Am Ende reichte es für den VfB nach einem Platzverweis und einer Halbzeit in Unterzahl in Braunschweig noch zu einem 1:1. Wie man sich selber das Leben schwer machen und trotzdem wie ein Sieger fühlen kann.
Um den Blödsinn gleich vorneweg aus dem Weg zu räumen: Ja, letzte Saison waren es auch fünf Siege am Stück, bevor das 1:1‑Unentschieden auf Schalke den VfB aus der Bahn und schließlich in den Abgrund der 2. Liga brachte. Auch damals war man mit dem Unentschieden eigentlich ganz zufrieden und wähnte sich angesichts der vorherigen Siegesserie auf der sicheren Seite. Und jetzt? Und nichts jetzt!
Jetzt ist anders!
Die Situation im Frühjahr 2017 ist eine völlig andere als noch vor einem Jahr. Am Montagabend war es nicht die Behäbigkeit, die den VfB am Ende einen Punkt mit nach Hause nehmen ließ, sondern der Kampf. Denn anders als inder vergangenen Saison waren die Brustringträger diesmal hellwach und nutzten gleich den ersten Fehler der Braunschweiger. Mané fing die zu kurz geratene Rückgabe auf den Torhüter ab, war auf und davon und bevor sich die Gastgeber umschauen konnten, stand es schon 1:0.
Zumindest in der ersten Viertelstunde dieses Spitzenspiels zeigte die VfB-Mannschaft, dass man gewollt war, die Rückrunden-Siegesserie fortzusetzen. Danach geschah etwas, was Trainer Hannes Wolf im Anschluss als einen Rückfall in 2016 bezeichnete: Der VfB verwaltete die Führung nur noch und ließ den Braunschweigern zu viele Räume. Vielleicht dachten sich Gentner und Co. sie müssten auf dem schweren Geläuf im niedersächsischen Schietwetter ihre Kräfte einteilen, vielleicht war man nach der erneuten Führung doch mal wieder zu dem gefährlichen Schluss gelangt, es laufe alles von alleine. Was auch immer der Grund war, Braunschweig sah seine Chance und nutzte sie.
Elfmeter und Ecken en masse
Und so kann man sich als VfB-Fan über die zwei Elfmeter und den letztendlichen Ausgleich nicht wirklich beschweren. Vom Spielverlauf verdient war er allemal. Und wer gesehen hatte, wie der Schiedsrichter den Zweikampf von Emiliano Insua bewertet hatte, der sollte halt einfach bei einem Freistoß, der fünf Meter an einem vorbei in die Arme des Torwarts segelt, die Finger vorm Fünfer vom Gegenspieler lassen. Die Einsicht hatte Marcin Kaminski leider nicht, was zu seiner zweiten gelben Karte des Spiels und damit zum Platzverweis führte. Klar, auch in diesem Spiel hatte der VfB mal wieder einen Schiedsrichter erwischt, dem in der Bewertung von Zweikämpfe jegliche Linie fehlte. Aber an ihm lag es nicht, dass der VfB mit einem Unentschieden in die Pause ging.
Mitch Langerak hatte sich schon vor der Pause ausgezeichnet, als er als erster VfB-Torwart seit einem gefühlten Jahrhundert — ganz frei von Gefühlen hielt Przemyslaw Tyton im Oktober 2015 einen Strafstoß von Ingolstadts Leckie — einen Elfmeter parierte. In der zweiten Halbzeit behielt er nicht nur eine weiße Weste sondern wurde auch zum wichtigsten VfB-Spieler auf dem Platz. Zwölf Ecken traten die Niedersachen auf sein Tor, keine davon führte zum Erfolg. Wenn man als zweiten wichtigen Spieler Simon Terodde nennt, könnte man der Meinung sein, der VfB habe in der zweiten Hälfte auch offensiv stark agiert.
Zu zehnt hinter der Mittellinie
Nichts könnte weiter von der Realität entfernt sein. Offensiv fanden die Gäste kaum noch statt. Pavard und Asano waren für Özcan und Brekalo gekommen, aber bis auf ein paar Befreiungsangriffe lief beim VfB nach vorne gar nichts mehr zusammen. Mit einem Spieler weniger sicherlich keine komplette Überraschung, aber warum bei einem Konter Daniel Ginczek gegen drei Verteidiger alleine gelassen wird und kein Spieler mit aufrückt, erschließt sich mir andererseits auch nicht. Stattdessen wurde es eine Abwehrschlacht, in die sich auch der offensiv beschäftigungslose Terodde mit voller Kraft hinein warf und immer wieder wichtige Bälle eroberte. Normalerweise ist der sicherste Weg zum Gegentor ja, sich hinten reinzustellen und den Ball nur immer wieder blind rauszudreschen, denn erfahrungsgemäß rutscht dann irgendwann doch einer durch.
Das war diesmal nicht der Fall. Der VfB verteidigte klug und wenn die Abwehr doch mal geschlagen war, bekam Mitch Langerak doch noch irgendwie die Hand dran. Der Punkt war also, ganz im Gegensatz zum eingangs erwähnten Spiel in Gelsenkirchen, zu keiner Zeit wirklich sicher. Wem das Heidenheimer Scheibenschießen in der Schlußphase vor zwei Wochen schon zu viel war, der musste nach diesem Spiel schweißgebadet sein. Und wie gegen Heidenheim blieb der VfB vor Schlimmerem — einem weiteren Gegentor — verschont.
Auch wenn die Siegesserie gerissen ist, taugt dieses Spiel durchaus als weitere Bestätigung der These, dass der VfB auch deshalb aufsteigen wird, weil solche Spiele, die in der Vergangenheit in einer sicheren Niederlage geendet hätten, mittlerweile glimpflich ausgehen. Erfreulich ist, dass das nicht nur wie teilweise in der Vergangenheit auf purem Glück, sondern auch hartem Aufstiegskampf beruht.