer Prüfstein für die Leistungsfähigkeit der Mannschaft erwartet uns indes schon am Dienstagabend.
Tradition
Irgendwann musste ich das Bonmot des englischen Kommentators Andy Gray ja mal im Blog bringen. Also: Schön, dass der VfB sich in Leipzig nur vom Schiedsrichter und den eigenen Tölpeleien schlagen lässt. Aber können sie diese Leistung auch an einem kalten Dienstagabend in Paderborn abrufen? Mit Ausnahme der vorletzten Saison ist es nämlich Tradition, dass sich die Brustringträger nach überragenden Außenseiter-Leistungen im nächsten Spiel wieder dem schwächeren Gegner anpassen.
Immerhin bietet das Spiel uns Fans mal ein bisschen Abwechslung. Es ist erst die fünfte Begegnung mit den Ostwestfalen (auch wenn Fabian Wohlgemuth bei der Auslosung noch in Diensten des SCP noch etwas von vielen spannenden Duellen erzählte) und nach 2002 im Pokal und 2015 in der Liga — Ginczek! — erst das dritte Spiel dort. Für viele Fans, mich eingeschlossen, also ein neuer Ground und ein müdes Unentschieden ist auch ausgeschlossen. Nicht, dass es uns zuletzt an Nervenkitzel gemangelt hätte. Aber im tiefsten Winter auswärts zu einem ambitionierten Zweitligisten fahren, in der Hoffnung auf eine triumphierende Heimfahrt? Tausend Mal besser als in deren überkandidelten Stadion oder vor dem Fernseher der erwartbaren Niederlage in Leipzig entgegen zu sehen.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass kommt zu einem ähnlichen Fazit und findet, die Mannschaft habe Das Beste draus gemacht. Stuttgart.International sieht eine Tapfere B‑Elf, aber auch einen missglückten Neustart unter Labbadia.
Titelbild: © Stuart Franklin/Getty Images