Der VfB macht den ersten Schritt zum Klassenerhalt — und was für einen! Beim 4:1 in Mainz zeigt die Mannschaft nicht nur Widerstandsfähigkeit sondern ist endlich auch mal kaltschnäuzig.
2005, als ich zum Studium nach Mainz zog, spielte der örtliche Bundesligist noch am Bruchweg, 2011 zogen sie in den Baumarkt am Europakreisel um. In all den Jahren konnte ich in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt genau einen VfB-Sieg feiern: im August 2007 gegen den auf die andere Rheinseite umgezogen SV Wehen. Auch aus persönlichen Gründen war der Auswärtssieg am Sonntagnachmittag also was Besonderes, aber viel größere Bedeutung hat das Spiel natürlich für den Abstiegskampf der laufenden Saison. Vor dem Spiel gegen Hoffenheim steht der VfB auf Platz 15, punktgleich mit Bochum und einen Punkt vor Schalke. Gott sei Dank.
Dabei sah es eine ganze Weile so aus, als würden die Brustringträger auch an diesem Wochenende die Punktverluste der Konkurrenz nicht ausnutzen können oder wollen. Wie von Sebastian Hoeneß angekündigt wurden die Mainzer nicht von Anfang an überrannt, jedoch zeigte sich der VfB gleichzeitig auch ziemlich einfallslos und uninspiriert. Da war das 1:0 von Ingvartsen, als niemand in der Lage war, einen abgefälschten Kopfball wegzuverteidigen, schon fast folgerichtig. Es war zum Verzweifeln: Da hatte man schon mal den zweifelhaften Vorteil, die Ergebnisse der anderen vor Anpfiff schon zu kennen und zu wissen, dass auch eine Niederlage noch nicht den Abstieg bedeutet hätte und dann macht man mit diesem Wissen nichts. War die Leistung gegen Leverkusen also doch wieder nur das Aufleuchten gegen einen auf dem Papier überlegenen Gegner, auf das eine Enttäuschung gegen eine schlagbare Mannschaft folgt?
Feiern vorm Gästeblock
Natürlich war es Wataru Endo, der den VfB mit seinem Traumtor wiederbelebte und damit eine zweite Halbzeit einleitet, in der die Mannschaft das Spiel endgültig zu den eigenen Gunsten drehte und dabei endlich mal ihre Chancen nutzte: Guirassy versenkte einen Eckball von Führich mit dem Kopf, dann guckte sich ebenjener Führich das lange Eck des Mainzer Tores aus, bevor er einen Konter mit einem Querpass auf Tanguy Coulibaly abschloss, der zum Endstand einschob. Und das alles natürlich direkt vor dem Gästeblock, der Cannstatter Kurve für unterwegs. Es gibt bei Auswärtsspielen wirklich wenig Schöneres, als gemeinsam hinterm Tor vorm Auswärtsblock zu feiern. Für Spieler und Fans. Das Zittern war, auch dank zweier starker Paraden von Fabian Bredlow, zumindest für dieses Wochenende vorbei. Und die Tore kann man sich die ganze Woche noch in Dauerschleife angucken. Was ein Auswärtssieg.
Aber dennoch erst die halbe Miete. Spieler und Trainer betonten zum Glück genau das nach dem Spiel. Die Mannschaft braucht eine ähnliche Leistung am kommenden Wochenende gegen Hoffenheim, um den Klassenerhalt erneut am letzten Spieltag sicherzustellen. Die Mannschaft musste dafür zwei Mal liefern und hat, bei aller Euphorie über den klaren Sieg, nur die erste Teillieferung zugestellt. Gegen Hoffenheim, die seit diesem Wochenende leider ein weiteres Jahr in der Bundesliga spielen, dürfte es auf dem Papier leichter werden, als gegen Mainzer, die mal Europapokal-Ambitionen hatten. Aber eben nur auf dem Papier. Am Samstag spielen dann wirklich alle gleichzeitig und wir müssen auch dann die Nerven behalten, wenn es auf den anderen Plätzen schlecht aussieht. Hoffen wir, dass das Spiel in Mainz der Mannschaft genug Selbstvertrauen für diese Aufgabe gegeben hat.
Titelbild: © Christian Kaspar-Bartke/Getty Images
1 Gedanke zu „Teillieferung“