Wenn Du mich fragst, wer Meister ist…

…dann sage ich zu Dir, dass das jetzt end­lich die Schwa­ben sind, die Jungs vom VfB. Der schlägt Würz­burg 4:1 und schließt die Pflicht­übung Wie­der­auf­stieg erfolg­reich ab.

Man könn­te so viel schrei­ben nach die­sem 34. Spiel­tag. Ein Sai­son­ende bringt es immer mit sich, dass man den Blick nach und nach vom unmit­tel­bar Erleb­ten auf die län­ger zurück­lie­gen­de Ver­gan­gen­heit und die nahe Zukunft aus­wei­tet. Dar­um soll es aber in die­sem Rück­blick nicht gehen, The­ma ist hier ein­zig und allein das Spiel gegen die Würz­bur­ger Kickers. Und irgend­wie auch nicht nur.

Klasse des VfB schlägt kraftlose Kickers

So much love: Terodde und Ginczek harmonierten prächtig.
So much love: Terod­de und Gin­c­zek har­mo­nier­ten präch­tig.

Die waren zumin­dest noch mit der theo­re­ti­schen Chan­ce ange­reist, den Klas­sen­er­halt zu schaf­fen. Ein Klas­sen­er­halt, der nach der Hin­run­de eigent­lich schon ein­ge­tü­tet schien. Unter ande­rem auch durch einen ful­mi­nan­ten Auf­tritt gegen den VfB vor eige­nem Publi­kum. Davon war am Sonn­tag nichts mehr zu sehen. Kei­ne Ahnung, was bei den Kickers da im Jahr 2017 pas­siert ist, aber der von Eupho­rie getra­ge­ne VfB hät­te gut und ger­ne das Dop­pel­te an Toren erzie­len kön­nen. Aber der war schon mehr oder min­der im Som­mer­kick-Modus, weil es eben auch dies­mal reich­te.

Aber fürs Ers­te genug gebrud­delt, das kommt spä­ter noch genug, glaubt mir. Am Ende setz­te sich die höhe­re indi­vi­du­el­le Qua­li­tät des VfB durch, vor allem das Zusam­men­spiel von Simon Terod­de und Dani­el Gin­c­zek, die Han­nes Wolf in einer Art “Scheiß drauf, Auf­stieg ist nur ein­mal im Jahr”-Laune zusam­men auf­ge­stellt hat­te. Gegen die wacke­li­gen Würz­bur­ger funk­tio­nier­te es, weil bei­de sich die Bäl­le hin- und her­scho­ben, immer mit dem Auge für den frei­en Kol­le­gen und so am Ende das Ergeb­nis auf 4:1 hoch­schraub­ten. Damit ver­hin­der­ten sie auch, dass Mat­thi­as Zim­mer­mann in Zukunft in einer Rei­he mit Khe­di­ra, Hitzl­sper­ger, Elber und Buch­wald genannt wird. Denn das Tor war zwar schön, aber auch die auf­se­hen­er­re­gends­te Akti­on des VfB-Mit­tel­feld­spie­lers.

Vom Anstand und von Großveranstaltungen

Soweit das Spie­le­ri­sche an die­sem Tag. Kom­men wir zum drum­her­um und begin­nen wir auf den Rän­gen. Brud­de­lei inco­ming. Dass man in Stutt­gart dem VfB vor allem dann die Bude ein­rennt, wenn es um was geht, ist nach den letz­ten Jah­ren kei­ne neue Erfah­rung mehr. Wisst Ihr noch damals, mit 12.000 Men­schen im Pokal gegen Bie­le­feld? Jetzt bie­ten Leu­te jedes Jahr im Mai abar­ti­ge Sum­men, um ein­mal im Jahr im Neckar­sta­di­on dabei zu sein, wenn der VfB auf­steigt oder nicht absteigt. Die nega­ti­ve Begleit­erschei­nung besteht dar­in, dass vie­le in ihrer Event-Geil­heit jeg­li­chen Ver­stand ver­lie­ren. Hun­der­te, ja tau­sen­de von Euros an einen Ver­ein wie Via­no­go zu über­wei­sen ist ja das eine. Aber was gar nicht geht, ist sich Kar­ten für den Steh­block der Gäs­te (!) zu holen, die in die­sem Spiel eine herz­zer­rei­ßend schlech­te Rück­run­de mit einem Abstieg krö­nen könn­ten, nur weil der Rest des Sta­di­ons aus­ver­kauft ist.

