Eigentlich bin ich ja schon in Feiertagsstimmung. Aber ganz unkommentiert kann ich das Pokalspiel in Mainz und die Transfernachrichten vom Mittwoch nicht lassen.
Ich will mich eigentlich gar nicht mehr groß aufregen — das habe ich die beiden letzten Tage genug getan — deswegen halte ich mich heute kurz. Ich bin ja auch irgendwie selbst schuld:
Mainz weghauen, durchschnaufen, Fehler analysieren und dann in der Rückrunde den Klassenerhalt klar machen!
Das schrieb ich am Wochenende nach dem bitteren Nicht-Unentschieden gegen die Bayern. In dem irrigen Glauben, dass die Mannschaft nach einem der besten Saisonspiele begriffen hätte, welches Auftreten vonnöten ist, um in der Liga zu bestehen: Kampf von der ersten bis zur letzten Minute, selbst bei Rückstand. Ich hätte es besser wissen müssen.
Schmeichelhafte Führung, schlechter Elfer
Stattdessen sahen die knapp 5.000 mitgereisten VfB-Fans — immerhin ein Viertel der Anwesenden — am Dienstagabend den gleichen Stiefel wie in den vorangegangenen Spielen in der Liga: Halbgare Flanken, Fehlpässe, Rückpässe, Querpässe. Das Glück des VfB war, dass Mainz nicht ohne Grund die gleiche Punktzahl hat: So konnte der VfB trotzdem in Führung gehen und das sogar mit einem schönen Doppelpass zwischen Christian Gentner und Chadrac Akolo. Umso unverständlicher, dass die Mannschaft diese Auswärtsführung nach der Pause einfach, man kann es nicht anders sagen, verschenkte.
Natürlich gehört zur Geschichte dieses Spiels auch der zweiten verschossenen Elfmeter innerhalb weniger Tage. War es am Samstag noch der junge Akolo, übernahm diesmal Dennis Aogo die ehrenvolle Aufgabe…und produzierte eine Kopie des Akolo-Elfers, mit identischem Ausgang. Wäre das Spiel mit einer 2:0‑Führung des VfB anders verlaufen? Ich kann es mir fast nicht vorstellen. Denn der VfB war von zwei mittelmäßig bis schlechten Mannschaften die Dümmere.
Rückpässe schießen keine Tore
Natürlich muss man auch das absurde Verletzungspech erwähnen, das dazu führte, dass die Brustringträger mit einer Dreierkette bestehend aus Aogo, Kaminski und Baumgartl aufliefen. Was aber weder erklärt, warum die Mannschaft im kollektiven Tiefschlaf zwei Gegentore nach Standards kassierte, noch, warum sie nicht in der Lage war, genügend Druck aufzubauen, um doch noch den Ausgleich zu erzwingen. Als hätte ihnen nicht das Spiel gegen den Meister vor Augen geführt, dass man durch Ballgeschiebe keine Tore schießt.
Jetzt könnte man natürlich sagen: Ist doch nur Pokal, nur die Liga zählt! Dumm nur, dass wir in knapp einem Monat schon wieder nach Mainz fahren. Vielleicht mit weniger Verletzten und hoffentlich mit dem einen oder anderen Neuzugang — dazu später mehr — aber im schlimmsten Fall mit der gleichen Mentalität. Ich war ja über einen Großteil der Hinrunde davon ausgegangen, dass die Mannschaft den Abstiegskampf angenommen hat. Die zweite Halbzeit widerlegte diese These eindrucksvoll.
Oh captain, my captain
Dabei geht es gar nicht darum, dass “Mainz weghauen” von vornherein eine unrealistische Aufgabenstellung ist. Wir hauen dieses Jahr niemanden weg. Aber so kannst Du, so darfst Du nicht gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf auftreten, selbst wenn es ein anderer Wettbewerb ist. Und so endete auch das fünfte Pflichtspiel im Dezember mit einer Niederlage. Verständlich, dass dem Gästeblock nach diesem spielerischen und mentalen Rückschritt der Geduldsfaden riss. Niederlagen gegen Bayern und Leverkusen kann man verkraften, die fehlende Bereitschaft, im letzten Spiel des Jahres nochmal einen rauszuhauen, nicht.
Weniger verständlich war das, was sich nach Abpfiff abspielte. Da trottete eine Mannschaft, die schon mitbekommen hatte, dass der Block kochte, langsam Richtung Gästefans, um sich beschimpfen zu lassen. Für viele eine neue Erfahrung, für einen nicht. Aber ausgerechnet Christian Gentner war es, der den Ausflug zum enttäuschten Anhang lieber früher als später abgebrochen hätte und — so schien es — von Ron-Robert Zieler überzeugt werden musste, stehen zu bleiben, wenn er schon nicht weiter nach vorne gehen wollte. Das muss man sich mal klarmachen: Der Torwart, der seit August im Verein ist, muss den Kapitän, das Vereins-Urgestein, überreden, nicht vor den eigenen Fans davon zu laufen. So stark Gentner spielerisch unterwegs gewesen sein soll — ich fand es eher mäßig — so schwach war seine Vorstellung nach Abpfiff. Aber wer soll ihm bei der Fluktuation im Kader das Amt streitig machen?
