Der VfB schießt sich durch zwei Kantersiege gegen Sandhausen und Nürnberg so gut wie in die erste Liga und rettet eine schon fast als verkorksten abgehakte Saison. Warum nicht gleich so?
Vor einer Woche war ich mir ziemlich sicher, dass die Saison im Arsch war. Nach dem späten HSV-Sieg am Freitagabend hatte es der VfB gegen den Abstiegskandidaten aus Baden nicht geschafft, genügend Engagement und Willen auf den Rasen zu bringen, um Platz 2 zu verteidigen. Zwei Spiele und elf (ELF!) Tore später stehen wir mit neun Zehen in der Bundesliga. What. The. Fuck?
Danke, HSV!
Natürlich gehört zu der Geschichte der letzten sieben Tage auch, dass der vermeintlich stärkste Konkurrent um den zweiten Aufstiegsplatz, der HSV, sich das entscheidende Bißchen dämlicher anstellte, als der VfB. Während die Brustringträger Sandhausen und Nürnberg zerlegten, kassierten die Rothosen am Dienstag noch den Ausgleich gegen Osnabrück und ließen, eigentlich kaum zu glauben, vom direkten Konkurrenten Heidenheim den Sieg und sogar Platz 3 aus den Händen reißen. Dank der beiden Schützenfeste hat der VfB auf eben jene Heidenheimer jetzt einen Vorsprung von drei Punkten und elf Toren. Die wird der FCH wohl kaum kommenden Sonntag in Bielefeld aufholen, weswegen Thomas Hitzlsperger und vor allem Sven Mislintat jetzt endlich mit der ersten Liga planen können.
Das ist auch das Positivste, was man über diese Saison und den Aufstieg, in dem sie endet, sagen kann. Denn so schön und die Fanseele heilend diese beiden Siege und die Rückkehr in die Bundesliga auch sind: Begeisternd war die Saison nicht. Hätte die Mannschaft, den Willen zum Erfolg, den sie in den vergangenen fünf Tagen gleich zweimal gezeigt hat, bereits in der Hinrunde oder nach dem Restart an den Tag gelegt, hätten wir uns vielleicht den nächsten peinlichen Trainerwechsel und viele Diskussionen darüber, ob und warum beim VfB auch mit neuem (Führungs-) Personal alles beim Alten bleibt, ersparen können. Mal wieder gewinnt man den Eindruck, dass der VfB erst mit dem Rücken quasi in der Wand stehen muss, bevor die Mannschaft merkt, was auf dem Spiel steht.
Nie mehr zweite Liga!
Der Aufstieg ist für mich natürlich ein Grund zur Freude, aber keiner zum Feiern. Schließlich wird damit nur der Unverzeihlichste der drei Bundesliga-Abstiege korrigiert, der direkte Wiederaufstieg ist in meinem Augen vor allem eins: eine Pflichtübung. Ich bin in erster Linie erleichtert, dass uns kein zweites Jahr in der zweiten Liga bevorsteht, das uns auch ohne die Auswirkungen der Corona-Krise schon genug Geld gekostet hätte. Zumal der Aufstiegskampf mit zuletzt wiedererstarkten Hannoveranern, einem starken HSV oder Heidenheim oder zwei bis drei gut aufgestellten Bundesliga-Absteigern nicht weniger hart gewesen wäre. Stattdessen macht der Aufstieg vieles leichter. Man wird hoffentlich ein Talent wie Li Egloff halten können, auch die Chancen, Gregor Kobel zu halten, erhöhen sich dadurch.
Aber ab jetzt muss gelten: Nie mehr zweite Liga! Beim VfB wurden auch in dieser Saison auf allen Ebenen, vor allem auf dem Platz, Fehler gemacht, die den Verein auf lange Sicht hätten zurück werfen können. Der Verein für Bewegungsspiele hat jetzt die Chance, es besser zu machen als nach dem letzten Aufstieg. Er muss sie nutzen.
Titelfoto: © Alexander Hassenstein/Getty Images