Der VfB verliert beim 0:3 in Würzburg zum ersten Mal in dieser Saison zwei Spiele in Folge und rutscht zum Jahresabschluss auf Platz 3 ab. Warum versagte die Mannschaft zum zweiten Mal in Folge in einer Drucksituation?
Beginnen wir den letzten Rückblick für dieses Jahr mal wieder mit einer musikalischen Untermalung. Der VfB, nach dem 4:0 in Aue am 15. Spieltag noch auf Platz 1, findet sich nach Abschluss der Hinrunde auf Platz 3 wieder. Immerhin noch drei Punkte vor einem Nicht-Aufstiegsplatz und nur zwei Punkte hinter Tabellenführer Braunschweig. Aber man hat eben auch einen Vier-Punkte-Vorsprung auf den Relegationsplatz verspielt. Und nach den positiven Ergebnissen in den vergangenen Wochen fragt man sich: Warum?
So chancenlos wie gegen Düsseldorf und Heidenheim
Um eine immer wieder gestellte Frage zu beantworten: Nein, keiner erwartet, dass der VfB die Hinrunde mit 17 Siegen abschließt und dabei jedem Gegner vier bis fünf Buden einschenkt. Wir alle wussten, dass diese Liga kein Spaziergang wird. Man muss aber auch festhalten: Diese Liga ist nicht unschlagbar. Der VfB hat in einigen Spielen nicht gerade eine dominante Leistung gezeigt, trotzdem reichte es in zehn von 17 Spielen für drei Punkte. Meist war es dabei vor allem die spielerische Überlegenheit, die den Brustringträgern die Siege bescherte. Demgegenüber stehen mittlerweile fünf Niederlagen. Die ersten zwei gehen vor allem auf das Konto von Jos Luhukay und seiner taktischen Einfallslosigkeit, als man weder gegen Düsseldorf, noch gegen Heidenheim eine Möglichkeit sah, gefährlich vors Tor zu kommen. In Dresden fiel die Mannschaft nach zwei Gegentoren völlig auseinander und man war sich eigentlich einig: So etwas darf nie wieder passieren.
Dann schien sich alles richtig einzugrooven, der VfB spielte zwar wie gesagt niemanden an die Wand, aber es reichte für einen Höhenflug, gekrönt durch die Tabellenführung am 15. Spieltag. Dann kam letzte Woche mit Hannover wieder ein Gegner auf Augenhöhe, der in Lage war, die Schwächen des VfB zu nutzen. Schon am Montag hätte Martin Harnik eigentlich die Schwächen der VfB-Abwehr eiskalt ausnutzen müssen. Das blieb heute den Würzburgern überlassen. Aus VfB-Sicht kann man froh sein, dass es am Ende nur 0:3 stand und die Klatsche nicht wie in Dresden noch ein paar Tore höher ausfiel. Die Möglichkeiten wären da gewesen für die Franken. Was hingegen total fehlte: Chancen für den VfB.
Keiner widersteht dem Druck
Offensiv geht die Hinrunde so beschissen zu Ende, wie sie angefangen hat. Hannover und Würzburg verteidigten geschickt, ließen die Offensivbemühungen des VfB auflaufen und keiner hatte eine Idee, wie man zu einem Torerfolg kommen könnte. Nicht Simon Terodde, der ohne Ball auch keine Tore schießen kann und sich diesen auch nicht ständig selber vorlegen kann. Nicht Alexandru Maxim, der erneut eine Möglichkeit, sich für die Startelf zu qualifizieren, eindrucksvoll in den Sand setzte. Auch nicht die Flügelzange Asano und Mané, die so viel Gegenwehr aus den letzten Spielen nicht gewohnt waren und entsprechend blass blieben.
Denn die Würzburger, viel mehr als Hannover vor Wochenfrist, wussten genau, wie sie dem VfB beikommen konnten: Rennen, grätschen, kratzen, beißen. Trotz einiger erfahrener Spieler auf dem Platz ließ sich der VfB den Schneid abkaufen und brach unter dem Druck zusammen. Zum einen unter dem Druck der Würzburger Angriffe, aber auch unter dem Druck, den Trainer Hannes Wolf unter der Woche erzeugt hatte, als er ankündigte, man gehe mit Wut im Bauch in dieses Spiel und er wollte “Männerfußball” sehen. Bleiben wir mal bei dieser archaischen Forderung, dann sah man heute nur eine Mannschaft auf dem Platz, die das umsetzte.