Ja sagt mal, geht es noch? Über das The­ma Eupho­rie und wie die­se befeu­ert wird, müs­sen wir auch noch reden. Aber wenn das Sta­di­on, also der Heim­be­reich voll ist, dann ist es voll. Fer­tig. Genau­so gilt das übri­gens für den Wasen. Groß­ver­an­stal­tun­gen sind kein Pony­hof und kein Wunsch­kon­zert. Trotz­dem hob vor dem Spiel das Weh­kla­gen an, wie man denn nur 60.000 auf den Wasen las­sen kön­ne, was wäre denn mit den 60.000 im Neckar­sta­di­on und über­haupt, was erdreis­tet sich die Stadt Stutt­gart, an die­sem Tag in der Innen­stadt etwas ande­res zu ver­an­stal­ten? Aber zurück zum Gäs­te­block. Wer meint, er müs­se neben trau­ern­den oder zumin­dest trau­ri­gen Würz­burg-Fans die Meis­ter­schaft des VfB fei­ern, der hat den Schuss nicht gehört. Das hat was mit Anstand und Respekt vor ande­ren Fuß­ball­fans zu tun. Ich möch­te mal die­se Leu­te sehen, wenn beim 2:6 in Bre­men Wer­der-Fans im Gäs­te­block gestan­den hät­ten, weil der VfB auf­grund der DFL-Schna­pis­deen sein Aus­wärts­kon­tin­gent nicht voll abge­ru­fen hät­te. Ein Teil der VfB-Fans hat schon in Bie­le­feld bewie­sen, dass Stumpf Trumpf und Fin­ger­spit­zen­ge­fühl über­wer­tet ist, als sie eben jene Armi­nia mit “Wir stei­gen auf und ihr steigt ab”-Rufen bedach­ten, die uns weni­ge Wochen spä­ter gegen Braun­schweig den Arsch ret­ten wür­de. Aber so ein Ver­hal­ten ist ein­fach nur unfass­bar dumm und pein­lich und ich hof­fe, die­je­ni­gen haben das von den Würz­bur­gern deut­lich zu spü­ren bekom­men.

Der Platzsturm und die Euphorie

Ein bißchen Anarchie ist ok.
Ein biss­chen Anar­chie ist ok.

Kom­men wir zu einem erfreu­li­che­ren Teil des Spiels und der Fan­kul­tur. Ich habe heu­te auch viel Kri­tik am Platz­sturm gele­sen. Ja, es passt zur Event­geil­heit der letz­ten Tage. Und ja, so ein Tor kos­tet Geld und es hät­te auch was pas­sie­ren kön­nen. Aber mal ganz ehr­lich: Lie­ber so ein Platz­sturm als der letz­tes Jahr gegen Mainz. Wun­dern braucht sich der VfB übri­gens nicht. Wenn einen Hol­ger Laser zehn mal mit der pene­tran­ten Stim­me eines jugend­li­chen Zelt­la­ger­be­treu­ers dar­auf hin­weist, dass die Mann­schaft in die Kur­ve kommt und wir bit­te alle sit­zen blei­ben wol­len, dann kann man ja fast gar nicht mehr anders, als den Platz zu stür­men. Ich gebe zu, es hat­te etwas geplan­tes und auch hier benah­men sich vie­le Leu­te ziem­lich pein­lich. Auf der ande­ren Sei­te war es ein­fach ein schö­nes Bild, fröh­li­che, fei­ern­de VfB-Fans auf dem Rasen des Neckar­sta­di­ons zu sehen. Ein biss­chen Anar­chie muss auch mal sein und die darf dann auch ruhig mal von den Rän­dern der Kur­ve oder den Tri­bü­nen aus­ge­hen. Ein biss­chen zu viel Anar­chie ist mei­ner Mei­nung nach übri­gens das Zün­den von Böl­lern in der eige­nen Kur­ve. Da wür­de ich ger­ne mal sehen, ob es einen Zusam­men­hang zwi­schen der Laut­stär­ke des Knalls und der Grö­ße gewis­ser Kör­per­tei­le sowie der Grö­ße des Gehirns gibt.

