Der VfB startet mit einem verdienten 1:1 gegen Leipzig in die Saison. Nicht ganz so furios wie vor einem Jahr, aber dennoch vielversprechend.
Es gab ja wohl kaum einen undankbareren Auftaktgegner als das Energydrink-Mutterschiff aus Sachsen, gegen das der VfB noch nie gewonnen und erst einmal getroffen hat. Nunja, immerhin hast Du das Spiel dann weg und die Saison beginnt für Dich halt im Zweifel ne Woche später so richtig. So waren meine zweckpessimistischen Gedanken vor dem Sonntagsspiel, um mich nach der guten Vorbereitung und dem soliden PokalSpiel gegen den erwartbaren Frust zu rüsten. Am Ende saß ich vorm Fernseher wie ich letzte Woche im Dresdner Gästeblock stand: Nervös, in der Hoffnung, der VfB möge den Spielstand über die Zeit bringen.
Dabei begann das Spiel eigentlich klassisch. Leipzig stets gefährlich, wenn auch noch nicht so erdrückend dominant wie in der Schlussphase und dann passiert es: Mavropanos rückt aus der Kette raus und niemand kann hinter ihm das Loch stopfen, in das Nkunku — wer sonst — stößt, um das 1:0 für die Gäste zu machen. Der VfB war bis dahin engagiert, aber auch harmlos und patzte früh und entscheidend. Danach wirkte es kurz, als bestünde zwischen beiden Mannschaften ein größerer Abstand als der zwischen Tabellenspitze und Abstiegskampf. Am besten verdeutlicht die Intensität des Leipziger Pressings vielleicht die Metrik PPDA: Die Gäste ließen pro Defensivaktion in der gegnerischen Hälfte nur fünf Pässe zu, der VfB 14. Dennoch: An die Wand gespielt wurde der VfB zu diesem Zeitpunkt nicht.
Ahamada? Ahamada!
Und belohnte sich für seinen stabilen, aber glücklosen Auftritt dann mit einem Ausgleichstreffer der besonderen Art: Naouirou Ahamada, der in seiner ersten Begegnung mit den Jungs von der Marketingabteilung nach nur 14 Minuten mit glatt Rot vom Platz flog, spielte Sasa Kalajdzic an — der sich hinterher tierisch freute, mal als Wandspieler agieren zu können — und schlenzte dessen Ablage humorlos rechts unten in den Winkel. Der bisherigen Leistung zum Trotz: Dass der VfB hier zum Ausgleich kam und dann noch so, wahr schon sehr überraschend.
Erfreulich hingegen, dass die Mannschaft durch den Treffer den nötigen Mut schöpfte um Leipzig selber hoch anzulaufen. Was gegen einen Gegner dieser Güteklasse nicht ohne Risiko ist. Aber Ahamada war nicht nur treffsicher, sondern überzeugte in dieser Phase auch in seinem Kerngebiet. So hielten die Brustringträger die Gäste in Schach und hätten sogar das Spiel noch drehen können, wenn sie ihre Konter nicht genauso fahrlässig verspielt hätten wie im Pokal gegen Dresden. Wobei der xG-Wert von 0,57 schon verdeutlicht, dass der VfB nicht unbedingt Großchancen liegen ließ.
Engagiert, mit der richtigen Herangehensweise
Ganz anders als die Leipziger, die ein ums andere Mal an der vielbeinigen VfB und am auf der Linie glänzend aufgelegten Florian Müller scheiterten.
Mega-Blocks, stark auf der Linie und gute Kommunikation. So rettete er uns den ersten Punkt dieser Saison. Flo spielte bereits eine beachtenswerte Vorbereitung und untermauerte gestern diese positiven Eindrücke.#FicktEuchAllee pic.twitter.com/UoPR8DIXBE
— Riky (@RikyPalm) August 8, 2022
Und obwohl der Druck immer weiter stieg, schafften die Brustringträger es zum zweiten Mal binnen einer Woche, ein Ergebnis über die Zeit zu bringen. Ob es daran lag, dass wir mehr Kilometer spulten und mehr Sprints machten oder ob das eher mit den nur 37 Prozent Ballbesitz zu tun hat, lasse ich mal dahingestellt. Auf jeden Fall warf Pellegrino Matarazzo am Ende fast alles an Ballbesitz und Defensivspiel rein, was er auf der Bank hatte — inklusive des erstaunlich schnell wieder spielfitten Atakan Karazor. Es war aber vor allem die starke Phase zwischen dem Ausgleichstreffer und der Leipziger Schlussoffensive, die verhinderte, dass der VfB diese Begegnung besser bestritt als die letzten Aufeinandertreffen. Dabei knüpfte die Mannschaft an den engagierten Auftritt in Dresden an.
Natürlich muss man jetzt nicht euphorisch werden. Die Saison besteht nicht nur aus Spielen gegen Zweitliga-Absteiger und hochpressenden Spitzenteams. Aber der VfB ist gut aus dem Startblock gekommen. Nicht so gut wie letzte Saison, aber da geriet man auch schnell ins Stolpern. Die beiden ersten Pflichtspiele Kassen gute Ansätze, vor allem in der Herangehensweise an die Aufgabenstellung erkennen. Behält die Mannschaft diese bei, muss uns auch vor den nächsten Spielen nicht bange sein, auch wenn es nach wie vor spannend sein wird zu sehen, was sich bis Ende des Monats noch im eigenen Kader und denen der Konkurrenz tut. Gewinnen wir ohne Modeste endlich mal wieder gegen Köln? Was hält die Bremer Wundertüte für uns bereit und schenkt uns statt Leipzig diesmal Freiburg die vier Buden ein? Der VfB muss sich auch in dieser Saison ein Stück weit neu (er)finden. Bis jetzt sieht dieser Prozess ordentlich aus.
Zum Weiterlesen: Der Vertikalpass freut sich über die Rückkehr ins Stadion.
Titelbild: © THOMAS KIENZLE / AFP