Er ist bisher neben Jean Zimmer der einzige Neuzugang des VfB für die anstehende Zweitliga-Saison: Trainer Jos Luhukay. Nichts anderes als der Wiederaufstieg wird von ihm erwartet, bisher kennen ihn VfB-Fans jedoch nur aus der Ferne. Wir haben uns mit zwei Fans unterhalten, deren Vereine Luhukay bereits erfolgreich in die 1. Liga geführt hat: Kristell (@kristaldo1907) vom FC Augsburg-Podcast Auf die Zirbelnuss und Uwe (@ubremer1) vom Hertha-BSC-Blog immerhertha.de.
Rund um den Brustring: Hallo Ihr beiden. Vielen Dank, dass Ihr Euch die Zeit genommen habt, unsere Fragen zu unserem neuen Cheftrainer zu beantworten. Luhukay war ja zu unterschiedlichen Zeiten seiner Trainerkarriere bei Euren Vereinen. Wie wurde seine Verpflichtung aufgenommen?
Kristell: Luhukay stand beim FCA damals schon als Nachfolger von Holger Fach fest, aber man wollte die Saison mit Fach eigentlich zu Ende spielen. Leider war die sportliche Situation nach zehn Spielen ohne Sieg aber sehr ernst, der FCA lief Gefahr, aus der zweiten Bundesliga abzusteigen. Luhukay übernahm dann früher als geplant und bei den Fans war durchweg Erleichterung zu spüren: endlich war Fachs Trauerspiel vorüber, und man traute Luhukay großes zu.
Zurecht, wie man bald sah: er schaffte den Klassenerhalt mit dem FCA, und in der nächsten Saison erreichten wir den Relegationsplatz zum Aufstieg in die erste Bundesliga. Gegen Nürnberg sollte es dann zwar nicht reichen, aber ein Jahr später war es soweit: der FCA stieg unter Luhukay in die Bundesliga auf. Dort traute man uns nix zu, aber Luhukay schaffte das Unmögliche: unter dem Slogan “Jos, we can” hielt der sichere Absteiger die Klasse. Als Luhukay am letzten Spieltag seinen Rücktritt verkündete, versaute uns das gehörig die Feierlaune. Wir haben also nur die besten Erinnerungen an Jos Luhukay, und eines ist klar: keiner kann so schön Schnauzer tragen wie Jos.
Uwe: Hertha war 2012 abgestiegen. Es war ein Coup von Manager Michael Preetz, Jos Luhukay zu verpflichten.
Rund um den Brustring: Wie hat er es geschafft, Euch jeweils in die Bundesliga (zurück) zu bringen, was waren seine Stärken?
Uwe: Jos Luhukay (in meinem Blog ImmmerHertha.de nur j‑lu genannt) ist ein ehrgeiziger, akribischer Arbeiter. Über allem steht bei ihm die Mannschaft. Disziplin ist wichtig. Nicht lustig für Spieler, die nicht mitziehen (unabhängig vom Namen). j‑lu steht immer auf dem Gaspedal (kann positiv, kann aber auch negativ sein). j‑lu kennt die Zweite Liga. Er weiß, wie schwer es für Teams wie Gladbach, Hertha, Stuttgart ist, die Fußballspielen gewohnt sind, in der extrem umkämpften, nickligen 2. Liga zurecht zu kommen. j‑lu redet Klartext. Er korrigiert beim Training die Spieler regelmäßig auf dem Feld, egal ob Mitspieler oder Journalisten zuhören. Allerdings: Er meckert nicht, sondern versucht aufzuzeigen: „So ist es Mist. Die bessere Lösung diese Situation wäre …”
Kristell: Luhukay verpflichtete damals eine Reihe neuer Spieler, die sehr gut einschlugen. Ibrahima Traoré wurde zur Geschwindigkeitswaffe auf der Außenbahn, Marcel Ndjeng blühte auf. Luhukays Spielidee war nicht neu, funktionierte mit diesen Spielern aber hervorragend: Ball raus auf die Außen, Flanke und rein ins Tor. Hilfreich war natürlich, dass Michael Thurk unter Luhukay zur Bestform auflief und so gut wie alles im Tor unterbrachte, was ihm serviert wurde.
Rund um den Brustring: Der VfB stieg ja unter anderem deswegen ab, weil der Mannschaft neben der Eigenmotivation auch der Druck von außen fehlte, man lebte als Spieler in der vielzitierten Wohlfühloase. Kann Luhukay dem VfB die Bequemlichkeit und Selbstzufriedenheit austreiben?
Kristell: Ich maße mir ungern an, von außen zu bewerten, was beim VfB schief gegangen ist, aber ich traue Luhukay grundsätzlich viel zu, vor allem, eine Mannschaft so einzustellen, dass sie in die erste Bundesliga aufsteigen kann. Wenn es gelingt, die Spieler auszusieben, die den Schuss bis zuletzt nicht gehört haben, und solche zu holen, die sich voll reinwerfen, dann kann das definitiv gelingen.
Uwe: Ja! Training bei Jos Luhukay ist definitiv kein Wohlfühloase.
Rund um den Brustring: In der Bundesliga hat er es nie lange als Cheftrainer ausgehalten? Wieso ist er bei Euren Vereinen rausgeflogen, bzw. gegangen? Welche Schwächen hat er evtl. die einen direkten Wiederaufstieg des VfB gefährden könnten?
Uwe: Das sind 2 verschiedene Fragen. Egal ob Köln, Gladbach, Augsburg oder Hertha — j‑lu war in Liga 2 immer erfolgreich. In Berlin hatte sich j‑lu ein wenig abgenutzt mit der Art “immer nur Vollgas”. Ein Thema, dass sich in Stuttgart in den ersten 18 Monaten nicht stellen wird.
Kristell: Bei uns ist Luhukay auf eigenen Wunsch gegangen, als er den Klassenerhalt, den viele für unmöglich hielten, geschafft hatte. Er suchte neue Herausforderungen in Berlin und schien damit Recht zu haben, zumindest eine Zeit lang. Ich denke, damals war das für ihn ein logischer und sinnvoller Schritt,obwohl wir ihn sehr gerne behalten hätten. Im Nachhinein war es natürlich unser Glück, denn sein Nachfolger Weinzierl hat uns ja ganz gut getan. Das einzige, was ich bei Luhukay nicht verstanden habe, ist der unerklärliche Bruch mit Thurk zu Beginn der ersten Erstligasaison. Man munkelt von Eitelkeiten, die zu dessen Rauswurf führten — aber genaues weiß man nicht.
Rund um den Brustring: Gibt es sonst noch etwas interessantes über ihn zu wissen? Ticks, Zwischenmenschliches, im Umgang mit Fans und Medienvertretern?
Kristell: Uns ist er in bester Erinnerung geblieben als unaufgeregter, leiser, aber genauer Trainer. Sein wunderbarer Schnauzer und der nette Akzent kamen in Augsburg immer hervorragend an.
Uwe: J‑lu ist, untypisch für die Branche, uneitel. Er ist nicht glamourös. Meidet Partys. Trinkt null Alkohol („Das ist Gift“). j‑lu ist ein guter Typ. Ich habe einiges von ihm gelernt über Fußball. Er möchte verstanden werden, erklärt viel. Er ist direkt und ehrlich. Was j‑lu partout nicht leiden kann ist Unehrlichkeit (da hat er ein Elefantengedächtnis). Wünsche j‑lu und dem VfB guten Gelingen miteinander.
Rund um den Brustring: Kristell, Uwe, vielen Dank!