Die Konkurrenz gestärkt
Womit wir beim zweiten Aufregerthema dieser Woche sind. Es hatte sich schon angedeutet, am Mittwoch Vormittag wurde es offiziell: Simon Terodde, der den VfB mit 25 Toren in die Bundesliga geschossen hatte, wechselt mit sofortiger Wirkung zum 1. FC Köln. Um es sich nochmal auf der Zunge zergehen zu lassen: Der VfB lässt einen Stürmer auf dessen Wunsch hin zu einem Verein ziehen, dessen Ziel es ist, den VfB in der Tabelle einzuholen. Zu einer Mannschaft, die das in dieser Saison beachtenswerte Kunststück zustande bringt, noch weniger Tore zu schießen als die Männer im Brustring.
Nicht nur das: Der VfB verkauft den einzigen Stürmer, der nicht alle paar Wochen verletzt ausfällt. Ohne den Verletzten daraus einen Vorwurf machen zu wollen, aber gerade bei Daniel Ginczek mache ich mir echt Sorgen. Selbstverständlich steht noch kein Ersatz bereit, denn, oh Wunder, auch mit den paar Daimler-Millionen sind Wintertransfers schwierig. Erst recht, wenn alle Welt weiß, dass man bei ca. 10 Millionen Euro aussteigt und jetzt dringend einen neuen Stürmer braucht. Wenn es nun Teroddes unbedingter Wunsch ist, nach Köln zu wechseln — kann man dann nicht wenigstens mit dem Wechsel warten, bis man Ersatz hat?
Abgehauen
Ich verstehe aber auch Terodde nicht. Der Wiederaufstieg ist für die gesamte Mannschaft eine neue Situation. Die Hälfte der Spieler bestritt gegen Hertha das erste Bundesliga-Spiel ihres Lebens. Natürlich läuft in so einer Hinrunde nicht alles optimal. Natürlich traf Terodde seltener als er und wir uns das gewünscht hätten. Was aber auch daran lag, dass keiner unserer Offensivspieler eine Idee hat, wie man den Ball gefährlich in den Strafraum bringt. Aber haue ich deswegen nach einer Halbserie ab, zu einer Mannschaft, die mit einem Bein in der zweiten Liga steht? Wozu? Um sich die Torjägerkrone der zweiten Liga zurück zu holen?
Ja, Herzensverein und so. Klar. Deswegen kokettiert man auch vor nicht mal einem halben Jahr mit einem Wechsel zum rheinischen Erzrivalen, um einen besser dotierten Vertrag zu bekommen. Ich weiß nicht, wie viel davon mit seinem Berater zu tun hat, aber irgendwie hätte ich von einem so bodenständig wirkenden Spieler wie Terodde etwas anderes erwartet. Aber ja: Ich weiß, wie es im modernen Fußball läuft. Trotzdem wäre es mir lieber gewesen, er hätte die Herausforderung angenommen, sich bei uns auch in der Bundesliga durchzusetzen. Tschüss, Simon. Danke für die 25 Tore. Viel Spaß in der zweiten Liga — hoffentlich.
Die Lücke schließen
So, jetzt ist der Text doch länger geworden, als er es eigentlich sollte, aber das musste noch einmal raus. Von Josip Brekalo und seinem vermeintlichen Wunsch, im Winter nach Wolfsburg zurück zu kehren, will ich gar nicht erst anfangen. Wir haben ja kein Offensivproblem oder so.
Ich hätte mir einen schöneren Start in den Weihnachtsurlaub und die Winterpause vorstellen können. Jetzt bin ich gespannt, wen Michael Reschke im Winter aus dem Hut zaubert. Denn zu “Ja zum Erfolg” gehört auch, dass wir alles tun, um nicht wieder abzusteigen.
Frohe Weihnachten!
Jetzt aber erstmal genug davon. Wir wünschen euch frohe Weihnachten und schöne Feiertage. Wenn Ihr es noch nicht getan habt, hört Euch unsere sehr interessantes Interview mit Cacau an. Ein sehr sympathischer und offener Mensch, der viel zu erzählen hat. Lasst Euch reich beschenken und gut gehen. Zum Sport melden wir uns im neuen Jahr wieder, an dessen Ende der VfB hoffentlich weiterhin in der Bundesliga spielt.