Immer noch kein Auswärtssieg. Der VfB verliert in Mönchengladbach trotz konzentrierter Abwehrarbeit mit 2:0. Eine Unachtsamkeit und zu wenig Mut nach vorne wird ihm zum Verhängnis.
Der VfB scheidet zwar im Pokal mit 0:2 bei Borussia Mönchengladbach aus, zeigt aber gegen den Bundesligisten eine solide bis gute Leistung. Zu mehr reichte es mangels Offensive und Abgezocktheit nicht. Immerhin: An der Einstellung lag es diesmal nicht.
So begann unser Rückblick auf das Spiel des VfB in der zweiten Pokalrunde der vergangenen Saison in Mönchengladbach. “Nichts abgeschenkt” lautete der Titel vor knapp elf Monaten und das war angesichts des damals noch bestehenden Klassenunterschieds zwischen der Borussia und den Brustringträgern auch durchaus angemessen. Der bestand beim Auswärtsspiel am frühen Dienstagabend (eine dieser Anstoßzeiten, die die Lebensqualität von jedem außer Michael Reschke beeinträchtigt), zu keinem Zeitpunkt, trotzdem lässt sich danach ein ähnliches Fazit ziehen, nicht nur wegen des gleichlautenden Ergebnisses.
Konzentrierte Abwehr passt einmal nicht auf
Dass der VfB mit der Umstellung auf die Dreierkette defensiv etwas stabiler zu stehen scheint als mit Viererkette, haben die Heimspiele gegen schwache Mainzer und Wolfsburger andeutungsweise gezeigt. Und auch gegen Schalke sah das, sieht man einmal von den 90 Sekunden ab, in denen die Brustringträger wie kopflose Hühner durch den eigenen Strafraum irrten, gar nicht so schlecht aus. In Mönchengladbach zeigte der VfB erneut über weite Strecken des Spiels eine sehr konzentrierte Abwehrleistung, mit Ausnahme der letzten zehn Minuten in Unterzahl gegen Wolfsburg vielleicht sogar die beste der bisherigen Saison. Am Ende kam es dann aber doch, wie VfL-Experte Christoph es in unserer Vorschau auf Spiel angekündigt hatte: Die Gastgeber “daddelten” sich irgendwie doch durch und machten das 1:0.
Ganz überraschend kam die Führung dann auch nicht, denn obwohl der VfB es eine Halbzeit lang geschafft hatte, die Borussen sehr effektiv vom eigenen Torwart fernzuhalten, hatte man doch die ganze Zeit das Gefühl, dass diese nur einen guten Pass benötigen würden, um die Abwehr der Gäste aus den Angeln zu heben. Genau diesen Pass spielte Raffael auf Elvedi, startete dann Richtung Tor durch und verwertete die postwendende Flanke völlig freistehend zum Tor. Trotz der guten Defensivleistung hatte man schon die ganze Zeit das Gefühl, die VfBler stünden immer einen halben Meter zu weit vom Gegenspieler weg. In diesem Fall waren es, ähnlich wie beim 2:0 der Schalker, gleich mehrere Brustringträger, die keinen Zugriff fanden.
Wirklungslose Flügel, keiner im Rückraum
Diese eine Unachtsamkeit hätte nicht unbedingt zu einer Niederlage führen müssen, aber leider vernachlässigte der VfB bis etwa 15 Minuten vor Schluss die Offensive viel zu sehr. Dass ein Simon Terodde gerade in der ersten Liga ohne gute Zuspiele und etwas Raum vorne momentan verhungert, weiß mittlerweile jeder. Anastasios Donis und vor allem Takuma Asano, der den kurzfristig ausgefallenen Chadrac Akolo ersetzte, konnten hier aber keine Abhilfe schaffen. Donis brachte zwar immer mal wieder durch seinen Antritt und seine Ballsicherheit einen Ball in die Mitte, dort fand sich aber kein Abnehmer. Sein Gegenüber Asano versuchte das gleiche, kam aber meist nicht einmal zur Flanke, weil er entweder vorher im Abseits stand, oder den Ball verlor. Wie schon häufiger war er zwar stets bemüht, aber eben nur das. Ein fitter Chadrac Akolo hätte die Gladbacher Defensive wahrscheinlich vor weit größere Probleme gestellt.
Ein weiterer Nachteil der vernachlässigten Offensive: Bei Flanke und Torschüssen stand fast nie jemand im Rückraum vor dem 16-Meter-Raum, der einen Abpraller oder einen Klärungsversuch aus der Distanz hätte verwerten können. So blieb dem VfB über weite Teile des Spiels nichts anderes übrig, als aus eroberten Bällen und Fehlpässen Konter zu generieren. Dabei tat sich besonders die neue Doppelsechs aus Santiago Ascacíbar und Orel Mangala hervor, die fast alle ihrer Zweikämpfe gewannen. Die Kehrseite dessen: Oft hatten die Gladbach genau in diesem Raum vor der Abwehr zu viel Platz.
