Am Samstagabend will der VfB in Hoffenheim den ersten Sieg mit Markus Weinzierl einfahren. Über das Spiel und die Lage bei den Gastgebern sprachen wir mit Nikolas Beck von der Rhein-Neckar-Zeitung.
Rund um den Brustring: Hallo Nikolas und vielen Dank, dass Du Dir Zeit nimmst für unsere Fragen. Seit wann berichtest Du schon über die TSG Hoffenheim?
Nikolas: Sehr gerne. Erstmals über die TSG berichtet habe ich 2011, damals noch viel über die Nachwuchsakademie, in der ich auch einen sehr jungen — und bereits genauso ehrgeizigen — Julian Nagelsmann kennenlernte.
Die TSG hat sich nach dem knappen Klassenerhalt 2016 unter Julian Nagelsmann in die Spitzengruppe der Bundesliga gespielt und nimmt erstmal an der Champions League teil. Hättest Du dem Verein diese rasante Entwicklung unter Nagelsmann zu getraut?
Ich erinnere mich noch gut an die Saison 2012/2013. Damals wurde bei der TSG erstmals das internationale Geschäft als Saisonziel ausgerufen, der neue Mannschaftsbus bekam sogar das Nummernschild “EL 1899” für Europa League verpasst. Das ging nach hinten los. Am Ende der Saison hatte man den vierten Trainer in Amt und Würden und zitterte sich über die Relegation zum Ligaverbleib. Und ich denke, auch im Februar 2016, als Nagelsmann übernahm, hätte niemand Geld darauf gewettet, dass solch eine Erfolgsgeschichte folgen würde. Zumindest habe ich mich aber in der vergangenen Saison früh festgelegt, dass Rang vier kein einmaliger Ausrutscher war und es diesmal für die Königsklasse reichen würde. (lacht) Meine Kollegen in der Sportredaktion erinnere ich daran auch hin und wieder mal..
Apropos Nagelsmann. Glaubst Du, dass sein bereits feststehender Wechsel nach Leipzig noch zu einem Problem in dieser Saison werden könnte?
Ganz ehrlich: Vor der Saison hatte ich mir nicht vorstellen können, wie das ein Jahr lang gutgehen soll. Dann war ich eine Woche lang im Trainingslager in Garmisch-Partenkirchen dabei und habe gesehen, dass Nagelsmann kein bisschen Feuer für seine Aufgabe in Hoffenheim verloren hat — und die Spieler nach wie vor für ihren Trainer brennen. Zugegeben, die Runde ist noch lang. Aber inzwischen wage ich zu behaupten, dass es kein Problem geben wird.
Auch im Pokal ist Hoffenheim noch dabei. Reicht der Kader für die Dreifachbelastung Deiner Meinung nach aus? Wie bewertest Du die Neuzugänge des Sommers?
Wenn die junge Saison bereits etwas gezeigt hat, dann dass der TSG-Kader extrem tief besetzt ist. Wenngleich es auf dem Papier vielleicht nicht danach aussehen mag. Nagelsmann, Manager Alexander Rosen und Co. haben es nicht als Alibi verwendet, aber die Verletzungsmisere war schon heftig. Zeitweise fehlten bis zu zehn Spieler, die zum erweiterten Stammpersonal zählen. Und dennoch waren die Leistungen meistens mehr als in Ordnung. Die Neuzugänge haben bislang noch keine Bäume ausgerissen. Belfodil und Adams Nuhu konnten — auch aufgrund von Verletzungen — noch nicht überzeugen. Rückkehrer Grifo scheint zurzeit sogar komplett außen vor zu sein. Brenets Leistungen waren so lala. Leonardo Bittencourt macht seine Sache schon sehr gut. Die größte Überraschung ist aber Stürmer Joelinton, auch wenn der streng genommen kein Neuzugang ist. Er hat mich total überzeugt.
Wie machen sich denn die Ex-VfB-Spieler Ermin Bikakcic, Adam Szalai und vor allem Lukas Rupp, der in Hoffenheim seine Serie von zwei Abstiegen in Folge brechen konnte?
Lukas Rupp schuftet nach seinem Kreuzbandriss aus dem letzten Landesderby im Mai gerade für sein Comeback, das wird aber wohl noch ein paar Monate dauern. Szalai und Bicakcic erleben gerade so etwas wie ihren zweiten Hoffenheimer Frühling. Letzterer war in der Sommerpause gefühlt schon weg, beide sind aber von Rundenbeginn an absolute Leistungsträger.
Wie bewertest Du den Saisonstart der TSG? Nach acht Spielen steht sie mit 10 Punkten auf Platz 8.
Rang acht spiegelt sicherlich nicht das Leistungsvermögen wieder. Aber es wurden einfach zu viele Punkte unnötig liegengelassen. Beispielsweise gegen Tabellenführer Dortmund war Hoffenheim über 90 Minuten deutlich überlegen, am Ende stand es trotzdem nur 1:1.
Was sind die Stärken und Schwächen der Mannschaft in dieser Saison. Vor wem müssen wir uns besonders in Acht nehmen?
Vor allem die Chancenverwertung ist bislang zu schwach. Dazu kommen auch immer wieder grobe Schnitzer in der Defensive, sodass sich das Team zu oft selbst um den Lohn ihrer couragierten Auftritte bringt. Vorsicht vor Vizeweltmeister Andrej Kramaric. Er steckte im ersten Saisonviertel nicht zum ersten Mal in einer Krise. Doch wenn in der Vergangenheit der Knoten erst einmal geplatzt war… Am Dienstag gegen Lyon hat der Kroate jedenfalls zwei Mal getroffen.
Abschließend: Dein Tipp fürs Spiel?
Ich rechne mit einem unterhaltsamen Spiel. Und es tut mir leid: Am Ende wird Hoffenheim die Nase vorne haben.