Zum Abschluss doch noch­mal ein wenig Meta­ebe­ne und ein klei­ner Aus­blick. Natür­lich ist es schön, dass der VfB wie­der in der Bun­des­li­ga spielt, auch wenn ich die Zahl der Sta­di­en, auf die ich mich wirk­lich freue, an einer Hand abzäh­len kann. Und natür­lich ist es eine Leis­tung, mit einer so jun­gen Mann­schaft am Ende auf Platz 1 zu ste­hen. Aber lie­be Leu­te: Lasst die Kir­che mal im Dorf. Jeg­li­cher Ver­gleich mit der deut­schen Meis­ter­schaft 2007 ver­bie­tet sich voll­kom­men. Nicht nur ist die Tro­phäe ein völ­lig über­flüs­si­ges Mar­ke­ting-Ding, es gibt auch kei­nen Grund, die erneu­te Erst­klas­sig­keit als das größ­te Geschenk der Fuß­ball­göt­ter anzu­neh­men. Der VfB ver­kauft ernst­haft Mer­chan­di­se mit der Auf­schrift “Erst­klas­sig”. Als wären wir die letz­ten 20 Jah­re wie For­tu­na Düs­sel­dorf vor ihrem letz­ten Auf­stieg im Ama­teur­fuß­ball rum­ge­düm­pelt. Der direk­te Wie­der­auf­stieg ist kein Wun­der, son­dern zuvor­derst die Erfül­lung einer Pflicht­auf­ga­be. Nicht auf­zu­stei­gen wäre ein­fach kei­ne Opti­on gewe­sen.

Aufstieg war Pflicht

Natür­li­che las­se ich alter Brudd­ler Euch Eure über­schäu­men­de Freu­de. Aber fangt bit­te nicht an, den Abstieg, die ver­gan­ge­ne Sai­son und den Wie­der­auf­stieg zu ver­klä­ren. Es gab gei­le Spie­le, gei­le Aus­wärts­fahr­ten, tol­le Tore. Aber letzt­end­lich ist der VfB jetzt wie­der da, wo er hin­ge­hört. Und er gehört da nicht hin, weil VfB-Fans angeb­lich ein schwie­ri­ges Umfeld dar­stel­len und über­höh­te Erwar­tun­gen haben. Er gehört da hin, weil er seit ich mich erin­nern kann in der Bun­des­li­ga gespielt hat und das nicht nur unter fer­ner lie­fen. Klar war der Abstieg am Ende die ver­dien­te Stra­fe für das Rum­ge­stüm­per diver­ser Trai­ner, Mana­ger und Prä­si­den­ten sowie der völ­lig ver­korks­ten Leis­tungs­kul­tur im Kader. Aber ein Abstieg kann nie die Lösung sein und wir wer­den noch eine Wei­le an ihm zu knab­bern haben.

Danke!

An die­ser Stel­le erst­mal dan­ke an alle, die unse­re Geg­ner­vor­stel­lun­gen und Rück­bli­cke zu den VfB-Spie­len in die­ser Sai­son gele­sen und kom­men­tiert haben. Ich schrei­be vie­les hier auch für mich sel­ber, manch­mal zum Abre­agie­ren, manch­mal zum Abfei­ern, aber es freut mich immer wie­der, wenn ich damit auch bei Euch einen Nerv tref­fe, sei es posi­tiv oder nega­tiv. Mitt­ler­wei­le lesen hier schon ein paar mehr Leu­te mit als vor zwei Jah­ren, als wir die­sen Blog gestar­tet haben und die Qua­li­tät der Dis­kus­sio­nen mit Euch und Eurer Kom­men­ta­re zeigt mir, dass man auch mit viel Text und ver­hält­nis­mä­ßig wenig Bil­dern vie­le Men­schen errei­chen kann, die einem wie­der­um sehr wert­vol­les Feed­back geben und den eige­nen Hori­zont auch erwei­tern. Dan­ke dafür!

 

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