Die Hand des Grauens
Unter dem Strich zeigte sich die Borussia in diesem Spiel einfach den Tick spielstärker und cleverer, den es braucht, um mit einer ersatzgeschwächten Mannschaft ein solch zähes Spiel zu gewinnen. In manchen Situation war es nur dem guten Zusammenspiel der VfB-Defensive zu verdanken, dass die Borussen mit ihrem schnellen und präzisen Kombinationsspiel und ihrem auf den kleinsten Fehler lauernden Pressing nicht durchkamen. In einer Szene half dies alles nichts. Terodde kam aus dem Mittelfeld zurück und bei einer Grätsche zu spät, beim fälligen Freistoß legte Aogo seinem Gegenspieler Hazard die Hand auf die Schulter, Elfmeter Raffael, 2:0. Trotz eines anschließenden Sturmlaufs auf das VfL-Tor war das Spiel damit gegessen.
Dabei war das 0:2 eigentlich noch unnötiger als das erste Gegentor. Mal ganz abgesehen von Teroddes schlecht getimeter Grätsche sollte eigentlich jeder Bundesliga-Spieler mittlerweile mitbekommen haben, dass man in Deutschland schon einen Elfmeter verursacht, wenn man den Gegenspieler im eigenen Strafraum nur auf die Schulter tippt. Auch Dennis Aogo sollte sich dessen bewusst sein, zumal der Ball weit von ihm und Hazard entfernt war. Dem Schiedsrichter kann man hier keinen Vorwurf machen, eher den Regelhütern, die den Strafraum so langsam zu einer kontaktfreien Zone machen. Dass Hazard umfällt, als habe ihm Aogo gerade mit einer Kettensäge den Arm von der Schulter getrennt, ist, wie eine völlig überflüssige Flugeinlage von Herrmann, ein Thema, welches wir schon letzte Woche angesprochen haben.
Für den Klassenerhalt nicht hilfreich
Als es dann 2:0 stand und das Spiel wie gesagt bereits entschieden war, drehte der VfB noch einmal auf, leider mit dem gleichen Ergebnis wie in den 75 Minuten zuvor. Damit bleibt der VfB, sieht man vom Gewürge im Pokal einmal ab, immer noch ohne Auswärtssieg in dieser Saison da. Wie gegen Schalke standen die Chancen heute gar nicht schlecht, am Ende setzte sich aber die höhere Klasse einer Mannschaft durch, die in dieser Saison deutlich mehr Potential hat, als es der neunte Platz der Vorsaison vermuten lässt. Der VfB konnte sich am Ende für all die guten Abwehraktionen nicht belohnen. Bei den Brustringträgern muss halt schon richtig viel zusammen laufen, damit in so einem Spiel ein oder mehrere Punkte hängen bleiben. So ist die Niederlage in Gladbach zwar weder überraschend noch eine Katastrophe, aber wirklich hilfreich für den Klassenerhalt ist sie auch nicht.
Und so muss man erneut auf das kommende Heimspiel hoffen und darauf, dass der VfB gegen einen FC Augsburg, der in der vergangenen Saison lange gegen den Abstieg kämpfte, wieder einen Weg ins Tor findet. Mit einer Abwehrleistung wie gegen Gladbach sollte dann auf jeden Fall ein Punktgewinn drin sein, bevor es auswärts zur Eintracht geht. Und da darf dann der Auswärtsfluch gerne endlich gebrochen werden.
Pyro? Aber bitte mit Köpfchen
Zum Abschluss noch ein kurzer Blick abseits des Platzes: Ich habe nichts gegen eine schöne Pyrotechnik-Aktion — wenn sie einigermaßen choreographiert und koordiniert und vor allem halbwegs anlassbezogen abläuft. Was man am Dienstagabend im Borussia-Park beobachten konnte, nervte irgendwann auch den größten Pyro-Sympathisanten. Wenn nämlich alle zehn Minuten irgendwo im Block eine bengalische Fackel angeht, einfach weil man sie irgendwie erfolgreich reingekriegt hat, dann ist klar, dass es dem Schiedsrichter irgendwann zu bunt wird. Man kann natürlich über die Haltung und die Heuchelei von Liga und Verband beim Thema Pyrotechnik lang und breit diskutieren, aber auch als organisierte Jugendkultur, die sich als “wild und frei” bezeichnet, kann man Pyrotechnik mit Köpfchen einsetzen. Stattdessen ging direkt nach dem 1:0, als der VfB gerade Schwung holen wollte, um den Ausgleich zu erzielen, die nächste Fackel hoch, woraufhin das Spiel unterbrochen wurde. Wahrscheinlich ist es utopisch, dass irgendwer den Block so im Griff hat, dass nicht jeder, der beim letzten Bengalo-Sale zugeschlagen hat, diesen einfach so zündet. Wäre zumindest schön, wenn in Zukunft ein paar mehr Leute die Abwägung zwischen Pyro-Spaß und Spielfluss in Eigenverantwortung zugunsten des letzteren treffen würden.