Einfach mal ein Zeichen setzen
Die Gäste, heute im unfassbar hässlichen silbergrauen Trikot spielend, schwammen wieder mit. Und soffen am Ende ab, wie gegen Dresden. Lag es daran, dass Christian Gentner zunächst auf der Bank saß? Ist die Mannschaft wirklich so abhängig von einem Spieler, der auch nicht dafür bekannt ist, ein Spiel rumzureißen und der die Kapitänsbinde in den letzten Jahren nur noch aufgrund des Ausschlussprinzips getragen hat? Für ihn musste Kevin Großkreutz den Platz verlassen, der wohl noch bis 2018 das Attribut “Weltmeister” führen darf, sich aber mittlerweile nur noch als durchschnittlicher Zweitliga-Spieler präsentiert und nicht mehr als das Mentalitätsmonster, als das er im Januar kam.
Oder lag es an der Rotsperre von Timo Baumgartl, dass die Abwehr sich wieder wie zu besten Erstligazeiten wie ein Hühnerhaufen verhielt und auseinander nehmen ließ? Nein, Toni Sunjic war heute nicht alleine für die Niederlage verantwortlich. Aber vergessen wir bitte nicht, dass er letztes Jahr für über drei Millionen als der heiße Scheiß für die Innenverteidigung verpflichtet wurde, nachdem man sich die Situation mit Adam Hlousek nicht mehr schön reden konnte. Ja, ich weiß. Jetzt meckert der wieder nur. Wir sind doch immer noch Dritter. Zehn Siege muss man auch erst mal schaffen. Es hat doch wohl hoffentlich keiner erwartet, das…blablabla. Man kann aber erwarten, dass die Mannschaft, sechs Tage nachdem sie sich in einem Spiel gegen einen direkten Konkurrenten selber um die drei Punkte gebracht hat, etwas wieder gut machen will. Dass sie über den Gegner herfällt und ihre offensichtliche spielerische Überlegenheit ausspielt. Dass man, unabhängig von der Tabellenkonstellation, die in der Tat am 17. Spieltag noch keine Auswirkung auf den Aufstieg hat, einfach mal ein Zeichen setzen möchte. Dass man endlich diese “Ein gutes Pferd springt nur so hoch wie es muss”-Mentalität abgelegt hat, die den Verein in die zweite Liga gebracht hat.
It’s the mentality, stupid
Aber nein. Stattdessen wünscht man sich lieber, Tabellenzweiter zu sein. Wäre das Zitat nicht schon verbrannt, müssten wir uns wahrscheinlich anhören, dass die anderen den Druck hätten. Da gibt ein Simon Terodde nach dem Spiel zu, man habe nicht die richtige Einstellung an den Tag gelegt. Und Christian Gentner, der kaum auf dem Platz stand, konstatiert, dass man zu viele Fehler gemacht hat. Danke, Captain Obvious! Andere Stimmen zum Spiel gibt es nicht. Wir gehen jetzt in die Winterpause und versuchen es in der Rückrunde besser zu machen. Frohe Weihnachten.
Es ist nicht die Tabellensituation, die mir Sorgen macht, obwohl man diese, siehe letzte Saison, nicht auf die leichte Schulter nehmen sollte. Es ist die Mentalität, mit der man in Stuttgart mit Druck umgeht. Man würde ja denken, der Schock des Abstiegs hätte etwas bewirkt. Betrachtet man die letzten zwei Spiele, scheint man vor allem das Personal ausgetauscht zu haben. Jetzt haben wir noch 17 Spiele Zeit, um am Ende einen der beiden vorderen Plätze zu ergattern. Schindelmeiser wird in der Winterpause viel damit zu tun haben, diese Mannschaft aufstiegstauglich zu machen. Weniger spielerisch, aber vor allem im Kopf. Diese zwei Niederlagen zum Ende der Hinrunde waren nämlich alles, nur nicht eins: bundesligatauglich.