Gegen den VfL Bochum spielt der VfB zum zweiten Mal in Folge Unentschieden und zeigt eine teilweise erschreckende Darbietung. Nach den Erfolgen der letzten Wochen fragt man sich: Warum?
Dass die Siegesserie irgendwann enden musste, war jedem VfB-Fan klar. Dass sie mit einem in Unterzahl erkämpften Unentschieden beim Tabellenvierten zu Ende ging wurde, auch von mir, fast wie ein Sieg gefeiert. Denn schließlich zeigte der VfB gegen Eintracht Braunschweig — vielleicht abgesehen von individueller defensiver Dusseligkeit und der unterzahlbedingten Offensivlosigkeit — alles, was einen Aufsteiger ausmacht: Eine stabile Defensive und die mannschaftliche Geschlossenheit sowie den Willen, hier nicht als Verlierer vom Platz zu gehen. Zudem hatte man einen Verfolger damit auf Distanz gehalten. So konnte es also eigentlich weitergehen.
Eine erbärmliche erste Halbzeit
Wie der Freitagabend gegen den VfL Bochum zeigte, war das nicht der Fall. Alles was die Brustringträger beim 1:1 am Montag richtig gemacht hatten, machten sie beim 1:1 am Freitag falsch. Die erste Halbzeit war so dermaßen erbärmlich, nicht nur im Vergleich zu Montag sondern auch verglichen mit den anderen Spielen in diesem Kalenderjahr, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll. Eines war offensichtlich: Der VfB war dem Engagement seines Gegners zumindest vor der Pause zu keiner Zeit gewachsen. Der Tabellenelfte spielte die Gastgeber regelrecht an die Wand.
Am deutlichsten wurde das beim 0:1, als plötzlich ohne Not ein Bochumer Stürmer völlig frei vorm Strafraum den Ball erhielt. Was war da passiert? Der VfB war in der Rückwärtsbewegung und irgendwie fehlte hinten einer, beziehungsweise die Zuordnung. Sowohl Baumgartl als auch Pavard und auch der für diese Seite zuständige Insua waren meilenweit weg und so war es für die Gäste das Einfachste auf der Welt, in Führung zu gehen. Zu diesem Zeitpunkt völlig verdient.
Denn der VfB trat jetzt ungefähr so auf, wie er es nach der frühen Führung gegen Braunschweig getan hatte — nur diesmal ohne ein eigenes Tor. Fast jedes Mal kamen die Brustringträger einen Schritt zu spät, unzählige Pässe wurden so schlampig gespielt, dass sie beim Gegner landeten und nicht mal aus defensiven Standardsituationen wie Abstößen und Einwürfen heraus war die Mannschaft in der Lage das Spiel aufzubauen, weil einfach keiner den Ball haben wollte. Vorne mündete das Ganze, wenn überhaupt, in halbgaren Torschüssen aus der zweiten Reihe, die dem Bochumer Tor nicht mal annähernd gefährlich wurden. Es war, ohne Untertreibung, eine der schlechtesten VfB-Halbzeiten seit langem.
Hackenpass am 16er und Ginnis Comeback
Und leider wurde es zunächst kaum besser. Bochum kam mit der gleichen Wucht aus der Pause, mit der sie schon die erste Halbzeit begonnen hatten. Was auch immer beim VfB in der Kabine passiert war, es hatte keine Wirkung gezeigt. Da wurden Bälle vor dem eigenen 16er per Hackenpass von der Seitenauslinie zurück Richtung Spielfeld befördert, als wär man im Trainingsspiel. Da fiel dem VfB auch weiterhin nach vorne nichts ein. Da machten sie sich weiterhin mit Fehlpässen selber das Leben schwer.
Irgendwann wurde es dann zum Glück besser und wie das so ist im Fußball trifft dann einer für den VfB, dem man es lange gewünscht, von dem man es aber am wenigsten erwartet hatte. Maskenmann Terodde steckte den Ball vor dem Strafraum geschickt durch zu Carlos Mané, der das Spielgerät quer in den Strafraum legte, wo Daniel Ginczek nur noch einschieben musste. Ein Tor, dass nicht nur aufgrund der Spielsituation glaube ich jeden im Stadion freute, von den Bochumern einmal abgesehen. Vielleicht war dieser Treffer der Knoten, der platzen musste, damit Ginczek wieder vollends zu alter Torgefährlichkeit zurückfindet.
Zu hoffen wäre es. Denn anders als in den letzten Wochen nutzten die Verfolger Berlin und Hannover den erneuten Punktverlust des VfB und haben den Rückstand auf zwei und vier Punkte respektive verkürzt. Es sind immer noch zehn Spiele in dieser Saison, zwei davon gegen direkte Verfolger. Es ist mir unbegreiflich, wie man in diesem trotz des Vorsprungs vor dem Spiel engen Aufstiegsrennen ein solches Spiel hinlegen kann. Hätten nicht andere Spieler auf dem Platz gestanden hätte man fast denken können, da steht noch Jos Luhukay an der Seitenlinie.
Anzeichen geistiger Ermüdung
Das Bochum eine kampfstarke Mannschaft ist, wusste man bereits aus dem Hinspiel. Die nahe liegende Erklärung wäre natürlich, dass die DFL es in ihrer unendlichen, von Sky gefütterten Weisheit mal wieder geschafft hat, einer Mannschaft die kürzestmögliche Zeit zwischen zwei Spielen einzuräumen. Während zwischen Düsseldorfs Spiel in Bochum am Freitag und dem morgigen Spiel gegen Braunschweig ganze zehn Tage lagen (was übrigens impliziert, dass der VfL auch sieben Tage zwischen beiden Spielen hatte), hatte der VfB zur Regeneration ganze vier Tage. Es wird Zeit, dass wir aus dieser Horrorliga wieder rauskommen und ich hab schon gar keine Lust, mich diesmal wieder über den Schiedsrichter auszulassen.
Das ist mir aber zu einfach. Die Symptome, die der VfB hatten weniger mit körperlicher Ermüdung zu tun, als mit geistiger. Vielleicht fühlte sich die Mannschaft nach der Abwehrschlacht in Braunschweig unbesiegbar, vielleicht dachte sie, einen Gegner auf diesem Tabellenplatz werde man als Tabellenführer schon irgendwie besiegen. Vielleicht war es nach dem Spiel in Braunschweig auch zu viel des Lobes, welches auf die Mannschaft einprasselte. Wie auch immer, es war ein gefährlicher Trugschluss. Der VfB ließ an diesem Tag jegliche Konzentration vermissen und hatte Glück, dass den Gästen irgendwann die Puste ausging. In der ersten Verärgerung hatte ich den Auftritt des VfB noch als überheblich bezeichnet, mittlerweile denke ich, dass es sorglos besser trifft.
Die Mannschaft muss sich jetzt wieder daran erinnern — oder es endlich merken — dass der Aufstieg auch nach sieben Spielen ohne Niederlage in Folge kein Selbstläufer wird und dass man sich, siehe letzte Saison, auch ganz schnell ein paar Plätze tiefer wiederfindet, wenn man nicht bis zum Abpfiff des 34. Spieltags alles gibt und alles rein wirft. Hoffen wir, dass dieses Spiel ein Warnschuss zur rechten Zeit war, denn viele solcher Halbzeiten können wir uns bis Mai nicht mehr leisten.